GeFiS e.V.

Frieden

Der größte Reichtum der Menschen, ist in Frieden zu leben!

"Der Frieden ist das Gegenteil vom Krieg, aber dazwischen gibt es noch etwas, dass ist die Kriegsvorbereitung und das Gegenteil davon ist die

Friedensbewegung"

Unsere Organisation " Gesellschaft für Frieden und internationale Solidarität" (GeFiS) e.V., trägt nicht nur das Wort "Frieden" im Vereinsnamen, sondern ist mit der Abbildung der Friedenstaube im Vereinslogo auch entsprechend sichtbar. Gemeinsam mit unserer Partnerorganisation dem "Comitee für internationale Solidarität und Frieden" (COSI), in Venezuela und weiteren Partnern im Friedenskampf z.B. dem Rostocker Friedensbündnis, IPPNW, Friedensratschlag, IALANA, Netzwerk Friedenskooperative, Friedens Glockengesellschaft" inkl. weiterer nationaler und internationaler Organisationen.

Info zum Protestcamp gegen die UDT

Protestcamp gegen die UDT geht weiter!

Erstellt am 6. Mai 2023 - 22:23

Hier die Veranstaltungen der nächsten beiden Tage:

Morgen, Sonntag:

um 10 Uhr: ein Workshop über Klima, Flucht und Migration

um 15 Uhr: "Feminist History Walk": Eine Entdeckungsreise durch die Geschichte feministischer Kämpfe, Debatten und Errungenschaften:
Der "Feminist History Walk" nimmt uns mit auf eine Reise durch die Vergangenheit und Gegenwart feministischen Begehrens: Errungenschaften wie das uneingeschränkte Wahlrecht, die Befreiung von den Kolonialherren, liberale Abtreibungsgesetze oder ein modernes Sexualstrafrecht haben wir den rebellischen Frauen und Queers in unserer und vor unserer Zeit zu verdanken. Einige der damit verbundenen gesellschaftlichen Auseinandersetzungen haben eine lange Geschichte. Anhand pointierter Zitate tauchen wir in diese Geschichte feministischer Bewegungen, Revolten und Diskussionen ein. Das Material nähert sich der Sache spielerisch. Der Gang durch die Geschichte ist als Rätsel aufgebaut, bei dem wir Karte an Karte reihen. So entsteht ein Zeitstrahl, der uns zeigt, auf wessen Schultern wir heute stehen.
Das spielerische Erraten der Zitate, Slogans oder Ereignisse erfolgt nicht gegeneinander, sondern miteinander. Menschen mit unterschiedlichem Vorwissen lernen voneinander.
Der Workshop wird durchgeführt von Kim Zech, Lehrerin und Aktivistin.

Um 20 Uhr: Film "Rise Up" mit anschließendem Gespräch

und der Mitternachtstalk behandelt die Frage "Waffenlieferungen an die Ukraine oder Alternativen?"

Übermorgen, Montag:

Um 10.30 Uhr ein Theaterworkshop: "UDT-Kritik auf der Bühne" - übrigens, wie auch schon die Veranstaltung über internationale Kriegsdienstverweigerer und Deserteure heute, proudly presented by Rostocker Friedensbündnis ; ) Wir lernen, wie man mit den Mitteln des Theaters Themen wie "Welt ohne Waffen", "Krieg" oder "Gewalt " darstellen kann. Dabei kommen Bewegungsübungen, Zitate, Texte, ..., zum Einsatz. Wir überlegen auch, wie wir damit in konkreten Situationen wirksam werden können. Vorkenntnisse sind nicht erforderlich, die Mitarbeit möglichst vieler Campteilnehmer_innen ist willkommen, auch über den Workshop hinaus.

Ebenfalls am Vormittag: ein Workshop "Versammlungen anmelden".

Um 16 Uhr: ein Zeitzeugenbericht über die Bombardierung Dresdens 1945

und beim antimilitaristischen Mitternachtstalk geht es um "Greenwashing a la UDT.

 

Quelle: Rostocker Friedensbündnis v.06.Mai 2023

Friedensprotest gegen "Undersea Defense Technology" (UDT)

Demonstrationen - Rostock:

Gericht kassiert Auflagen für Protestcamp gegen Messe

4. Mai 2023, 17:37 Uhr

Direkt aus dem dpa-Newskanal

Rostock (dpa/mv) - Eine Initiative von Militärgegnern hat sich mit einem Eilantrag für ein geplantes Protestcamp gegen eine anstehende internationale maritime Rüstungsmesse in Rostock weitgehend durchgesetzt. Das Verwaltungsgericht Schwerin setzte am Donnerstag per Beschluss mehrere Auflagen der Stadt Rostock außer Kraft. Damit kann das geplante Camp näher als verfügt an dem Messestandort aufgebaut und die Zelte auch zur Übernachtung genutzt werden.

Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass die Auflagen der Stadtverwaltung auf eine Verhinderung der angemeldeten Versammlung hinausgelaufen wären. "Das Gericht konnte nicht feststellen, dass eine versammlungsrechtlich beachtliche Gefahrenlage derart weitreichende Einschränkungen rechtfertigen könnte", hieß es in einer Mitteilung. Gegen den Beschluss sei Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht möglich, was die Beteiligten aber nach eigener Aussage nicht beabsichtigten.

Die Proteste richten sich gegen die nach eigenen Angaben weltgrößte Fachmesse für die Unterwasserverteidigungsindustrie "Undersea Defense Technology" (UDT), die vom 9. bis 11. Mai in der Rostocker Hansemesse stattfindet. 2022 war Rotterdam Ausrichter. Es werden 1500 Besucher aus aller Welt und etwa 70 Aussteller aus der Rüstungsindustrie erwartet, dazu gehören auch deutsche Firmen wie Rheinmetall, Atlas Elektronik und Thyssenkrupp Marine Systems.

Die Initiative "UDT entwaffnen" hatte die Auflagen der Stadt als Verbotsverfügung gewertet und von "willkürlicher Schikane" gesprochen. Die UDT-Gegner wollten das Zeltcamp von Freitag an für eine Woche vis-à-vis vor der Messehalle aufbauen, um nach eigenen Angaben "der maritimen Kriegsvorbereitung ein Konzept friedlicher Konfliktlösungen entgegenzustellen".

Zwar darf die Versammlung auch nach der Gerichtsentscheidung nicht an den ursprünglich von den Veranstaltern gewünschten Ort ziehen, die Fläche wurde ausgeweitet und näher an den Messeort gelegt. "Hiermit werde das Anliegen der Veranstalter der Versammlung, auf die Adressaten ihres Protests akustisch und optisch kommunikativ einwirken zu können, unter Wahrung der Sicherheitsinteressen der Messe ermöglicht", argumentierte das Gericht.

Quelle: SVZ v.04.Mai 2023/ Detailansicht öffnen

Eine Figur der blinden Justitia. Foto: Sonja Wurtscheid/dpa/Symbolbild (Foto: dpa)

 

Im Rahmen unserer friedenspolitischen Ausrichtung lt. Satzung unterstützen wir vom GeFiS e.V. in enger Zusammenarbeit mit dem Rostocker Friedensbündnis und weiterer Organisationen, die Proteste gegen diese Hochrüstungspolitik insgesamt, die eine Gefährdung des Weltfriedens darstellt.

Quelle: GeFiS-Archiv

Aufruf zum Ostermarsch in Rostock

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freundinnen und Freunde,

 

wie in Vor-Pandemie-Zeiten geht es diesmal wieder am Ostersonnabend, 8. April, per Demonstration auf die Straße!

Wir starten um 11.00 Uhr am Denkmal für die revolutionären Matrosen am Kabutzenhof. Die Abschlusskundgebung wird um 12.30 Uhr auf dem Doberaner Platz stattfinden. Eine Zwischenkundgebung ist in der Werftstraße bei der Schiffshalle der ehemaligen Neptunwerft, an der Gedenktafel für die Befreiung der Kriegsgefangenen und Zwangsarbeiter am 1. Mai 1945, geplant.

Achtung: Die Teilnahme von Mitgliedern und Anhängern der AfD sowie nationalistischer und rechtsradikaler Kräfte ist nicht gestattet!

Weitere Informationen und Aufruf folgen.

 

Mit den besten Grüßen

Rostocker Friedensbündnis


Rostocker Friedensbündnis (gemeinsames Postfach)
http://www.rostocker-friedensbuendnis.de

 

Veranstaltungshinweis zum Thema : 
" Krieg und Frieden"

Freitag, 10.03.2023

Referent: Jörg Kronauer

Der Aufmarsch – Vorgeschichte zum Krieg - Russland, China und der Westen

Abendveranstaltung , 19:00–21:00 Uhr

Es sind zwei Großkonflikte, für die der Westen seit Jahren rüstet. Einmal gegen Russland, das sich nach seinem dramatischen Niedergang in den 1990ern stabilisiert hat und nun auf einer eigenständigen Rolle in der Weltpolitik beharrt. Zum zweiten gegen China, das bei rasantem Aufstieg im Begriff ist, zur Weltmacht zu werden. Der Machtkampf gegen Russland wie gegen China wird politisch, wirtschaftlich und medial geführt. In wachsendem Maß kommt ein militärischer Aufmarsch hinzu.

Darüber sprechen wir am 10. März 2023, 19 Uhr, mit Jörg Kronauer

 

Ort: MEZ, Spielhagenstraße 13, 

10585 Berlin-Charlottenburg, nahe U-Bhf. Bismarckstraße (U2 und U7) und Bus 109.

Kostenbeitrag: 3 Euro

Schützt bitte euch und andere, indem ihr die Mund- und Nasenschutzmaske auch im MEZ tragt.

Quelle: MEZ, Jan.2023

 

Kampf für den Frieden

 Ausgabe vom 01.03.2023, Seite 3 / Schwerpunkt

UN-RESOLUTION ZUR UKRAINE

Diplomatische Anstrengungen verdoppeln

Wortlaut der am 23. Februar 2023 von der UN-Vollversammlung verabschiedeten Resolution für Frieden in der Ukraine

 

Übersetzung: Arnold Schölzel

Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen für einen umfassenden, gerechten und dauerhaften Frieden in der Ukraine (A/ES-11/L.7)

Die Generalversammlung,

– unter Hinweis auf die in der Charta der Vereinten Nationen verankerten Ziele und Grundsätze

– eingedenk der Verpflichtung aller Staaten nach Artikel 2 der Charta der Vereinten Nationen, sich in ihren internationalen Beziehungen der Androhung oder Anwendung von Gewalt gegen die territoriale Unversehrtheit oder politische Unabhängigkeit eines Staates oder in jeder anderen mit den Zielen der Vereinten Nationen unvereinbaren Weise zu enthalten und ihre internationalen Streitigkeiten mit friedlichen Mitteln beizulegen,

– in Bekräftigung der Tatsache, dass kein Gebietserwerb, der auf der Androhung oder Anwendung von Gewalt beruht, als rechtmäßig anerkannt werden darf,

– unter Hinweis auf ihre einschlägigen Resolutionen, die auf ihrer elften Sondersitzung angenommen wurden, und auf ihre Resolution 68/262 vom 27. März 2014,

– ein Jahr nach der umfassenden Invasion in der Ukraine betonend, dass die Erreichung eines umfassenden, gerechten und dauerhaften Friedens einen wesentlichen Beitrag zur Stärkung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit darstellen würde,

– unter Hinweis auf den Beschluss des Internationalen Gerichtshofs vom 16. März 2022

 

– im Bedauern über die schwerwiegenden menschenrechtlichen und humanitären Folgen der Aggression der Russischen Föderation gegen die Ukraine, einschließlich der anhaltenden Angriffe auf kritische Infrastrukturen in der gesamten Ukraine mit verheerenden Folgen für die Zivilbevölkerung, und mit großer Besorgnis über die hohe Zahl der zivilen Opfer, einschließlich Frauen und Kinder, die Zahl der Binnenvertriebenen und Flüchtlinge, die humanitäre Hilfe benötigen, sowie die gegen Kinder begangenen Verstöße und Missbräuche,

– in tiefer Besorgnis über die nachteiligen Auswirkungen des Krieges auf die weltweite Ernährungssicherheit, die Energieversorgung, die nukleare Sicherheit und den Schutz der Umwelt,

1. unterstreicht die Notwendigkeit, so bald wie möglich einen umfassenden, gerechten und dauerhaften Frieden in der Ukraine im Einklang mit den Grundsätzen der Charta der Vereinten Nationen zu erreichen;

2. begrüßt und unterstützt nachdrücklich die Bemühungen des Generalsekretärs und der Mitgliedstaaten zur Förderung eines umfassenden, gerechten und dauerhaften Friedens in der Ukraine im Einklang mit der Charta, einschließlich der Grundsätze der souveränen Gleichheit und der territorialen Integrität der Staaten;

3. fordert die Mitgliedstaaten und die internationalen Organisationen auf, ihre Unterstützung für die diplomatischen Bemühungen um einen umfassenden, gerechten und dauerhaften Frieden in der Ukraine im Einklang mit der Charta zu verdoppeln;

4. bekräftigt ihr Eintreten für die Souveränität, Unabhängigkeit, Einheit und territoriale Integrität der Ukraine innerhalb ihrer international anerkannten Grenzen, die sich auch auf ihre Hoheitsgewässer erstrecken;

5. wiederholt ihre Forderung, dass die Russische Föderation unverzüglich, vollständig und bedingungslos alle ihre Streitkräfte aus dem Hoheitsgebiet der Ukraine innerhalb ihrer international anerkannten Grenzen abzieht, und fordert die Einstellung der Feindseligkeiten;

6. fordert, dass die Behandlung aller Kriegsgefangenen durch die am bewaffneten Konflikt beteiligten Parteien im Einklang mit den Bestimmungen des Genfer Abkommens über die Behandlung der Kriegsgefangenen vom 12. August 1949 und des Zusatzprotokolls I zu den Genfer Abkommen von 1949 erfolgt und fordert den vollständigen Austausch der Kriegsgefangenen, die Freilassung aller unrechtmäßig festgehaltenen Personen und die Rückkehr aller Internierten und zwangsverschleppten und deportierten Zivilpersonen, einschließlich der Kinder;

7. fordert, dass die am bewaffneten Konflikt beteiligten Parteien ihre Verpflichtungen nach dem humanitären Völkerrecht in vollem Umfang einhalten, die Zivilbevölkerung und zivile Objekte ständig zu schonen, den sicheren und ungehinderten humanitären Zugang zu den Bedürftigen zu gewährleisten und es zu unterlassen, für das Überleben der Zivilbevölkerung unentbehrliche Objekte anzugreifen, zu zerstören, zu entfernen oder unbrauchbar zu machen;

8. fordert ferner die sofortige Einstellung der Angriffe auf die kritische Infrastruktur der Ukraine und aller vorsätzlichen Angriffe auf zivile Objekte, einschließlich Wohnhäuser, Schulen und Krankenhäuser;

9. betont, dass die Rechenschaftspflicht für die schwersten Verbrechen nach dem Völkerrecht, die im Hoheitsgebiet der Ukraine begangen wurden, durch angemessene, faire und unabhängige Ermittlungen und Strafverfolgungen auf nationaler oder internationaler Ebene sichergestellt werden muss und dass allen Opfern Gerechtigkeit widerfahren und künftige Verbrechen verhindert werden müssen;

10. fordert alle Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, im Geiste der Solidarität zusammenzuarbeiten, um die globalen Auswirkungen des Krieges auf die Ernährungssicherheit, die Energieversorgung, das Finanzwesen, die Umwelt und die nukleare Sicherheit anzugehen; betont, dass die Vorkehrungen für einen umfassenden, gerechten und dauerhaften Frieden in der Ukraine diesen Faktoren Rechnung tragen sollten und fordert die Mitgliedstaaten auf, den Generalsekretär bei seinen Bemühungen, diese Auswirkungen anzugehen, zu unterstützen;

11. beschließt, die elfte Dringlichkeitssondertagung der Generalversammlung vorübergehend zu vertagen und den Präsidenten der Generalversammlung zu ermächtigen, ihre Sitzungen auf Ersuchen von Mitgliedstaaten wieder aufzunehmen.

 

Quelle: junge Welt v.01.03.2023/ John Lamparski/IMAGO/NurPhoto

Dem Westen in seinem Feldzug gegen Russland folgen, oder nicht? UN-Plenum in New York am 23. Februar

 

25.02.
2023

Friedensdemonstration Berlin 25.02.2023

Aus: Ausgabe vom 27.02.2023, Seite 8 / Ansichten

KOMMENTAR

Kleinhalten

Reaktionen auf Friedensdemo

Von Arnold Schölzel

 

Das »Manifest für Frieden« hatte bis Sonntag fast 680.000 Unterschriften erhalten. Die 500.000er-Marke war eine Woche nach dem 10. Februar, dem Start, überschritten worden. Die Demonstration am Sonnabend in Berlin war trotz Abschreckung durch Medien und der fast kompletten rechtswidrigen Absperrung des Geländes durch die Polizei gut besucht – keine massive Bewegung, aber ein beachtlicher Anfang. Zumal die durch das »Manifest« angestoßene Bewegung in der wichtigsten Frage – dem Nein zu Waffenlieferungen für Kiew – die Mehrheit der Bevölkerung hinter sich weiß, im Osten gut zwei Drittel.

Das bedeutet: Gemessen am Auftrag haben die »Zeitenwende«-Parteien und ihr Medientross eine Bauchlandung hingelegt. Es geht nicht mehr ums Aufhalten einer Massenstimmung, sondern um Schadensbegrenzung und Kleinhalten. Die Propaganda dafür allerdings ist säuerlich (»eine unkonzentrierte Egoshow als Friedensbewegung«, sueddeutsche.de), verkrampft (vom Antiamerikanismus »die Sinne vernebelt«, RND) und dem Stehsatz des totalitären bundesdeutschen Antikommunismus entnommen. Letzterer steht wieder in voller Blüte. Er kennt seit dem US-Völkermord in Korea, in Vietnam, im Irak oder in den von außen durch die USA und ihre Verbündeten hineingetragenen Bürgerkriege in Libyen, Syrien oder in der Ukraine seit 2014 nur eins: Rechts und links sind sich einig im Antiamerikanismus. Als wäre der bei notorischem Völkermord oder Kolonialkrieg nicht fällig. Da kommen Bodo Ramelow, der offenbar auch Kiews neue »Edelweiß«-Truppe für den »Vietcong« halten möchte, und Bundeswehrprofessor Carlo Masala, der die Unterstützung für Wagenknecht und Schwarzer als »übelsten Nationalpazifismus« bezeichnete, zusammen: Der Feind steht links, muss aber mit »Rot-gleich-Braun«-Soße übergossen werden. Das ist Kulturerbe der BRD, der Gesslerhut der Staatsräson. Also steht der Name Masalas unter einer am 24. Februar von Jungen Liberalen und Junger Union gestarteten Petition »Manifest für Freiheit«, die mit dem Gruß der Bandera-Organisation OUN und der heutigen Kiewer Armee schließt: »Slawa Ukraini!«. Die OUN erhob das zur offiziellen Grußformel im Frühjahr 1941 kurz vorm Überfall auf die Sowjetunion im besetzten Polen. Gestapo, SS und Wehrmachtsabwehr betreuten das. Die Petition für den laufenden Krieg gegen Russland, die Anton Hofreiter als Erstunterzeichner nennt, erhielt bis Sonntag knapp 30.000 Unterschriften.

 

Das spiegelt das Kräfteverhältnis zwischen jenen, die bei Waffenlieferungen für Kiew problemlos etwas Braun auftragen, und jenen wider, die sich wie Wagenknecht und Schwarzer auf die Resolution der UN-Vollversammlung – diplomatische Anstrengungen »verdoppeln« – vom Donnerstag berufen können. Die regelbasierte deutsche Kriegsfraktion wird ihnen das nicht durchgehen lassen. Die Polizeiarmee am Sonnabend in Berlin hat einen Vorgeschmack geliefert.

Quelle: junge welt v.27.02.2023/ Stefan Boness/IPON

Großdemonstration am Sonnabend in Berlin

 

Friedensdemonstration Berlin 25.02.2023

Aus: Ausgabe vom 27.02.2023, Seite 1 / Inland

FRIEDENSPROTESTE

Waffen sollen schweigen

 

Tausende? Wohl eher Zehntausende. Mindestens 35.000 Menschen haben sich am Sonnabend trotz eher unangenehmer Witterung am Brandenburger Tor in Berlin versammelt, um für einen sofortigen Waffenstillstand im Ukraine-Krieg und die Aufnahme von Friedensverhandlungen zu demonstrieren. Sie folgten dem Aufruf der Linke-Politikerin Sahra Wagenknecht und der Publizistin Alice Schwarzer, die zuvor ein »Manifest für Frieden« initiiert hatten. Die entsprechende Onlinepetition auf www.change.org hatten bis Sonntag nachmittag rund 679.000 Personen unterzeichnet.

Abgesehen von Fahnen von Wagenknechts Partei wurden von den Teilnehmenden die Symbole der Friedensbewegung hochgehalten. Transparente trugen Forderungen wie »Frieden schaffen ohne Waffen!« oder »Diplomatie statt Waffenlieferungen« (Foto). Ein Blick auf die Zusammensetzung der Teilnehmenden zeigte: Zum Großteil kamen ältere Menschen zur Kundgebung. Von »Rechtsextremen« grenzten sich dabei nicht nur die Initiatoren explizit ab. (jW)

Quelle: junge Welt v.27.02.2023/ Monika Skolimowska/dpa

Friedensdemonstration in Berlin 25.02.2023

Aus: Ausgabe vom 27.02.2023, Seite 4 / Inland

FRIEDENSBEWEGUNG

Kreatives Zählen in Berlin

Mindestens 35.000 Menschen bei Friedenskundgebung. Wagenknecht: »Fangen an, uns zu organisieren«. Teilnehmer konfrontieren rechte Trittbrettfahrer

Von Nico Popp

Eine korrekt eingestellte politische Brille hilft, beim Zählen von Demonstrationsteilnehmern auf die jeweils nachgefragten Größenordnungen zu kommen. Die Expertise der Berliner Polizei in diesem Geschäft dürfte in der Bundesrepublik konkurrenzlos sein. Eine Demonstration für Waffenlieferungen und eine Fortsetzung des Krieges in der Ukraine bis zu einem »Sieg« Kiews, die am späten Freitag Nachmittag mit rund 7.000 Menschen durch Berlin-Mitte gezogen war, schätzte die Berliner Polizei nach oben abweichend auf 10.000 Teilnehmer. Für die wesentlich größere Kundgebung im Anschluss an das von mittlerweile über 679.000 Menschen unterzeichnete »Manifest für Frieden«, die am Sonnabend Nachmittag stattfand, nannte die Polizei 13.000 Teilnehmer. Sie »verschätzte« sich damit einmal mehr – diesmal allerdings deutlich nach unten.

Dabei schien die Polizei vor Ort den starken Zustrom durchaus zur Kenntnis zu nehmen. Schon gegen 14 Uhr ließ sie ankommende Teilnehmer nicht mehr durch den nördlichen Teil des Tiergartens auf direktem Weg zur Kundgebung laufen, sondern schickte sie auf den Umweg über die Yitzhak-Rabin-Straße zur Straße des 17. Juni. Ein dort eingesetzter Polizist begründete das auf Nachfrage damit, dass es bereits »zu voll« sei. Am S- und U-Bahnhof Brandenburger Tor hielten zu diesem Zeitpunkt mit Verweis auf die Überfüllung keine Züge mehr. Dennoch nannte die Berliner Polizei im Anschluss die Zahl von 13.000 Demonstranten, die eine Absperrung der Zugangswege beziehungsweise die Sperrung des Bahnhofs gar nicht nötig gemacht hätte.

Auch in anderer Hinsicht war die Polizeikommunikation offenbar irreführend: Unter Berufung auf die Polizei verbreitete etwa die Nachrichtenagentur dpa, dass sich »eine Gruppe linker Gegendemonstranten« eine »lautstarke Auseinandersetzung« mit Jürgen Elsässer, Herausgeber des rechten Compact-Magazins, geliefert habe. So wurde der Eindruck erweckt, Elsässer sei als akzeptierter Teilnehmer der Wagenknecht-Schwarzer-Kundgebung von »Gegendemonstranten« konfrontiert worden. In Wirklichkeit war es so, dass er sofort nach seinem Auftauchen von antifaschistischen Kundgebungsteilnehmern eingekesselt wurde. Der Bitte der Versammlungsleitung, Elsässer zu entfernen, entzog sich die Polizei.

 

Dem Augenschein vor Ort nach dürften es am Sonnabend mindestens 35.000 Menschen gewesen sein, die bei Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt dem Aufruf der Bundestagsabgeordneten Wagenknecht und der Publizistin Schwarzer gefolgt waren. Die Veranstalter nannten 50.000. An einer Gegenkundgebung aus dem Spektrum ukrainischer Nationalisten und ihrer Unterstützer an der Ebertstraße gegenüber der US-Botschaft beteiligten sich etwa 30 Personen, an einer weiteren auf dem Pariser Platz etwa 10.

Die Kundgebung am Sonnabend erinnerte an die Friedensbewegung der 1980er Jahre. Parteifahnen waren – abgesehen von vereinzelten Flaggen der Partei Die Linke – keine zu sehen, dafür zahlreich Symbole der Friedensbewegung in allerlei Varianten. Die Mehrheit der Teilnehmer war ganz ohne Fahnen und Plakate gekommen – ein Indiz dafür, dass hier tatsächlich eine relativ breite Mobilisierung gelungen ist. Es muss freilich davon ausgegangen werden, dass die intensiven Bemühungen im Vorfeld, die Kundgebung als »Querfront«-Veranstaltung zu denunzieren, am Ende viele Menschen ferngehalten haben.

Wagenknecht sagte bei der Kundgebung unter lautem Beifall, dass man nun sehen könne, »wie viele wir sind«. »Wir fangen jetzt auch an, uns zu organisieren«, kündigte sie an. Das Land brauche endlich wieder eine starke Friedensbewegung. Einmal mehr betonte sie, dass »Neonazis und Reichsbürger« auf dieser Friedenskundgebung nichts zu suchen hätten. Politisch gehe es darum, das Leid und das Sterben in der Ukraine zu beenden. Auch Putin müsse bereit sein zu Verhandlungen und Kompromissen. Die Ukraine dürfe kein »russisches Protektorat« werden. Weiter gehe es darum, die wachsende Gefahr einer Ausweitung des Krieges und einer Eskalation zum Atomkrieg zu bannen.

Schwarzer nannte es »durchaus richtig, den von Russland brutal überfallenen Ukrainern mit Waffen zur Seite zu stehen«. Nun aber sei »nach dem Ziel dieses Krieges zu fragen und nach seiner Verhältnismäßigkeit«. Der ehemalige General Erich Vad forderte »ein Ende der Kriegsrhetorik in Deutschland« und den Beginn von Verhandlungen.

Quelle: junge Welt vom 27.02.2023/ Stefan Boness/IPON

Demonstranten am Sonnabend in Berlin/ Plakate und Fahnen von Teilnehmern der Kundgebung

 

 Friedenskampf

Aus: Ausgabe vom 21.02.2023, Seite 12 / Thema

ZEITEN DES KRIEGES

Bis alles in Flammen aufgeht

Nicht den Krieg, sondern den Frieden gewinnen. Ein Jahr Ukraine-Krieg

Von Heinz Bilan, Volker Külow, Ekkehard Lieberam und Roland Wötzel

 

Die Autoren sind im Stadtverband Leipzig der Partei Die Linke aktiv.

»We are fighting a war against Russia and not against each other

Annalena Baerbock am 24. Januar 2023 vor der Parlamentarischen Versammlung des Europarats in Strasbourg

Bisher hat es im laufenden Ukraine-Krieg 280.000 tote und verletzte Soldaten sowie Zehntausende zivile Opfer auf beiden Seiten gegeben.¹ Nach einem Jahr ist ein Abnutzungskrieg mit immer mehr Opfern und Zerstörungen im Gange. Friedensverhandlungen oder ein Waffenstillstand sind nicht in Sicht. Die Zeichen stehen auf weitere Konfrontation. Die Kriegslogik hat die Oberhoheit erlangt: Die USA und die EU-Staaten agieren als Kriegsparteien. Mehr als 30.000 ukrainische Soldaten wollen die EU-Staaten demnächst ausbilden. Die Gefahr, dass der Ukraine-Krieg in einen dritten Weltkrieg mit nuklearen Waffen mündet, wächst.

Kritisches politisches Denken konnte auf neue Weise von den Leitmedien und den Regierenden eingehegt werden. Die Meinungsführerschaft gegen den Krieg liegt fatalerweise bei den Rechtspopulisten von der AfD. Die Friedensbewegung ist verwirrt und gespalten; die Linkspartei droht, als Friedenspartei zu versagen. Ein Lichtstreif am Horizont ist das »Manifest für Frieden« von 68 Prominenten aus Politik, Gesellschaft, Kirche und Wissenschaft, das mittlerweile von mehr als 500.000 Bürgerinnen und Bürgern unterschreiben wurde.

Befeuert wurde der Krieg durch die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine und die Sprengung der Nord-Stream-Pipelines durch die USA und Norwegen.² Die verbreitete Sorge um eine Ausweitung des Krieges wird von einflussreichen Medien als »Krankheit, die man als Eskalationsphobie bezeichnen muss«,³ verhöhnt. Von Verhandlungen, die Frieden bringen könnten, ist man weit entfernt; ein Hoffnungszeichen ist die Ankündigung einer internationalen Friedensinitiative von Brasilien.

Hegemoniekrise der USA

Der Ukraine-Krieg macht erneut deutlich, dass entgegen der UN-Charta Kriege wieder Mittel der Politik geworden sind und dass sie aus sehr unterschiedlichen Konflikten erwachsen:

  • Der Ukraine-Krieg dient besonders den Hegemonieinteressen der USA und den Profitinteressen der Rüstungsindustrien zahlreicher Länder.
  • Er steht in der Kontinuität US-amerikanischer Politik, die NATO nach dem Epochenumbruch 1989/1991 bis an die Grenzen Russlands auszudehnen und Russland möglichst zu schwächen.
  • Er ist auch Folge verletzter nationaler und sicherheitspolitischer Interessen Russlands und einer unverhohlenen Großmachtpolitik der gegenwärtigen Führung im Moskau.
  • Der Krieg nährt sich von den mittlerweile (auch durch den Krieg selbst) geschürten ultranationalistischen und russlandfeindlichen Stimmungen in der Ukraine.
  • Er folgt der 2014 formulierten Position der Russischen Föderation, für die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger, die sich außerhalb der Russischen Föderation aufhalten, sorgen zu wollen.⁴

Der Ukraine-Krieg spiegelt, was in linken Diskursen meist sträflich vernachlässigt wird, auch die Hegemoniekämpfe der Großmächte des Westens untereinander wider, vor allem zwischen den USA und der BRD. »Die Wahrheit der Natur sieht so aus: Sie besteht aus der Achse Washington-London-Warschau-Kiew. Deutschland und Frankreich sind ihre Juniorpartner, mit ihrer vorherrschenden Stellung in Europa ist es vorbei.«⁵

Nach einem Jahr Krieg bestimmen die USA maßgeblich den Fortgang des Krieges. »Nach dem Leopard ist vor dem Tornado«, schrieb die FAZ vom 26. Januar 2023. Ist eine neue Aufrüstungs- bzw. Konfrontationslinie erreicht, zeichnet sich bereits die nächste ab. Kaum hatte die NATO am 25. Januar 2023 entschieden, die Ukraine mit mehreren hundert schweren Kampfpanzern von den Typen »Leopard 2«, »M1 Abrams« und »Challenger 2« auszurüsten, verlangt die Ukraine mehr. Von Kampfjets, Kriegsschiffen, U-Booten und Langstreckenraketen ist nun die Rede. So entsteht eine Spirale der Eskalation: Die Ukraine fordert von ihren Verbündeten Waffen bis zum Sieg – und die NATO-Staaten liefern.

Die Bundesregierung hat den Kurs der Eskalation trotz gewissen Zögerns bisher stets mitgetragen. Ob die jüngste Zusicherung des Bundeskanzlers, Kampfjets für die Ukraine werde es nicht geben, tatsächlich eine rote Haltelinie ist, werden die nächsten Wochen zeigen. Sein vieldeutiges Credo lautet bekanntlich, dass Putin »den Krieg nicht gewinnen, die Ukraine ihn nicht verlieren darf«. Getrieben von einer Allianz der NATO-Scharfmacher in Polen, England, den baltischen Staaten und den Leitmedien des Mainstreams folgte Scholz bisher immer den Vorstellungen der US-Administration.

Systemauseinandersetzung

Bekanntlich sprach er frühzeitig von einer »Zeitenwende«, die durch den Krieg entstanden sei. »Im Kern geht es um die Frage, ob Macht das Recht brechen darf.«⁶ In einem Papier von Außenpolitikern der SPD mit dem Titel »Antworten auf eine Welt im Umbruch« wird der Krieg Russlands gegen die Ukraine wahrheitswidrig bezeichnet als »bisher brutalste(r) Bruch mit Grundprinzipien der internationalen Ordnung, die nach dem Zweiten Weltkrieg mühsam errichtet wurde«.⁷

Hier findet Legendenbildung jenseits der zeitgeschichtlichen Zusammenhänge statt. Die wirklichen internationalen Konstellationen, die offensichtliche Demontage der US-Hegemonieansprüche, die tatsächlichen geschichtlichen Umbrüche in Europa bleiben außerhalb der Betrachtung. Vom NATO-Krieg gegen Jugoslawien 1999 wird ebensowenig gesprochen wie von den Kriegen im Irak, in Afghanistan oder Libyen sowie von der Wende hin zum Konfrontationskurs mit dem NATO-Gipfel 2008, als die USA unter George W. Bush sieben NATO-Aufnahmeanträge befürworteten, einschließlich den der Ukraine, und dann die Initiative Russlands unter Präsident Dmitri Medwedew für eine Sicherheitsallianz mit dem Westen ablehnten.

Die heutige Weltordnung entwickelte sich mit und nach dem Zusammenbruch des europäischen Realsozialismus 1989 bis 1991 sowie im Zuge der Hegemoniekrise der USA infolge der erfolgreichen wirtschaftlichen und politischen Entwicklung der Volksrepublik China. Die Zeitenwende bzw. der Epochenumbruch erfolgten zu jener Zeit. Die Wende hin zur verschärften Konfrontation mit Russland und China fand vor allem in den Jahren 2008 ff. statt.

Zwei historisch dominante Abläufe bestimmen diese Zeitenwende bzw. diesen Epochenumbruch: Zum einen führen die USA einen Kampf gegen ihren ökonomischen Abstieg als Weltwirtschaftsmacht Nummer eins und den drohenden Verlust ihrer globalen Hegemonie. Sie haben deshalb seit einigen Jahren ganz offiziell China zum Hauptfeind erklärt. Als mächtige Atommacht und mit 860 Milliarden US-Dollar Rüstungsausgaben (2021), 13 Flugzeugträgern, 625 Militärbasen in aller Welt und gestützt auf die NATO sind sie jetzt und auf absehbare Zeit die bei weitem stärkste globale Militärmacht und verfügen nicht zuletzt dadurch über erhebliche politische Handlungsmöglichkeiten. Sanktionspolitik, Erpressung, Regimewechsel und Wirtschaftskriege kennzeichnen ihre Bereitschaft, die ihnen zur Verfügung stehenden wirtschaftlichen, politischen, geheimdienstlichen und militärischen Ressourcen einzusetzen. Das tun sie auch jetzt zum militärischen Vorteil der Ukraine gegen Russland.

Zum anderen ist die Volksrepublik China in der Systemauseinandersetzung wirtschaftlich klar auf der Überholspur. Zwischen 2020 und 2022 gewann China beim kaufkraftbereinigten Welt-BIP elf Prozentpunkte; die USA verloren vier Prozentpunkte. Seit Jahren meldet China Zehntausende Patente mehr als die USA jährlich an. Hinsichtlich ihrer Militärausgaben liegt China mit geschätzten 293 Milliarden US-Dollar (2021) deutlich hinter den USA. Nach dem Centre for Economic and Business Research wird China im Jahr 2028 die USA hinsichtlich des nominalen BIP eingeholt und im Jahr 2035 mit 35 Billionen Dollar überholt haben (USA: 26 Billionen).

Diese entstehende neue bipolare Weltlage, deren Ausprägung in den nächsten Jahrzehnten weitere große Veränderungen mit sich bringen wird, bestimmt die geschichtliche Einordnung des Ukraine-Krieges. Gewiss ist: Die Russische Föderation ist mit ihrem Angriff auf die Ukraine in eine von den USA und der NATO gestellte Falle gegangen. Russland ist zwar global nicht isoliert, wie im Westen immer dargestellt wird, aber doch außenpolitisch in einer eher defensiven Position. Geopolitische Konflikte, die mit einem Wechsel der Führungsmacht einhergehen, verliefen in der Weltgeschichte bislang oft entsprechend der »Thukydides-Falle«, d. h. sie korrelierten zumeist mit einem Krieg.⁸ Die Chance, sie durch friedliche Streitbeilegung abzumildern, sind geringer geworden. Auch die weiter vorangetriebene Hochrüstung der NATO-Staaten steht dem entgegen. US-Luftwaffengeneral Michael Minihan empfiehlt der US-Administration, sich für 2025 auf einen Krieg gegen China einzustellen.⁹

Politik gegen das Grundgesetz

Die hochexplosive Weltlage inmitten einer neuen Systemauseinandersetzung, mit der wir es zu tun haben, trifft auf eine verbreitete Unfähigkeit, die eingetretenen Gefahren für die Weltzivilisation zu erkennen. In der Bundesrepublik dominiert bei den Regierenden und den Leitmedien ein Bellizismus, der als »Friedenspolitik« camoufliert wird. In der Bevölkerung sind die Auffassungen über den Ukraine-Krieg gespalten.

Richtig ist: Das Völkerrecht kennt weder »militärische Spezialoperationen« und zulässige Präventivkriege noch ein Recht auf Krieg zum Schutz der eigenen Bürgerinnen und Bürger in einem anderen Staat. Die UN-Charta gewährleistet ein Recht auf Selbstverteidigung (Artikel 51), und sie orientiert darauf, den Frieden zu wahren. Artikel 51 der UN-Charta haben die USA weder in Vietnam, in Jugoslawien, im Irak noch in Afghanistan beachtet; Russland nun auch nicht.

 

Der Weg zu einem Friedensschluss in der Ukraine wird mittlerweile versperrt. Die Politik des Westens steht für eine Torpedierung von Verhandlungslösungen und für ein Anheizen des Krieges. Ukraine, USA und NATO verhalten sich so, als ob sich aus dem Recht auf Selbstverteidigung gegen Russland ein Recht auf Krieg gegen Russland bis zu dessen Ruin ergeben würde.

Die Regeln des Völkerrechts wie auch des Grundgesetzes aber besagen etwas anderes: Wenn ein Krieg ausgebrochen ist, so muss nach beider Recht alles getan werden, um diesen Krieg so schnell wie möglich zu beenden. Nach Präambel, Artikel 24 und 26 des Grundgesetzes besteht ein verfassungsrechtliches Friedensgebot für die Außenpolitik. Deutschland muss »das ihm Mögliche unternehmen, den innerstaatlich beeinflussbaren Ursachen künftiger Kriege umfassend zu begegnen«.¹⁰ Der ehemalige Generalinspekteur der Bundeswehr, Harald Kujat, schreibt zu Recht: »Das Grundgesetz toleriert die Unterstützung einer Kriegspartei (…) nur dann, wenn diese geeignet ist, eine friedliche Lösung zu ermöglichen. Die Bundesrepublik ist deshalb in der Pflicht, der deutschen Bevölkerung zu erklären, innerhalb welcher Grenzen und mit welchem Ziel die Unterstützung der Ukraine erfolgt.«¹¹

Stellvertreterkrieg

Dem Krieg voraus ging eine langfristige Expansion von NATO und EU nach Osteuropa. Im Vorfeld des Krieges provozierte die Führung der Ukraine einen Bürgerkrieg. Der Beitritt zur NATO wurde vorbereitet. Er ist als Staatsziel sogar 2019 in die ukrainische Verfassung hineingeschrieben worden.

Im Maidan-Putsch stürzten die USA zusammen mit faschistischen und ultranationalistischen Kräften in der Ukraine am 21. Februar 2014 die mit Russland sympathisierende Regierung unter Wiktor Janukowitsch. Sie setzten eine Regierung ein, die den USA passte. Das Land rüstete erheblich auf. Der russischen Minderheit wurde das Recht auf ihre eigene Sprache genommen. Im Widerstand gegen diese Politik konstituierten sich im Donbass die »Volksrepubliken« Donezk und Lugansk. Es entwickelte sich in der Ukraine ein erbitterter Bürgerkrieg, der 10.500 Tote und 24.000 Verletzte forderte, darunter ca. 1.500 gefallene russische Soldaten, wobei die tatsächliche Zahl der Opfer höher liegt.¹² Das internationale Abkommen »Minsk II« vom Februar 2015 zur friedlichen Lösung dieses Konflikts war offenbar ein Täuschungsmanöver, um die Ukraine aufzurüsten und Russland zu provozieren.¹³

Die politische Führung der Ukraine unter Selenskij ist heute auf Kriegskurs. Ihre Interessen haben sich mit den globalen Interessen des US-Imperialismus verbunden. Eine parlamentarische bzw. politische Opposition existiert im Lande nicht mehr. Regierung, Staat und Kriegführung sind vom »Westen« abhängig – finanziell, militärisch und politisch: »Die Ukraine wird fremdfinanziert. Sie ist kein klassischer Staat mehr.«¹⁴

Seit dem Angriff Russlands hat die Ukraine (Stand Januar 2023) vom Westen unmittelbare Militärhilfe im Wert von 45 Milliarden Euro erhalten. Das entspricht 95 Prozent der gesamten Verteidigungsausgaben Russlands in einem Jahr. Die Gesamthilfe westlicher Länder an die Ukraine seit Beginn des Krieges beläuft sich auf etwa 140 Milliarden Euro. Das ist fast das Dreifache des gesamten Jahresbudgets des Landes in Höhe von 52 Milliarden Euro für das Jahr 2022. Hinzu kommt der Beistand durch Ausbildung ihrer Soldaten und durch Informationen der Geheimdienste der NATO-Staaten.

Im April 2022 stoppte die ukrainische Regierung nach Intervention des damaligen britischen Premiers Boris Johnson ihre Bereitschaft bei Verhandlungen, den Krieg zu beenden. Die NATO sicherte wenig später bei einem Spitzentreffen von 40 Staaten in der Air Base Ramstein der Ukraine zu, ihr im Krieg gegen Russland »beizustehen«. Damit waren die Weichen gestellt.

Zum Synonym für »Solidarität mit der Ukraine« wurde die Waffenbeschaffung. Der Krieg nahm vollends den Charakter eines Stellvertreterkrieges von USA/NATO gegen Russland an – »bis zum letzten Ukrainer«. »Wir führen heute eine Mission für die NATO durch, ohne ihr Blut zu vergießen«, meinte der ukrainische Verteidigungsminister Olexij Resnikow am 12. Januar 2023.¹⁵

Von Anfang an war der Ukraine-Krieg auch ein Wirtschaftskrieg gegen Russland. Er festigte die Vormachtstellung der USA gegenüber der EU und Deutschland. Die USA und die EU-Außenminister beschlossen am 25. Februar 2022 wirtschaftliche Sanktionen gegen Russland, die dann neunmal erweitert wurden. Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock frohlockte: »Das wird Russland ruinieren.«¹⁶ Am 10. Januar 2023 bekannten sich EU und USA in einer gemeinsamen Erklärung zur »strategischen Partnerschaft« und bekräftigten das »naturgegebene Recht der Ukraine, sich selbst zu verteidigen und ihr Schicksal selbst zu bestimmen«.¹⁷

Die eigentlichen Gewinner des Wirtschaftskrieges gegen Russland sind die USA. Die deutsche Wirtschaft verlor ihre stabile und kostengünstige energetische Basis, die Bevölkerung ihre preiswerte Strom- und Gasversorgung. Die wirtschaftliche Kooperation zwischen Deutschland und Russland ist nun längerfristig ausgeschlossen. Die deutsche Industrie muss sich neu strukturieren und scheidet weltpolitisch als wirtschaftlicher Konkurrent der USA aus.

Nach einem Jahr Ukraine-Krieg liegt das Gesetz des politischen Handelns zwar nicht in den Händen der USA. Aber Washington hat viele seiner wirtschaftlichen und politischen Interessen gegenüber seinen Konkurrenten durchsetzen und die EU-Staaten stärker disziplinieren können. Die USA bestimmen überwiegend, wie es mit der Eskalation im Stellvertreterkrieg gegen Russland weitergeht. Deutschland folgte dieser Politik entgegen den Geboten des Grundgesetzes bisher zuverlässig.

Linke wackelt als Friedenspartei

Dringender denn je ist gerade auch in Deutschland ein deutliches Nein gegen die von den Regierenden betriebene Hochrüstung und gegen durch Lieferung immer schwererer Waffen eskalierende Kriegsgefahr. »Deshalb sollten durch die Partei Die Linke die Lieferung von Angriffswaffen an die Ukraine und die Fortsetzung des Wirtschaftskrieges mit aller Klarheit und Überzeugungskraft verurteilt werden.«¹⁸

Es gehörte zu den Stärken der Linkspartei, dass sie in ihrem Programm die sich damals abzeichnende Konfrontationspolitik von USA und NATO richtig einschätzte und sich der wachsenden Kriegsgefahr entgegenstellen wollte. In den Abschnitten II und IV unter den Überschriften »Imperialismus und Krieg« sowie »Abrüstung, kollektive Sicherheit und gemeinsame Entwicklung«¹⁹ heißt es im Programm der Linkspartei von 2011: »Imperiale Kriege erwachsen aus Kämpfen um geopolitische Macht, um ökonomische, politische und kulturelle Vorherrschaft, um Profite, Märkte und Rohstoffe.« Verwiesen wird auf eine Weltlage, in der die »Hegemonie der USA als einzige nach der bipolaren Konfrontation verbliebene Supermacht (…) in Frage gestellt« ist und »Kriege, einschließlich präventiver Angriffskriege (…), den führenden Kräften der USA, der NATO und der EU wieder als taugliche Mittel der Politik« erschienen. Daraus wurden eine Reihe von Schlussfolgerungen für die Linkspartei als »Friedenspartei« gezogen: »Aufklärung über tiefere Zusammenhänge von Konfliktursachen«, »Zusammenarbeit mit Friedensbewegung und allen friedensorientierten Partnern« im Ringen um »strukturelle Gewaltprävention und für einen zivilen Konfliktaustrag« und »Auflösung der NATO und ihre Ersetzung durch ein kollektives Sicherheitssystem unter Beteiligung Russlands«.

Im ersten Jahr des Ukraine-Krieges war dies jedoch alles vergessen. Die Führung der Linkspartei erwies sich als unfähig, eine taugliche Einschätzung der Weltlage und eine überzeugende Handlungsorientierung im Friedenskampf zu geben. Sie fiel damit sogar weit hinter realistisch denkende und um den Frieden besorgte Militärs wie Harald Kujat und Oberst Jacques Baud aus der Schweiz zurück.

Auf ihrem Erfurter Parteitag vom 24. bis 26. Juni 2022 näherte sich die Partei dem Mainstream weiter an. Eine Sanktionspolitik wurde nicht mehr grundsätzlich abgelehnt. Auch faktische NATO-Versteher wie Klaus Lederer, Juliane Nagel, Bodo Ramelow und Katina Schubert gehörten nunmehr zur »pluralistischen Breite« der Partei. Gegen ­Sahra Wagenknecht, die am 8. September 2022 im Bundestag mit einer kraftvollen Rede den Irrsinn des Wirtschaftskrieges gegen Russland und dessen Auswirkungen auf Deutschland angeprangert hatte, wurde ein Shitstorm organisiert, was aber nicht richtig gelang.

Am 10. Dezember 2022 unterschrieb das gesamte Führungspersonal der Partei dann die »Leipziger Erklärung«²⁰, ein Dokument des Abschieds vom Erfurter Programm von 2011. Einen Monat später ruderte der Parteivorstand unter dem Druck einer anwachsenden Proteststimmung in der Partei wieder zurück und warnte vor einer »weiteren Eskalation des Krieges (…) mit nicht abschätzbaren Folgen«.²¹

Die Autoren der »Leipziger Erklärung« verurteilen den »völkerrechtswidrige(n) Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine« und bekennen sich zum »Selbstverteidigungsrecht der Ukraine«. Vom tatsächlichen Charakter des Krieges als Stellvertreterkrieg von USA und NATO gegen Russland sprechen sie nicht. Allerdings wenden sie sich zumindest gegen einen langen Abnutzungskrieg »mit verheerenden Folgen, immer mehr Waffen und der Gefahr einer weiteren gefährlichen Eskalation«. Plädiert wird für »Waffenstillstand und Friedensverhandlungen«, für eine »Rückkehr zur internationalen Kooperation« und für »weltweite Zusammenarbeit – auch mit China und Russland«.

Eine Kampfansage an USA, NATO und die Regierenden in Deutschland im Sinne ihres Programms ist das aber ebensowenig wie eine »tiefere Aufklärung« über »Imperialismus und Krieg« heute. Von einer »Auflösung der NATO« wird nicht mehr gesprochen. Dem entspricht der Unwille der Führung der Linkspartei, sich dem Friedensaufruf von Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer anzuschließen. Der entsprechende Druck auf die Parteiführung ist aber gewachsen, weil an der Basis für die Kundgebung am 25. Februar in Berlin umfangreich mobilisiert wird und immerhin rund 8.000 oppositionelle Parteimitglieder sowie Sympathisantinnen und Sympathisanten der Partei im Vorfeld des ersten Jahrestages des Kriegsbeginns den Parteivorstand und die linke Bundestagsfraktion aufgefordert haben, sich eindeutig und klar gegen jede deutsche Mitwirkung am Ukraine-Krieg zu positionieren: »Die Linke muss die friedenspolitischen Positionen ihres Erfurter Programms endlich wieder ernst nehmen, sonst gibt sie sich auf und ist nur noch ein Anhängsel des herrschenden Blocks.«²²

Anmerkungen

1 Vgl. Dietmar Bartsch, Deutscher Bundestag, stenographischer Bericht, 81. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 25. Januar 2023, S. 9675

2 So jedenfalls Seymour Hersh: Mission erfüllt, in junge Welt vom 10.2.2023

3 Joachim Krause: Eskalationsphobie – eine deutsche Krankheit, FAZ vom 7.2.2023

4 Vgl. Militärdoktrin der Russischen Föderation (russ.). Moskau, Dezember 2014, Paragraph 22

5 Emmanuel Todd: In diesem Krieg geht es um Deutschland, Weltwoche vom 7.1.2023. weltwoche.ch/story/in-diesem-krieg-geht-es-um-deutschland/postcomments

6 Olaf Scholz: Regierungserklärung, Deutscher Bundestag, stenographscher Bericht. Berlin, Sonntag, den 27. Februar 2022, S. 1350

7 Sozialdemokratische Antworten auf eine Welt im Umbruch, SPD-Kommission »Internationale Politik«, Berlin, 20.1.2023, spd.de, S. 2

8 Der Begriff der Thukydides-Falle wurde vom US-amerikanischen Politikwissenschaftler Graham T. Allison geprägt. Er beschreibt damit anhand von 16 historischen Beispielen die Wahrscheinlichkeit eines Krieges, wenn eine aufstrebende Macht die bestehende Großmacht zu verdrängen droht. In drei Viertel aller Fälle war das bisher so. Der Begriff wird heute vor allem verwendet, um auf die Gefahr eines großen Krieges zwischen USA und China zu verweisen.

9 Vgl. Merkur.de, 29.1.2023

10 Kommentar zum Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Band 2, Neuwied und Darmstadt 1984, S. 1501

11 Interview mit General a. D. h.arald Kujat, zeitgeschehen-im-fokus.ch/newspaper-ausgabe/nr-1-vom-18-januar-2023.html

12 Sabine Fischer: Der Donbass-Konflikt, Widerstreitende Narrative und Interessen, schwieriger Friedensprozess, in: Schriftenreihe des Instituts für Wirtschaft und Politik, Studie 3. Berlin, Februar 2019, S. 9

13 Angela Merkel erklärte Ende 2022 in einem Interview: »Das Abkommen 2014 war der Versuch, der Ukraine Zeit zu geben, um stärker zu werden, wie man heute sieht.« Die Zeit vom 30.11.2022

14 Emmanuel Todd: Interview, Weltwoche vom 7.1.2023

15 Interview am Abend des 12. Januar 2023 in: 1+1 Network’s TSN Channel

16 Merkur.de vom 26.2.2022

17 Gemeinsame Erklärung zur Zusammenarbeit zwischen der EU und der NATO, 10. Januar 2023, Pressemitteilung, Brüssel, S. 1

18 Michael Brie: Was tun in Zeiten des Krieges?, ND-aktuell vom 28.12.2022

19 Vgl. Programm der Partei Die Linke, a. a. O., S. 19 und 46 f.

20 Leipziger Erklärung, Die Linke, 10. Dezember 2022

21 Stoppt den Krieg – keine »Leopard 2«-Panzer in die Ukraine, Die Linke, Beschluss 2023/328 des Parteivorstandes vom 14. Januar 2023

22 Linke gegen Krieg und Kriegsbeteiligung! Aufruf an den Parteivorstand und die Bundestagsfraktion der Partei Die Linke vom 23. Januar 2023.

Quelle: junge welt v.21.02.2023/ AP Photo/LIBKOS, File

Apokalyptische Szenarien. Ukrainische Soldaten feuern mit Artilleriegeschützen auf russische Stellungen in der Nähe von Bachmut, November 2022

Friedensdemonstration in Berlin am 24.02.2023

https://youtu.be/ETt87V6yuZA

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Den Frieden gewinnen – nicht den Krieg! 

Rede anläßlich der Kundgebung der „Friedenskoordination Berlin – Netzwerk gegen den Krieg“ 

am Brandenburger Tor am 24. Februar 2023 

von Jürgen Rose 

Sehr geehrte Versammelte, liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde! 

Es ehrt Sie sehr, daß Sie heute, an jenem Tag, an dem vor einem Jahr das große Schlachten in 

der Ukraine seinen Lauf nahm, hier so zahlreich erschienen sind, um ein Zeichen zu setzen für den 

Frieden auf der Welt und gegen jenes barbarische Gemetzel. Denn es braucht durchaus Mut, um in 

diesen Zeiten allgegenwärtigen und allumfassenden Kriegs- und Sieggetrommels aufzustehen und 

die Stimme zu erheben gegen das massenhafte Morden auf den Schlachtfeldern im Osten Europas. 

Heute übersteigt die Zahl der willigen Koalitionäre, die sich unter Federführung der USA im 

Kampf gegen Rußland zusammengeschlossen haben, den Umfang der Anti-Hitler-Allianz im Widerstand gegen Nazi-Deutschland. Damals nannte man dies einen Weltkrieg, nämlich den Zweiten 

Weltkrieg – womit also haben wir es heutzutage im Hinblick auf das Kriegsgeschehen in der Ukraine 

zu tun? Befinden wir uns nicht längst in einem Dritten Weltkrieg, den die gesamte NATO im Verein 

mit zahlreichen willigen Helfershelfern unter ebenso zynischer wie menschenverachtender Ausbeutung von Selbstbehauptungswillen und Opferbereitschaft der ukrainischen Männer und Frauen führt, 

gemäß der von der amtierenden Außenministerin Deutschlands propagierten, widerwärtigen Parole: 

„Wir werden Rußland ruinieren“? Und laufen diejenigen, die auf beiden Seiten der Front diesen mörderischen Krieg immer weiter eskalieren, nicht erhebliche Gefahr, daß dieser zuletzt in einer unkontrollierbaren nuklearen Konfrontation endet? 

Gemäß der dem Publikum von Politik und Massenmedien pausenlos eingehämmerten Darstellung handelt es sich bei dem Krieg in der Ukraine um einen glasklaren Angriffskrieg. Und ein solcher 

stellt laut dem Urteilsspruch des Nürnberger Kriegsverbrechertribunals von 1946 „das größte internationale Verbrechen [dar], das sich von anderen Kriegsverbrechen nur dadurch unterscheidet, daß es 

in sich alle Schrecken vereinigt und anhäuft“. Im Hinblick auf dieses Narrativ scheint mir äußerst bedeutsam, was ein höchst renommierter US-amerikanischer Historiker, Politik- und Wirtschaftswissenschaftler zur Problematik der Entscheidung darüber, wer in einem Krieg denn jeweils als Angreifer 

und als Verteidiger zu gelten habe, geschrieben hat. Der Mann hieß Stefan T. Possony, war als 

österreichischer Jude nur knapp den Gestapo-Schergen Adolf Hitlers entkommen und diente nach 

einer spektakulären akademischen Karriere an US-amerikanischen Spitzenuniversitäten dem US[1]Präsidenten Ronald Reagan als Berater in Sachen Strategische Raketenabwehr (SDI) – ein knallharter erzkonservativer Falke und folglich keinesfalls ein „linker Pazifistenspinner“. Jener Professor Possony also merkte zur Problematik von Angriff und Verteidigung folgendes an: 

Jürgen Rose 

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„Bei der strategisch-politischen Beurteilung einer konkreten Situation ist es oft schwierig, Angriff 

von Verteidigung zu unterscheiden. … Der Befehl, einen vorliegenden Offensivplan durchzuführen, 

mag militärisch einen Angriff darstellen, die Offensive, selbst wenn es sich um einen bewaffneten 

Einzelfall handelt, mag jedoch strategisch-politisch rein defensiven Motiven entspringen. … Trotz der 

offensichtlichen Schwierigkeiten, die eine klare und rechtsverbindliche Definition ausschließen – es 

hängt eben alles von den Umständen ab –, läßt sich, theoretisch gesprochen, jene Regierung oder 

konspirative Gruppe als Angreifer kennzeichnen, die die Entscheidung trifft, Krieg zu führen, um die 

internationale Machtverteilung zugunsten der eigenen Seite zu verändern. Hingegen läßt sich die 

Regierung, die einen Krieg führt, um die eigene Schwächung oder Zerstörung oder eine wesentliche 

Veränderung der gegebenen internationalen Machtlage zu verhindern, als Verteidiger bezeichnen.“ 

Ganz ähnlich muß das vor mehr als fünfhundert Jahren schon einer der Gründerväter der Politischen Theorie, der italienische Philosoph und Machttheoretiker Niccolò Machiavelli gesehen haben, 

als er konstatierte: „Nicht wer zuerst zu den Waffen greift, ist der Anstifter des Unheils, sondern wer 

dazu nötigt.“ 

Wer in der Ukraine zuerst zu den Waffen gegriffen hat, steht scheinbar fest, obwohl die OSCE 

Special Monitoring Mission to Ukraine (SMM), die Beobachtungsmission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, vor einem Jahr gänzlich Anderes aus dem Donbass zu berichten hatte: Acht Tage vor dem Beginn des russischen Einmarsches hatten die ukrainischen Streitkräfte nämlich eine großangelegte Artillerieoffensive gegen die abtrünnigen Volksrepubliken begonnen, 

um diese mittels militärischer Gewalt zurückzuerobern, ganz so wie Präsident Selenskyj dies im März 

des Vorjahres bereits angeordnet hatte – unter grober Mißachtung des durch den Sicherheitsrat der 

Vereinten Nationen für völkerrechtlich verbindlich erklärten Minsker Abkommens, in dem unter anderem eine Autonomieregelung für den Donbass vereinbart worden war. Dem durch militärische Ge[1]waltanwendung verschuldeten Völkerrechtsbruch Rußlands ging der ebenso qua militärischer Ge[1]waltanwendung verübte Völkerrechtsbruch der Ukraine voraus! Diesen höchst bedeutsamen Um[1]stand verschweigen freilich unsere NATO-treuen Mainstream-Propagandamedien geflissentlich bis 

heute. 

Wer also sind jene Anstifter des Unheils, die zum Krieg in der Ukraine genötigt haben? Denn 

folgt man Machiavellis Erkenntnis, dann begeht nicht nur, wer einen Angriffskrieg beginnt, dieses laut 

Urteil von Nürnberg „größte internationale Verbrechen“, sondern auch derjenige, welcher einem der[1]artigen Verbrechen dadurch Vorschub leistet, daß er es unterläßt, alles Menschenmögliche zur Erhaltung des Friedens, also zur Verhinderung jenes Völkerrechtsverbrechen, zu tun. Auch friedensstörende Handlungen, die einen politischen Akteur zu einer kriegerischen Aggression zu provozieren 

geeignet sind, wie beispielsweise die skrupellose Ausdehnung eines Militärbündnisses unter ignoranter Vernachlässigung von Sicherheitsinteressen anderer Staaten, die einseitige Aufkündigung essen-

Jürgen Rose 

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tieller Rüstungskontroll- und Abrüstungsverträge, die völkerrechtswidrige Intervention in die von der 

Satzung der Vereinten Nationen geschützten inneren Angelegenheiten souveräner Staaten oder sicherheitsdestabilisierende, maßlose Aufrüstungsmaßnahmen konstituieren (regierungs-)kriminelle 

Akte. 

Um uns der Beantwortung der Frage nach den Anstiftern des Unheils in der Ukraine anzunähern, werden wir, um dem Vorwurf vorzubeugen, wir wären „Rußland-“ oder – horribile dictu – gar 

„Putin-Versteher“, nachfolgend ausschließlich Kronzeugen heranziehen, die über einen derartigen 

Verdacht vollkommen erhaben sind. 

Als ersten solchen Kronzeugen rufe ich den ehemaligen US-Botschafter in der Sowjetunion und 

Direktor für europäische Angelegenheiten im Nationalen Sicherheitsrat der USA, Jack F. Matlock, 

auf. Dieser konstatiert im Hinblick auf die vielbeschworene „regelbasierte Weltordnung“: „Aber es war 

der Westen, der damit begonnen hat, dieselben internationalen Regeln zu brechen, als die Nato wegen Kosovo Serbien bombardiert hat. Unsere zweite Verletzung der Schlußakte von Helsinki – wonach Grenzen nur veränderbar sind, wenn beide Seiten zustimmen – war, als wir die Unabhängigkeit 

von Kosovo akzeptiert haben. Putin sagt: Ihr habt den Präzedenzfall geschaffen. Jetzt verletze ich 

die Regeln. Das müssen wir berücksichtigen, wenn wir über Legalität reden. So zu tun, als ob Rußland etwas Einzigartiges täte und Rußland zu einem besonderen Ausgestoßenen zu machen, ist un[1]fair.“ Und weiterhin führt Matlock aus: „2008 entschied die Nato, die Ukraine auf eine Spur zur Mitgliedschaft zu setzen. Ein in seinem Inneren tief gespaltenes Land, direkt vor Rußlands Türe. Das alles waren sehr dumme Schachzüge des Westens. Heute haben wir die Reaktion darauf. Wenn China 

anfangen würde, eine Militärallianz mit Kanada und Mexiko zu organisieren, würden die USA das 

nicht tolerieren. Wir würden uns auch nicht auf abstrakte Prinzipien von internationalem Recht beschränken lassen. Wir würden das verhindern. Mit jedem Mittel, das wir haben. Jedes Land, das die 

Macht dazu hat, würde das tun. (…) Putin handelt so, wie jeder russische politische Verantwortliche 

unter diesen Umständen handeln würde.“ 

Bei meinem zweiten Kronzeugen handelt es sich um den ehemaligen Verteidigungsminister und 

Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland, Helmut Schmidt. Der in der Wolle gefärbte Transatlantiker, der wegen seines unbeirrten Festhaltens am Beschluß der NATO zur nuklearen Nachrüstung sein Amt verloren hatte, gab im August 1993 zu Protokoll: „Wenn ich ein sowjetischer Marschall wäre oder ein Oberst, würde ich die Ausdehnung der Nato-Grenzen, erst von der Elbe bis an 

die Oder und dann über die Weichsel hinaus bis an die polnische Ostgrenze, für eine Provokation 

und eine Bedrohung des Heiligen Russland halten. Und dagegen würde ich mich wehren. Und wenn 

ich mich heute dagegen nicht wehren kann, werde ich mir vornehmen, diese morgen zu Fall zu bringen.“ Mir scheint, daß Helmut Schmidt seinen Possony gelesen hatte. 

Jürgen Rose 

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Als letzten in meiner Reihe von Kronzeugen möchte ich Papst Franziskus zu Wort kommen lassen, der sich in einem Interview zum Ukrainekrieg geäußert hat. Dort sagte er: „Um diese Frage 

[nach dem Angriffskrieg] zu beantworten, müssen wir uns von dem üblichen Schema des „Rotkäppchens“ lösen: Rotkäppchen war gut, und der Wolf war der Bösewicht. Hier gibt es keine metaphysisch Guten und Bösen auf abstrakte Art und Weise. … Die NATO-Staaten bellen vor den Toren 

Rußlands und sie verstehen nicht, daß die Russen imperial sind und keiner fremden Macht erlauben, 

sich ihnen zu nähern … Die Situation könnte zu einem Krieg führen. … Aber die Gefahr ist, daß wir 

nur das sehen, was ungeheuerlich ist, und nicht das ganze Drama sehen, das sich hinter diesem 

Krieg abspielt, der vielleicht in gewisser Weise entweder provoziert oder nicht verhindert wurde. Und 

ich registriere das Interesse am Testen und Verkaufen von Waffen. Das ist sehr traurig, aber darum 

geht es ja offensichtlich. …Ich bin einfach dagegen, die Komplexität auf die Unterscheidung zwischen Guten und Bösen zu reduzieren, ohne über die Wurzeln und Interessen nachzudenken, die 

sehr komplex sind.“ 

Da an dieser Stelle nunmehr Klarheit darüber besteht, wer das Unheil in der Ukraine angestiftet 

hat, steht zugleich fest, an wen sich die Forderung nach einer umgehenden Beendigung des Krieges 

und einer Friedensregelung auf diplomatischem Wege zu richten hat: nämlich zuvörderst an die 

NATO-Kriegstreiber in Washington, Brüssel, London und Warschau. 

Genau dies hat jüngst Deutschlands berühmtester lebender Philosoph, Jürgen Habermas, getan, als er erklärte: „Mir geht es um den vorbeugenden Charakter von rechtzeitigen Verhandlungen, 

die verhindern, dass ein langer Krieg noch mehr Menschenleben und Zerstörungen fordert und uns 

am Ende vor eine ausweglose Wahl stellt: entweder aktiv in den Krieg einzugreifen oder, um nicht 

den ersten Weltkrieg unter nuklear bewaffneten Mächten auszulösen, die Ukraine ihrem Schicksal zu 

überlassen.“ 

Für derartige diplomatische Initiativen liegen ernsthafte und ernstzunehmende Vorschläge 

schon längst auf dem Tisch. So hat beispielsweise schon im Sommer letzten Jahres die UNStudiengruppe „Wissenschaft und Ethik des Glücks“, Frieden und Gerechtigkeit“ in ihrer „Erklärung 

Frieden und Gerechtigkeit“ eine Reihe von „Eckpunkten für einen Waffenstillstand und ein positives 

Friedensabkommen“ formuliert. Diese lauten: 

(1) Neutralität der Ukraine, d.h. Verzicht auf die nationalen Ambitionen, der NATO beizutreten, 

bei gleichzeitiger Anerkennung der Freiheit der Ukraine, Abkommen mit der Europäischen Union und 

anderen zu schließen; 

(2) Sicherheitsgarantien für die Souveränität, Unabhängigkeit und territoriale Integrität der 

Ukraine, die von den P-5-Mitgliedern der Vereinten Nationen (China, Frankreich, Rußland, Vereinigtes Königreich und Vereinigte Staaten) sowie der Europäischen Union und der Türkei gegeben wer-

Jürgen Rose 

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den, was militärische Transparenz und Beschränkungen der militärischen Stationierung und groß an[1]gelegter Übungen in Grenzgebieten unter internationaler Beobachtung in Verbindung mit der Aufhebung von Wirtschaftssanktionen beinhalten könnte; 

(3) Russische De-facto-Kontrolle der Krim für einen Zeitraum von mehreren Jahren, nach dem 

die Parteien auf diplomatischem Wege eine dauerhafte De-jure-Regelung anstreben würden, die einen erleichterten Zugang der lokalen Gemeinschaften sowohl zur Ukraine als auch zu Rußland, eine 

liberale Grenzübergangspolitik für Personen und Handel, die Stationierung der russischen Schwarz[1]meerflotte und finanzielle Entschädigungen umfassen könnte; 

(4) Autonomie der Regionen Lugansk und Donezk innerhalb der Ukraine, die wirtschaftliche, politische und kulturelle Aspekte umfassen könnte, die innerhalb kurzer Zeit näher zu bestimmen sind; 

(5) Garantierter kommerzieller Zugang sowohl der Ukraine als auch Rußlands zu den 

Schwarzmeerhäfen der beiden Länder; 

(6) Die schrittweise Aufhebung der westlichen Sanktionen gegen Rußland in Verbindung mit 

dem Rückzug des russischen Militärs gemäß der Vereinbarung; 

(7) Ein multilateraler Fonds für den Wiederaufbau und die Entwicklung der vom Krieg zerstörten 

Regionen der Ukraine – an dem sich auch Rußland beteiligt – und sofortiger Zugang für humanitäre 

Hilfe; 

(8) eine Resolution des UN-Sicherheitsrates zur Schaffung internationaler Überwachungsmechanismen zur Unterstützung des Friedensabkommens (…). 

Leider geben jedoch die ebenso verantwortungslosen wie hanebüchenen Begründungen zu 

uferlosen Waffen- und Munitionslieferungen im Verlauf des NATO-Warlord-Treffens in München vom 

17.ꟷ19. Februar 2023 keinerlei Anlaß zu irgendwelchen Hoffnungen auf Umsetzung einer derartigen 

Friedensregelung, denn die Kriegstreiber und -hetzer der NATO lassen keinerlei Bereitschaft erkennen, mit der russischen Regierung überhaupt nur zu reden, während sie Rußland im selben Atemzug 

fehlende Verhandlungsbereitschaft vorhalten – so funktioniert Kriegspropaganda. 

Angesichts dieser fatalen Lage steht umso mehr eine breite zivilgesellschaftliche Friedensbewegung in der Pflicht, ihren Protest gegen die bellizistische Enthemmung zu artikulieren. Wie schon 

zu Zeiten des verbrecherischen Krieges der USA in Vietnam und wie in Zeiten einer maßlosen nuklearen Hochrüstung in den achtziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts muß es wieder heißen: 

„Aufstehen für den Frieden“, „Schwerter zu Pflugscharen“ und „Frieden schaffen mit weniger – oder 

besser noch – ganz ohne Waffen!“

Jürgen Rose ist Oberstleutnant der Bundeswehr a.D. und Vorsitzender des Förderkreises ‚Darmstädter Signal‘, der den gleichnamigen Arbeitskreis kritischer StaatsbürgerInnen in Uniform unterstützt.

Quelle: Darmstädter Signal; Friedenskooperative Berlin (FRIKO) 24.02.2023

Entlarvung der Kriegstreiber

Aus: Ausgabe vom 18.02.2023, Seite 1 / Titel

MÜNCHNER »SICHERHEITSKONFERENZ«

NATO, schleich di!

Vor der Tür Protest – und statt Siegesfeier: Feind im Haus

Von Arnold Schölzel

 

Die 59. Ausgabe der Münchner »Sicherheitskonferenz« (MSC) hätte so schön sein können: Die westliche Panzer-, Raketen- und Generalslobby, kurz militärisch-industrieller Komplex (MIK) genannt, begießt drei Tage lang den eigenen permanenten Amoklauf, MSC-Chef Christoph Heusgen (2021: »Viele Staaten können es sich eben nicht erlauben, sich mit China oder auch Russland anzulegen. Wir können das.«) verkündet den »Endsieg«, Joseph Biden lässt durch seine Vize­präsidentin Kamala Harris nachfragen, um was es geht, bevor er das nächste unbekannte Flugobjekt abschießen lässt, der peinlichste »Adabei« der Republik, Joachim Gauck, belästigt wegen Abwesenheit keinen mehr, und schließlich erweicht Führungskanzler Olaf Scholz »Lula«, und der Brasilianer liefert Wolodimir Selenskij die gewünschten »Gepard«-Geschosse.

Statt dessen: Streik am Flughafen und Unbill. Dpa meldet zwar, dass »Kapazitäten und Fähigkeiten westlicher Rüstungsunternehmen absehbar bis Sonntag auch Thema« auf der MSC sein werden – das »auch« als kleiner Scherz –, aber die »Leopard«-Schmiede KMW meckert: zuwenig Aufträge. Heusgen schwillt bei der Eröffnung die Brust im Rausch: Er hat nicht nur den Russen schon am Boden, sondern sieht sich in einem »Kampf, um die weltweite Ordnung zu schützen«. Aber Scholz fällt ihm in den Rücken und gibt preis: »Nicht unsere Waffenlieferungen sind es, die den Krieg verlängern.« Entsetzen. Was wird mit der »weltweiten Ordnung«, wenn der Krieg verkürzt wird oder gar aufhört? Will der Soze wirklich nichts bestellen? Den MIK-Leuten bleibt nur, sich zu betrinken. Das MSC-Budget reicht gerade. Heusgens Vorgänger Wolfgang Ischinger hat’s im Handelsblatt ausgeplaudert: Bayern, Bund und Bosch-Stiftung stiften zusammen mit anderen ein »Jahresbudget von mehr als zehn Millionen Euro«.

 

Und dann das noch: Lula schickt seinen Außenminister Mauro Vieira. Der bleibt beim Nein zur Munitionslieferung und versteigt sich zu: »Anstatt am Krieg teilzunehmen, sprechen wir lieber über Frieden.« Eindeutig der Vertreter eines Schurkenstaates. Und am Sonnabend kommt Chinas oberster Außenpolitiker Wang Yi – schlimmer als Russland und Iran zusammen. Die MSC-Welt sah schon mal harmonischer aus.

 

Quelle: junge Welt v.18.02.2023/ Shutterstock/Montage: jW

 

Kampf für den Frieden

Aus: Ausgabe vom 18.02.2023, Seite 8 / Ansichten

KOMMENTAR

Für Frieden auf die Straße!

Kriegstreibern Kontra geben. Gastkommentar

Von Sahra Wagenknecht

 

Die Atomkriegsuhr steht auf 90 Sekunden vor Mitternacht – so dicht an einer Apokalypse waren wir nie zuvor. Selbst der Exvorsitzende der deutschen »Sicherheitskonferenz«, Ischinger, hat am Freitag gemeinsam mit hochrangigen Politikern vor der Gefahr gewarnt, »dass in einem Moment der Krise eine schreckliche Entscheidung zum Einsatz von Atomwaffen getroffen wird«. Spielen auch diese Leute mit den Ängsten der Bevölkerung, um die Unterstützung des Westens für die Ukraine zu untergraben, wie es ein angeblicher »Faktenfinder« der »Tagesschau« den Initiatoren des »Manifests für Frieden« unterstellt?

Derselbe Faktenfinder sieht auch keinerlei Anzeichen, dass Russland an Verhandlungen überhaupt inter­essiert ist. Dabei gab es im März bereits Friedensverhandlungen, die nach übereinstimmender Aussage des ehemaligen israelischen Ministerpräsidenten Bennett und des türkischen Außenministers Cavusoglu nicht an mangelnder Kompromissbereitschaft Putins, sondern an der Intervention der britischen und US-Regierung gescheitert sind.

Panzer bringen keinen Frieden, wir brauchen Diplomatie statt Waffen – mit dieser Forderung treffen wir einen Nerv. Das zeigen eine halbe Million Unterschriften für das »Manifest für Frieden« in nur einer Woche. Das zeigen auch die gereizten Reaktionen in etablierten Medien: Naiv und zynisch sei das Manifest, unmoralisch und gefährlich ihre Initiatoren, welche angeblich Putin in die Hände spielen und sich über Beifall und Unterstützung von rechts freuen.

 

Aber sind nicht jene naiv, die von einem raschen militärischen Sieg der Ukraine träumen? Handeln nicht all jene zynisch, welche die ukrainische Führung mit Waffenhilfe ermuntern, weitere Soldaten in einem Krieg zu verheizen – wohl wissend, dass die Ukraine auch mit ein paar Dutzend westlichen Panzern keinen Sieg erringen kann? Spielt es nicht Putins Propaganda in die Hände, wenn nun fast ausschließlich Deutschland moderne »Leopard 2«-Panzer liefert, was in Russland schreckliche Erinnerungen wecken dürfte? Und sind nicht jene irre gefährlich, die für einen Sieg der Ukraine einen Kriegseintritt der NATO erwägen? Wer reitet voller Schadenfreude darauf herum, dass auch der AfD-Chef Chrupalla das »Manifest für Frieden« online unterzeichnet hat – und verliert kaum ein Wort über die Erstunterzeichner des Manifests aus dem Spektrum von SPD, Union oder Grünen? Und wen stärkt man, indem man populäre Forderungen nach Frieden und Diplomatie als AfD-nah diffamiert?

Lassen wir uns nicht beirren vom »bellizistischen Tenor einer geballten veröffentlichten Meinung«, wie ihn Habermas bezeichnet hat. Lassen wir nicht länger zu, dass unsere Forderungen oder Aktionen von rechts gekapert werden. Lassen wir uns nicht länger spalten, sondern setzen wir gemeinsam am 25. Februar vor dem Brandenburger Tor ein starkes Signal: gegen die Lieferung deutscher Panzer in die Ukraine und für einen sofortigen Waffenstillstand, für Diplomatie und Frieden!

Quelle: junge Welt v.18.02.2023/ IMAGO/IPON

Sahra Wagenknecht (Die Linke) ist Abgeordnete im Bundestag

Kampf für den Frieden

Heute ist der 352. Kriegstag in der Ukraine (10.2.2023). Über 200.000 Soldaten und 50.000 Zivilisten wurden bisher getötet. Frauen wurden vergewaltigt, Kinder verängstigt, ein ganzes Volk traumatisiert. Wenn die Kämpfe so weitergehen, ist die Ukraine bald ein entvölkertes, zerstörtes Land. Und auch viele Menschen in ganz Europa haben Angst vor einer Ausweitung des Krieges. Sie fürchten um ihre und die Zukunft ihrer Kinder.

Die von Russland brutal überfallene ukrainische Bevölkerung braucht unsere Solidarität. Aber was wäre jetzt solidarisch? Wie lange noch soll auf dem Schlachtfeld Ukraine gekämpft und gestorben werden? Und was ist jetzt, ein Jahr danach, eigentlich das Ziel dieses Krieges? Die deutsche Außenministerin sprach jüngst davon, dass „wir“ einen „Krieg gegen Russland“ führen. Im Ernst?

Präsident Selenskyj macht aus seinem Ziel kein Geheimnis. Nach den zugesagten Panzern fordert er jetzt auch Kampfjets, Langstreckenraketen und Kriegsschiffe – um Russland auf ganzer Linie zu besiegen? Noch versichert der deutsche Kanzler, er wolle weder Kampfjets noch „Bodentruppen“ senden. Doch wie viele „rote Linien“ wurden in den letzten Monaten schon überschritten?

Es ist zu befürchten, dass Putin spätestens bei einem Angriff auf die Krim zu einem maximalen Gegenschlag ausholt. Geraten wir dann unaufhaltsam auf eine Rutschbahn Richtung Weltkrieg und Atomkrieg? Es wäre nicht der erste große Krieg, der so begonnen hat. Aber es wäre vielleicht der letzte.

Die Ukraine kann zwar – unterstützt durch den Westen – einzelne Schlachten gewinnen. Aber sie kann gegen die größte Atommacht der Welt keinen Krieg gewinnen. Das sagt auch der höchste Militär der USA, General Milley. Er spricht von einer Pattsituation, in der keine Seite militärisch siegen und der Krieg nur am Verhandlungstisch beendet werden kann. Warum dann nicht jetzt? Sofort!

Verhandeln heißt nicht kapitulieren. Verhandeln heißt, Kompromisse machen, auf beiden Seiten. Mit dem Ziel, weitere Hunderttausende Tote und Schlimmeres zu verhindern. Das meinen auch wir, meint auch die Hälfte der deutschen Bevölkerung. Es ist Zeit, uns zuzuhören!

Wir Bürgerinnen und Bürger Deutschlands können nicht direkt auf Amerika und Russland oder auf unsere europäischen Nachbarn einwirken. Doch wir können und müssen unsere Regierung und den Kanzler in die Pflicht nehmen und ihn an seinen Schwur erinnern: „Schaden vom deutschen Volk wenden“.

Wir fordern den Bundeskanzler auf, die Eskalation der Waffenlieferungen zu stoppen. Jetzt! Er sollte sich auf deutscher wie europäischer Ebene an die Spitze einer starken Allianz für einen Waffenstillstand und für Friedensverhandlungen setzen. Jetzt! Denn jeder verlorene Tag kostet bis zu 1.000 weitere Menschenleben – und bringt uns einem 3. Weltkrieg näher.

Alice Schwarzer und Sahra Wagenknecht

 

DIE 69 ERSTUNTERZEICHNERiNNEN

Dr. Franz Alt Journalist und Bigi Alt • Christian Baron Schriftsteller • Franziska Becker Cartoonistin • Dr. Thilo Bode Foodwatch-Gründer • Prof. Dr. Peter Brandt Historiker • Rainer Braun Internationales Friedensbüro (IPB) • Andrea Breth ­Regisseurin • Dr. Ulrich Brinkmann Soziologe • Prof. Dr. Christoph Butterwegge Armutsforscher • Dr. Angelika Claußen IPPNW Vize-Präsidentin Europa • Daniela Dahn Publizistin • Rudolf Dressler Ex-Staatssekretär (SPD) •  Anna Dünnebier Autorin •­ Eugen Drewermann Theologe • Petra Erler Geschäftsführerin (SPD) • Valie Export Künstlerin • Bettina Flitner ­Fotografin und Autorin • Justus Frantz Dirigent und Pianist • Holger Friedrich Verleger ­Berliner ­Zeitung • Katharina Fritsch Künstlerin • Prof. Dr. Hajo Funke Politikwissenschaftler • Dr. Peter Gauweiler Rechtsanwalt  (CSU) • Jürgen Grässlin Dt. Friedensgesellschaft • ­Wolfgang Grupp Unternehmer • Prof. Dr. Ulrike Guérot Politikwissenschaftlerin • ­Gottfried ­Helnwein Künstler • Hannelore Hippe Schriftstellerin • Henry Hübchen Schauspieler • ­Wolfgang ­Hummel Jurist • Otto Jäckel Vorstand IALANA • Dr. Dirk Jörke Politikwissenschaftler • Dr. ­Margot Käßmann Theologin • Corinna Kirchhoff Schauspielerin • Uwe Kockisch Schauspieler • Prof. Dr. Matthias Kreck Mathematiker • Oskar Lafontaine Ex-Minister­präsident • Markus Lüpertz Künstler • Detlef Malchow Kaufmann • Gisela Marx Journalistin • Prof. Dr. ­Rainer Mausfeld ­Psychologe • Roland May Regisseur • Maria Mesrian Theologin • Reinhard Mey Musiker und Hella Mey • Prof. Dr. Klaus Moegling ­Politikwissenschaftler • Michael Müller Vorsitzender NaturFreunde • Franz Nadler Connection e. V. • Dr. ­Christof ­Ostheimer ver.di-Vorsitzender Neumünster • Dr. Tanja Paulitz Soziologin • Romani Rose Vors. Zentralrat Deutscher Sinti und Roma • Eugen Ruge Schriftsteller • Helke Sander ­Filmemacherin • Michael von der Schulenburg ­UN-Diplomat a.D. • Hanna Schygulla Schauspielerin • Martin Sonneborn Journalist (Die Partei) • Jutta Speidel Schauspielerin • Dr. Hans-C. von Sponeck Beigeordneter ­UN-Generalsekretär a.D. • Prof. Dr. Wolfgang Streeck Soziologe und Politikwissenschaftler • Katharina Thalbach Schauspielerin • Dr. Jürgen Todenhöfer Politiker • Prof. Gerhard Trabert Sozial­mediziner • Bernhard ­Trautvetter Friedensratschlag • Dr. Erich Vad Brigade­general a.D. • Prof. Dr. Johannes Varwick Politikwissenschaftler • ­Günter Verheugen Ex-Vizepräsident EU-Kommission • Dr. Antje Vollmer Theologin (Die Grünen) • Prof. Dr. Peter Weibel Kunst- und ­Medientheoretiker • Nathalie Weidenfeld Schriftstellerin • ­Hans-Eckardt Wenzel ­Liedermacher • Dr. Theodor Ziegler Religionspädagoge


 

Eine Kundgebung am 25. Februar, um 14 Uhr am Brandenburger Tor haben Alice Schwarzer und Sahra Wagennecht zusammen mit Brigade-General a.D. Erich Vad organisiert. Kommt alle!

https://deref-web.de/mail/client/C_oIFBNcThQ/dereferrer/?redirectUrl=https%3A%2F%2Fwww.change.org%2Fp%2Fmanifest-f%C3%BCr-frieden

 

 

Quelle: Petition für den Frieden von Alice Schwarzer und Sahra Wagenknecht

 

Kampf für den Frieden - Nato auflösen

Aufruf zu Protesten gegen die NATO-Sicherheitskonferenz in München

Verhandeln statt Schießen – Abrüsten statt Aufrüsten

Demonstration Samstag, 18. Februar 2023

Wir mobilisieren gegen die sogenannte Sicherheitskonferenz (SIKO), die vom 17. bis 19. Februar 2023 in München stattfindet. Dort treffen sich Staats- und Regierungschefs sowie Politiker*innen mit Spitzenmilitärs, mit Vertreter*innen von Großkonzernen und der Rüstungsindustrie.[01] Die NATO-Staaten geben dort den Ton an.[02] Ihnen geht es um die Sicherung der strategischen Vormachtstellung westlicher kapitalistischer Staaten und ihrer Konzerne,[03] nicht um die Sicherheit der Menschen, weder hier noch anderswo auf der Welt. Die SIKO dient vor allem dazu, sich über eine gemeinsame Strategie der NATO-Staaten gegen die Rivalen Russland und VR-China zu verständigen.[04] Vor allem aber soll die Aufrüstung der NATO vorangetrieben und gerechtfertigt werden.
 

Gegen jeden Krieg

Im Gegensatz zu unseren Regierungen, die die Kriege der NATO-Staaten gegen Jugoslawien, Afghanistan, Irak und Libyen etc. gerechtfertigt und unterstützt haben, treten wir kompromisslos gegen jede Anwendung militärischer Gewalt gegen andere Länder ein. Deshalb verurteilen wir den völkerrechtswidrigen russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine und die damit verbundene Annexion ukrainischen Territoriums. Der Krieg hat bereits zu zehntausenden Toten und Verletzten,[05] zu ungeheuren Zerstörungen und Millionen Geflüchteten geführt.[06] Dieser Krieg droht immer weiter zu eskalieren und kann in einer Katastrophe mit dem Einsatz von Atomwaffen enden.

Zur Vorgeschichte gehört: 2014 hatten die Verwaltungsbezirke Donezk und Lugansk im Donbas ihre Unabhängigkeit erklärt, weil sie den auf die Maidan-Proteste folgenden rechten Putsch nicht mitmachen wollten.[07] Seitdem versucht die ukrainische Regierung, diese Gebiete mit militärischer Gewalt zurückzuerobern.[08] Zur Vorgeschichte gehört insbesondere die massiv vorangetriebene NATO-Osterweiterung,[09] die Aufkündigung aller gemeinsamer Rüstungsbegrenzungsabkommen durch die USA[10][11] und die beabsichtigte Aufnahme der Ukraine in die NATO.[12][13] Das alles wurde von Russland als zunehmende Bedrohung wahrgenommen.[14] Von Russland geforderte Sicherheitsgarantien wurden von der NATO rundweg abgelehnt.[15] Dieser von uns seit Jahren kritisierte Konfrontationskurs[16] rechtfertigt auf keinen Fall den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine.
 

Der Krieg in der Ukraine muss beendet werden.

Wir treten ein:

  • Für einen sofortigen Waffenstillstand und für Verhandlungen!
    Die einzige Alternative zum Krieg ist eine Verhandlungslösung.
    Immer mehr westliche Waffenlieferungen beenden nicht den Krieg, ebenso wenig wie die Fortsetzung der Kriegshandlungen Russlands.
  • Für gegenseitige Sicherheitsgarantien für Russland und die Ukraine
    Ein Beitritt der Ukraine in die NATO muss ausgeschlossen werden und Russland muss die territoriale Unversehrtheit und Souveränität der Ukraine garantieren.
  • Für die Beendigung aller Wirtschaftssanktionen
    Sie sorgen vor allem im Globalen Süden, aber auch in Europa und Russland für Armut, Hunger und Tod, während die Kriegstreiber meist unversehrt bleiben.
  • Wir sind solidarisch mit den Friedenskräften, den Kriegsdienstverweigerern und Deserteuren in Russland und der Ukraine.

 

Stoppt die Aufrüstung Deutschlands und der NATO

Der Krieg Russlands gegen die Ukraine dient jetzt als Vorwand für ein gigantisches, seit langem geplantes Aufrüstungsprogramm.[17] Die Militärausgaben Deutschlands sollen in den kommenden Jahren, zusammen mit dem jährlichen Anteil aus dem 100 Mrd. „Sondervermögen“ zur Aufrüstung der Bundeswehr, von 50,3 auf rund 70 bis 80 Mrd. Euro jährlich ansteigen. Deutschland katapultiert sich damit auf den dritten Platz bei den weltweiten Rüstungsausgaben.[18]
 

Wir treten ein für Abrüstung und eine Politik der Entspannung

Wir fordern:

  • Statt Milliarden für die klimaschädliche Aufrüstung, Investitionen in den Klimaschutz, die UN-Flüchtlings- und Welthungerhilfe, in die Sozialsysteme, das öffentliche Verkehrs- und Gesundheitswesen in Bildung und Kultur.
  • Für die Beendigung aller Auslandseinsätze der Bundeswehr, den Austritt Deutschlands aus dem NATO-Kriegsbündnis und allen Militärstrukturen der EU
  • Keine Anschaffung von bewaffneten Drohnen
  • Keine US-Kampfflugzeuge für den Einsatz der in Deutschland stationierten Atomwaffen
  • Schluss mit der deutschen Beihilfe zu völkerrechtswidrigen Angriffskriegen und zum illegalen Drohnenkrieg, der über die US-Airbase Ramstein geführt wird.
  • Für die Schließung aller US-Truppenstützpunkte und aller Kommandozentralen der USA und NATO in Deutschland
  • Schluss mit der deutschen Beteiligung an der Atomkriegsstrategie der USA durch die sog. Nukleare Teilhabe. Die Bundesregierung muss dem UN-Atomwaffenverbotsvertrag beitreten und die Stationierung der US-Atomwaffen in Büchel aufkündigen.

 

Deutsche Rüstungsexporte verbieten

Deutschland liegt bei den Rüstungsexporten weltweit auf dem skandalösen vierten Rang.[19][20] Kunden deutscher Waffenlieferanten sind diktatorische und kriegführende Staaten. Dazu gehört die Türkei, die einen blutigen Krieg gegen die kurdische Bevölkerung führt und völkerrechtswidrig nordsyrische Gebiete besetzt und bombardiert, um das demokratische, emanzipatorische Projekt in Rojava zu zerschlagen.[21] Beliefert wird auch Saudi-Arabien für seine brutalen Angriffe gegen den Jemen.[22]

  • Die todbringenden Geschäfte der Waffenhändler und Kriegsprofiteure müssen unterbunden werden, ebenso die Lizenzvergabe und die Verlagerung der Rüstungsproduktion ins Ausland.

 

Internationale Zusammenarbeit statt Konfrontation

Weltweit haben die Militärausgaben inzwischen die astronomische Summe von 2.100 Mrd. Dollar erreicht.[23] Davon entfallen allein 1.190 Mrd. Dollar auf die NATO-Staaten.[24] Das sind 18-mal so viel wie die Ausgaben Russlands und 4-mal so viel wie die Chinas. Ein Bruchteil dieser Milliarden würde ausreichen, um den weltweiten Hunger zu beenden,[25] allen Menschen medizinische Versorgung und den Zugang zu Bildung zu ermöglichen.
Die gegenwärtigen und zukünftigen Krisen können nicht mit immer größeren Waffenarsenalen, nicht durch kapitalistische Konkurrenz und nicht durch Großmachtrivalität gelöst werden, sondern nur durch internationale Kooperation.[26]
Um die größte Herausforderung unserer Zeit, die Klimakatastrophe aufzuhalten, sind internationale Kooperation und Investitionen in Billionenhöhe nötig.[27] Doch selbst die völlig unzureichenden Reparationszahlungen an die armen Länder des Südens für Klimaschäden werden nicht eingehalten.[28]

  • Schluss mit der ökonomisch und militärisch erzwungenen Ausbeutung des globalen Südens!

 

Fluchtgründe beseitigen statt Flüchtende bekämpfen

Kriege, Klimawandel, Armut, politische Verfolgung und Menschenrechtsverletzungen treiben Millionen Menschen zur Flucht.[29] Nur wenige von ihnen erhalten in Deutschland Schutz.[30] Die Bundesregierung ist für die meisten dieser Fluchtgründe mitverantwortlich. Ungerechte Wirtschafts- und Handelsbeziehungen, Sanktionen und Krieg zerstören die Lebensgrundlagen in den Ländern des Globalen Südens.[31] Doch Deutschland und die EU schotten sich ab, treiben Flüchtende unter Missachtung der Menschenrechte illegal zurück[32] und lassen jedes Jahr Tausende im Mittelmeer ertrinken.[33] Damit finden wir uns nicht ab.

  • Schluss mit dieser zerstörerischen Politik!

Unsere Solidarität gehört allen Flüchtenden. Wir begrüßen die unkomplizierte Aufnahme der Menschen, die aus der Ukraine flüchten, fordern dies aber auch für alle anderen, die aus ihren Heimatländern fliehen müssen.[34]

  • Frontex abschaffen, die Bekämpfung von Geflüchteten beenden! Kein Mensch ist illegal!

 
Geht mit uns auf die Straße für Abrüstung und gegen Kriegsvorbereitung, für weltweite soziale Gerechtigkeit, für Solidarität mit den Flüchtenden und für einen demokratischen, sozialen und ökologischen Umbau der Gesellschaft.

Engagiert Euch – werdet aktiv, denn Friedenspolitik, Abrüstung und konsequenten Klimaschutz wird es nur durch wachsenden gesellschaftlichen Druck und eine starke außerparlamentarische Bewegung geben.

 

Aktionsbündnis gegen die NATO-Sicherheitskonferenz

 

Kommt zur Demonstration am Samstag, 

den 18. Februar 2023

um 13 Uhr in München am Stachus

 

Aktionsbündnis gegen die NATO-Sicherheitskonferenz

Sachlichkeit ist uns wichtig, unsere Quellenangaben:

[01] Verkaufte der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz Termine und Kontakte, Der Tagesspiegel (17.02.2022)

[02] Münchner Sicherheitskonferenz: NATO und EU stehen Seite an Seite, BMVg (19.02.2022)

[03] Die Nato hilft der Vormachtstellung der USA praktisch und ideell, SWP (30.08.2018)

[04] Strategisches Konzept der NATO 2022, Auswärtiges Amt (29.06.2022)

[05] Ukraine: More than 14,000 casualties to date, United Nations (09.09.2022)

[06] Ukraine Refugees Situation, UNHCR

[07] Report on the human rights situation in Ukraine, UNHCR (15.06.2014)

[08] Dekret 117/2021 des Präsidenten der Ukraine (24.03.2021)

[09] Jelzin bleibt bei striktem Nein zur NATO-Erweiterung, Tagesspiegel (22.03.1997)

[10] Ende des INF-Vertrags, Auswärtiges Amt (02.08.2019)

[11] USA kündigen ABM-Vertrag, Der Spiegel (13.12.2001)

[12] Poroshenko: Ukraine Seeking NATO Membership Action Plan, Radio Free Europe (10.03.2018)

[13] Ukraine schreibt Beitritt zur EU und Nato als Ziel in die Verfassung, Handelsblatt (07.02.2019)

[14] Putin will mit Biden über Sicherheitsgarantien reden, WELT (06.12.2021)

[15] Nato und USA beantworten Russlands Forderung, ZDF (26.01.2022)

[16] Aufruf 2016, Aktionsbündnis gegen die NATO-Sicherheitskonferenz (13.02.2016)

[17] Mehr als 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr – für unsere Sicherheit, BMVg (27.02.2022)

[18] Wie viel Deutschland bereits für Waffen ausgibt, Frankfurter Rundschau (27.04.2022)

[19] Kirchen kritisieren neuen Rekordwert, evangelisch.de (16.09.2022)

[20] Lambrecht will Regeln für Rüstungsexporte lockern, Süddeutsche Zeitung (12.09.2022)

[21] Deutschland exportiert mehr Kriegswaffen, Frankfurter Allgemeine (22.04.2022)

[22] Eine „hochproblematische“ Entscheidung, Tagesschau (06.10.2022)

[23] Militärausgaben erreichen Rekordniveau, Süddeutsche Zeitung (25.04.2022)

[24] Defence Expenditure of NATO Countries 2014-2022, NATO (27.06.2022)

[25] Historisches Versagen der G7 angesichts multipler Krisen, Oxfam Deutschland (28.06.2022)

[26] UN-Generalsekretär Guterres: Erklärung zum Tag der Vereinten Nationen (24. Oktober 2022)

[27] Menschheit vor Wahl zwischen Klimasolidarität und kollektivem Selbstmord, Stern (07.11.2022)

[28] Climate Finance and the USD 100 Billion Goal, Organisation for Economic Co-operation and Development

[29] Zahlen & Fakten zu Menschen auf der Flucht, UNHCR

[30] Anerkannt in Griechenland, abgelehnt in Deutschland, Pro Asyl (12.04.2022)

[31] Auch Deutschland hat Schuld an Flucht und Terror, Patrick Diekmann (30.12.2020)

[32] Schwarzbuch über Pushbacks: Gewalt statt Menschenrecht, taz (09.12.2022)

[33] Flüchtlingskrise Mittelmeer, UNHCR

[34] An den polnischen Grenzen herrscht Doppelmoral, Süddeutsche Zeitung (02.04.2022)

 

Quelle: Bild-Archiv GeFiSe.V.

Rostocker - Friedensbündnis

 Das Rostocker Friedensbündnis lädt zu dieser wichtigen und interessanten Veranstaltung herzlichst ein.

Die Einladung kann gerne an alle Menschen weitergeleitet werden, die in Frieden leben möchten.

 

Wir als GeFiS e.V. unterstützen diese Veranstaltung.

Quelle: GeFiS-Archiv; Rostocker-Friedensbündnis

Veranstaltungshinweis zum Thema:
"Krieg und Frieden"

Montag, 13.02.2023

Referent: Matin Baraki

Afghanistan - Revolution, Intervention, 40 Jahre Krieg

 

Abendveranstaltung , 19:00–21:00 Uhr

Zur Einordnung der aktuellen Situation in Afghanistan muss man bis zur Revolution von 1978 zurückgehen. Mit ihr öffnete sich ein nichtkapitalistischer Entwicklungsweg, den der Westen nicht zulassen konnte. Afghanistan dürfe keine Schule machen, so US-Außenminister Henry Kissinger. Mit US-Hilfe wurden die islamistischen Mudjaheddin, die Taliban und Al-Qaida aus der Taufe gehoben und mit Waffen versorgt. Es geht um die Frage, wer den Taliban und warum zur Macht verhalf – und warum sie weichen mussten, bevor sie wiederkamen.

Darüber sprechen wir am 13. Februar Januar 2023, 19 Uhr, mit Matin Baraki.

 

Ort: MEZ, Spielhagenstraße 13, 

10585 Berlin-Charlottenburg, nahe U-Bhf. Bismarckstraße (U2 und U7) und Bus 109.

Kostenbeitrag: 3 Euro

Schützt bitte euch und andere, indem ihr die Mund- und Nasenschutzmaske auch im MEZ tragt.

Quelle: MEZ, Jan. 2023

 

Kampf für den Frieden

Aus: Ausgabe vom 10.02.2023, Seite 8 / Abgeschrieben

Nie wieder Krieg von deutschem Boden!

 

Zur Debatte um die Wiedereinführung der Wehrpflicht erklärte Lars Leopold, Landesvorsitzender der Partei Die Linke Niedersachsen, am Donnerstag:

Kaum vereidigt, liebäugelt der neue Verteidigungsminister Boris Pistorius mit einem Comeback der Wehrpflicht. Klar, wer die Aufgabe hat, die Bundeswehr im Eiltempo mit einem 100-Milliarden-Sondervermögen hochzurüsten, braucht auch Kanonenfutter. Doch weder der aktuelle Krieg in der Ukraine noch künftige Konflikte lassen sich mit einer hochgerüsteten deutschen Streitmacht lösen. Deutschland sollte angesichts seiner Geschichte kein Staat sein, der Konflikte befeuert oder aktiv an ihnen mitwirkt, im Gegenteil: Von deutschem Boden darf nie wieder Krieg ausgehen! Deshalb lehnen wir die Wehrpflicht als rückwärtsgewandte Idee strikt ab. Sie gehört nicht nur ausgesetzt, sondern abgeschafft. Statt wieder Zehntausende junge Menschen zum Zwangsdienst an der Waffe zu rekrutieren und in Kasernen aufs Töten zu trimmen, sollte die Bundesregierung lieber ein Konzept vorlegen, wie Kriegseinsätze beendet und die Soldatinnen und Soldaten nach Hause zurückgeholt werden können. Die Gelder, die für einen antiquierten Kriegsdienst wie die Wehrpflicht verfeuert würden, wären im Gesundheitswesen oder in der Bildung besser investiert. (…)

Die deutsche Sektion der Internationalen Ärzte zur Verhütung des Atomkrieges / Ärzte in sozialer Verantwortung (IPPNW) kritisierte am Mittwoch eine Umfrage im Auftrag der Münchner »Sicherheitskonferenz«:

 

Die ärztliche Friedensorganisation IPPNW kritisiert eine in der Ukraine durchgeführte Umfrage der Münchner Sicherheitskonferenz als gezielte Auftragsforschung. Die Ergebnisse würden genutzt, um vermehrte Aufrüstung zu legitimieren und eigene Ziele voranzutreiben, so die Mediziner*innen. In der Umfrage sprechen sich die befragten Ukrainer*innen mehrheitlich für eine Fortsetzung des Kampfes gegen Russland aus – selbst im Falle des russischen Einsatzes einer »taktischen Atomwaffe«.

Die IPPNW-Vorsitzende Dr. med. Angelika Claußen, Expertin in der psychotherapeutischen Behandlung von Kriegstraumatisierten, urteilt: »Die befragten Ukrainer*innen befinden sich seit fast einem Jahr im Überlebensmodus. Da müssen sich alle entscheiden, entweder Kampf ums tägliche Überleben bzw. Kampf an der Front oder Flucht. Aus psychotraumatologischer Sicht ist es für betroffene Kämpfer bzw. die Zivilbevölkerung im Krieg unerlässlich, jegliche Gefahren für Leib und Leben systematisch und möglichst komplett auszublenden, um überleben zu können. So reagieren Menschen überall auf der Welt in Kriegsgebieten. Diejenigen Menschen, die das nicht können, brechen psychisch zusammen und erleiden posttraumatische Belastungsstörungen.« (…)

Gefühle von Realangst als Warnung für die drohende Gefahr sind dann besonders schädlich. Sie müssen abgespalten werden. Schaffen die Betroffenen das nicht, entstehen zersplitterte Persönlichkeiten, oder gelähmte, von Angst überwältigte Persönlichkeiten. Durch diese Art der Befragung in der Umfrage der Münchner Sicherheitskonferenz werden die betroffene Menschen aus der Ukraine zum Propagandainstrument gemacht. »Für mich ist das eine sehr sorgfältig und intelligent vorbereitete Kriegspropaganda im Dienste von Kriegsbefürwortern und der Waffenindustrie, die suggerieren will, dass weitere Waffenlieferungen und weitere Eskalation des Ukraine-Krieges alternativlos sind“, so Dr. med. Angelika Claußen. (…)

Quelle: junge Welt v.10.02.2023/ Florian Gaertner/IMAGO/photothek

Soldaten des Wachbataillons der Bundeswehr

 Kampf für den Frieden

Aus: Ausgabe vom 08.02.2023, Seite 8 / Inland

KUNDGEBUNG GEGEN KRIEG

»Wir zeigen Regierung und Rheinmetall die rote Karte«

Migrantische und Friedensgruppen protestieren am Sonnabend vor Firmensitz der Waffenschmiede. Ein Gespräch mit Süleyman Gürcan

Interview: Henning von Stoltzenberg

 

Süleyman Gürcan ist Vorsitzender der ATIK (Konföderation der Arbeiterinnen und Arbeiter aus der Türkei in Deutschland)

An diesem Sonnabend planen Sie eine Protestkundgebung vor dem Firmensitz des Waffenherstellers Rheinmetall in Düsseldorf. Was ist der konkrete Anlass?

Das war die Zusage der Bundesregierung über die Lieferung von »Leopard 2«-Panzern an die Ukraine. Aktuell liefern sich viele EU- und NATO-Staaten einen regelrechten Wettbewerb bei dem Versenden von schweren Waffen an Kiew, obgleich dadurch der Krieg nur verlängert wird. Das ist ganz offensichtlich die Strategie der westlichen Militärallianz.

Dabei spielen insbesondere deutsche Rüstungskonzerne eine maßgebliche Rolle. Bereits beim sogenannten Ringtausch lieferten die hiesigen Konzerne verschiedene Waffengattungen an die Ukraine. Einer der wichtigsten Produzenten ist die Rheinmetall AG. In diesem Sinne ist es sehr wichtig, der deutschen Regierung und dem Konzern die rote Karte zu zeigen. Dass die Waffenschmieden keine oder kaum Steuern bezahlen und ihre Produktion sogar noch mit Steuergeldern finanziert wird, ist ein weiterer Punkt, auf den wir bei der Protestkundgebung hinweisen werden. Entgegen anderslautender Bekundungen der Bundesregierung ist Deutschland bereits Kriegspartei und sorgt dafür, dass die Situation zusehends eskaliert. Noch gravierender ist, dass es nicht bei den Lieferungen der »Leopard 2«-Panzer bleiben wird. Bereits jetzt denken Politik und Rüstungsindustrie über Kampfflugzeuge für Kiew nach.

Wer beteiligt sich an der geplanten Aktion?

Die Initiative für die Kundgebung kam von unserem Bundesvorstand. Wir haben die Einladung bisher an zwei Dutzend Parteien sowie antifaschistische und friedenspolitische Organisationen geschickt und hoffen auf die Teilnahme vieler Menschen.

 

In manchen, angeblich linken Kreisen werden die Waffenlieferungen begrüßt. Können Sie das nachvollziehen?

Für uns ist die Sache klar: Wer sich »links« nennt, kann auf keinen Fall für die Lieferung von Kriegswaffen durch westliche Staaten sein. Wir grenzen uns klar gegenüber den angeblich linken Organisationen ab, die das anders sehen. Der Krieg in der Ukraine ist ein Stellvertreterkrieg zwischen NATO und Russland. Wir verurteilen diesen Krieg, der von Russland begonnen wurde – wissen aber sehr wohl, dass die NATO ihn provoziert hat und nicht daran interessiert ist, dass er schnell beendet wird. Das klare Ziel der westlichen Staaten wurde von deutschen Regierungsvertretern mehrfach definiert: »Russland darf diesen Krieg nicht gewinnen.« Hierbei geht es insbesondere um die Schwächung der »militärischen Fähigkeiten« von Moskau und die langfristige Abhängigkeit der osteuropäischen Staaten von Waffen aus den NATO-Staaten. Die Militärallianz und die USA werden absehbar China als nächstes Ziel ins Visier nehmen.

Bei der Bewertung des Krieges in der Ukraine unterscheiden wir uns klar von sogenannten Linken, die die eigentlichen Absichten der NATO verkennen, aber auch von denen, die den Krieg von Russland als »Verteidigung« sehen. Es ist ein Krieg von imperialistischen Staaten.

Wie kann die Friedensbewegung etwas an der Situation verändern?

Die Mittel sind begrenzt. Die Herrschenden besitzen die zentralen Kommunikationsmittel und nutzen sie schamlos für ihre Kriegspropaganda aus. Somit bleibt uns vor allem der Protest auf der Straße. Dabei sind wir sehr wohl in der Lage, die westliche Kriegstreiberei zu stoppen, wenn wir viele und entschlossen sind. Dieser Krieg wird auf Kosten von Werktätigen, Arbeiterinnen und Arbeitern sowie von akuter Armut betroffenen Menschen geführt. Daher müssen wir dafür sorgen, dass die Produktion in den Rüstungskonzernen stillsteht und die Öffentlichkeit über die wahren Pläne der Regierung und der Rüstungsindustrie aufgeklärt wird.

Schon heute leiden Millionen von Menschen unter der Last dieses Krieges, hungern oder frieren. Viele verkennen, dass die Gefahr eines dritten Weltkrieges größer ist als je zuvor. Wir dürfen nicht vergessen: Wenn es zu einem dritten Weltkrieg kommt, wird die Menschheit ausgelöscht.

Quelle: junge welt: 08.02.2023/ Federico Gambarini/dpa

Demonstration vor der Düsseldorfer Rheinmetall-Firmenzentrale (10.5.2022)

Kampf für den Frieden

Frieden mit Russland! – Zwei ehemalige Generäle der DDR rufen zum Protest auf

31 Jan. 2023 08:04 Uhr

Zwei offene Briefe an die russische Botschaft schlagen bereits erste Wellen in der Zivilgesellschaft im Osten Deutschlands. Generäle der Nationalen Volksarmee der DDR protestieren darin gegen den Kriegskurs der Bundesregierung – und fordern "Frieden mit Russland!"

Von Rainer Rupp

 

Gestern, am 30. Januar, wurden dem Verteidigungsattaché bei der Botschaft der Russischen Föderation in der Bundesrepublik Deutschland, Sergej Tschuchrow, zwei offene Briefe von zwei ehemaligen Generälen der Nationalen Volksarmee der DDR übergeben.

 

In diesen beiden Briefen, die sich gut ergänzen, legen Generalleutnant a.D. Manfred Grätz, ehemaliger stellvertretender Minister, und Generalmajor a.D. Sebald Daum ihre Standpunkte zur aktuellen Kriegshysterie in Deutschland und der NATO dar. Im Gegensatz zum gefährlichen Geschwurbel der politischen und medialen Eliten "im besten Deutschland, das es je gab", mangelt es diesen beiden Briefen weder an Klarheit noch an analytischer Schärfe. Zugleich reflektieren sie bewegende persönliche Erinnerungen an die Schrecken des Zweiten Weltkrieges.

Unter der Überschrift "Deutsche Panzer gegen Russland ‒ Aufruhr meines Gewissens" schreibt Generalleutnant a.D. Manfred Grätz zum Beispiel, dass es bei dem "häufigen Geschwätz über die Frage, ob wir denn nun schon Kriegspartei sind oder nicht", oft darum geht, "auszuloten, ob wir (in der Eskalation) nicht noch einen Schritt weiter gehen dürfen oder nicht". Für General Grätz sind die Fronten jedoch längst klar. "Wir sind mittendrin (im Krieg). Was sollte man denn sonst noch tun müssen, wenn man schon Panzer und andere schwere Waffen geliefert hat, mit dem 'hehren' Ziel, Russland zu besiegen?"

 

Besonders gefährlich seien Politiker und sogenannte Experten, die in Talkshows oder bei anderen Gelegenheiten vollkommen ahnungslos und leichtsinnig über das Thema "Eskalation" sinnieren, vielleicht mit Kernwaffen, mit "kleinen taktischen" zunächst. Hiroshima und Nagasaki sind offensichtlich vergessen. Sollen wir alle lernen, die Atombombe zu lieben.

 

Unter dem Titel "Protest gegen die weitere Unterstützung der Ukraine mit Panzern und anderem schweren Kriegsgerät durch Deutschland" fragt Generalmajor a.D. Sebald Daum: "Hat man vergessen, dass nicht Russland an die Grenzen Deutschlands oder der EU herangerückt ist, sondern die NATO-Truppen heute an den Grenzen Russlands stehen?". Dann erinnert er daran, dass es die USA und die NATO waren, die 2014 in der Ukraine einen Staatsstreich organisiert haben, den gewählten Präsidenten außer Landes vertrieben und die Ukraine militärisch aufgerüstet und gegen Russland in Stellung gebracht haben, damit sie acht Jahre Krieg gegen das eigene Volk führen konnte und geführt hat. Und er fragt weiter:

 

"Ist das jetzt der Dank für all das, was die Sowjetunion und Russland für Deutschland getan haben?"

 

Und diese Liste der guten Taten ist beeindruckend, vor allem deshalb, weil man so etwas in unseren sogenannten "Qualitätsmedien" nie zu sehen bekommt, denn die tun alles, um Positives über Russland möglichst schnell im Gedächtnisloch verschwinden zu lassen. So wird zum Beispiel nie thematisiert, dass trotz der 27 Millionen sowjetischen Opfer der deutschen Faschisten die Rote Armee und das sowjetische Volk nach 1945 "nicht Gleiches mit Gleichen vergolten und Deutschland nicht mit Hass überzogen haben, wie es zurzeit schon wieder in Deutschland gegen Russland getan wird".

 

Am Ende seines Briefes ruft Generalleutnant a.D. Manfred Grätz alle Ehemaligen und deren Freunde und Sympathisanten dazu auf, persönlich Flagge zu zeigen: "Schreibt, in welcher Form und in welchem Medium auch immer, und vergesst Name und Dienstgrad nicht", heißt es da. Und weiter:

 

"Sucht und findet unsere Verbündeten, besucht auch deren Veranstaltungen."

 

Bemerkenswert ist, dass bei diesen Ausführungen jegliche parteipolitische Orientierung fehlt. Wahrscheinlich soll damit betont werden, dass all diejenigen Verbündete sind, die sich für Frieden mit Russland einsetzen, wobei es keine Rolle spielt, mit welchen im Bundestag vertretenen politischen Parteien sie sympathisieren oder welchen sie sich noch zugehörig fühlen. Dieser Standpunkt scheint vor allem in den östlichen Ländern ein Trend zu werden, wo sich Menschen nicht länger von Kriegstreiber-Parteien und -Medien vorschreiben lassen wollen, mit wem sie auf der Straße für Frieden mit Russland demonstrieren.

Die beiden Briefe der zwei Generäle haben im Osten Deutschlands bereits Wellen geschlagen. So hat beispielsweise das Ostdeutsche Kuratorium von Verbänden (OKV) mit seinen knapp 30 Verbänden, von denen einige im ganzen Land verbreitet sind und noch vieltausendköpfige Mitgliederschaften haben, alle Mitglieder, Sympathisanten und andere besorgte Bürger aufgerufen, analog ihre Stimme zu erheben und ihre Meinung kundzutun.

 

Die beiden Briefe dokumentieren wir hier im Wortlaut:

 

Brief eins:

 

Deutsche Panzer gegen Russland ‒ Aufruhr meines Gewissens

 

Von Manfred Grätz, Generalleutnant a.D.

 

"Es ist wieder so weit. Von ungezählten Menschen befürchtet, von einer geschichtsvergessenen oder die Geschichte arrogant missachtenden Minderheit, die sich berufen fühlt, unser Land zu regieren und in Vasallentreue dem transatlantischen Bündnispartner folgt, herbeigesehnt und -geredet, von einer einmalig gleichgeschalteten Medienlandschaft eifrig unterstützt und nunmehr vom Bundeskanzler offiziell verkündet. Panzer gen Osten ist beschlossenen Sache.

 

Bei vielen Menschen sträuben sich die Haare, werden ungute Erinnerungen wach, auch bei mir. Damals waren es noch kindliche Erinnerungen.

 

Geboren 1935 bin oder war ich faktisch noch ein Kind des 2. Weltkrieges. Zu jung, um schon für den Waffengang des deutschen Faschismus missbraucht zu werden, aber alt genug, um zu verstehen, dass Krieg nur unermessliches Leid, Elend und menschenverachtende Vernichtung bedeutet. Ich verlor meinen Vater. Ein herzlos kalter Brief seines Kompaniechefs vermeldete, dass er offensichtlich 'in heldenhaften Abwehr-Kämpfen gegen den bolschewistischen Feind für Führer, Volk und Vaterland gefallen sei…'.

 

Gelegentlich tauchen auch schlaglichtartig Erinnerungen auf, wie wir als halbwüchsige Jungen am Bahndamm saßen und die vielen Militärtransporte beobachteten, mit riesigen weißen Lettern beschriftet: 'Räder müssen rollen für den Sieg.' Heute heißt es: 'Deutsche Panzer Richtung Russland.' Parallelen, Ähnlichkeiten sind wohl unschwer zu erkennen. Bombennächte, Fliegeralarm, das brennende Chemnitz unweit meines Dorfes vor Augen, all das trug dazu bei, dass ich schon als Kind den Krieg hassen lernte und den Frieden herbeisehnte. Das Ende des Krieges erlebte ich schließlich als Befreiung Deutschlands vom Faschismus durch die Sowjetarmee.

 

Seit jenen Ereignissen sind nahezu acht Jahrzehnte vergangen. Aus dem damals halbwüchsigen Jungen ist ein 88-Jähriger geworden, in ereignisreicher geschichtsträchtiger Zeit ein erfülltes Leben hinter sich.

38 Dienstjahre für die Erhaltung des Friedens in unserer Nationalen Volksarmee, davon sechs Jahre Studium in der SU, gehören dazu. Ich bekenne mich freimütig, ich liebe dieses Land, wohl wissend, dass das heutige Russland nicht mehr mit der SU vergleichbar ist. Aber die Menschen, deren Väter und Großväter für ihr Vaterland gegen den deutschen Faschismus gekämpft und auch uns befreit haben, sind geblieben. Warmherzige, liebenswerte Menschen, Freunde!

 

All das und noch viel mehr geht mir durch den Kopf vor dem Hintergrund all dessen, was sich gegenwärtig ereignet. Der Geist ist noch wach, auch nach 88 Jahren.

 

Es ist eine ganze Gemengelage an Gefühlen und Empfindungen, die mich bewegt, dominiert von Wut und Enttäuschung. Wut kocht in mir hoch, wenn ich die völlig haltlose einseitige Schuldzuweisung an Russland, in der Regel personell an Putin verfolgen muss, an Putin, den Aggressor, Putin den Kriegsverbrecher. Putin ist an allem schuld, was gegenwärtig in der Welt passiert. Vergessen oder bewusst verschwiegen die gesamte Vorgeschichte des Krieges in der Ukraine, vergessen der Wortbruch des Westens bezüglich der NATO-Osterweiterung, vergessen die Rede Putins vor dem Bundestag anno 2001, in der er die Hand ausstreckte, friedliche Zusammenarbeit anbot und dann mit standing ovations verabschiedet wurde, vergessen auch die Rede auf der Münchner Sicherheitskonferenz 2007, als er die NATO-Osterweiterung als Bedrohung russischer Sicherheitsinteressen ansprach.

 

Wut kommt auf, wenn Frau Baerbock, immerhin Außenministerin unseres Landes und höchste Diplomatin, völlig ahnungslos und bar jeglichen diplomatischen Geschicks oder gar Anstands vom Leder zieht 'Wir werden Russland ruinieren'.

 

Auf etwa der gleichen Ebene liegt das häufige Geschwätz über die Frage, ob wir denn nun schon Kriegspartei sind oder nicht, oft dabei den Anschein erweckend, zu suchen und auszuloten, ob wir denn nicht noch einen Schritt weiter gehen dürfen oder nicht. Für mich brotlose Kunst. Längst sind die Fronten klar. Wir sind mittendrin. Was sollte man denn sonst noch tun müssen, wenn man schon Panzer und andere schwere Waffen geliefert hat mit dem 'hehren' Ziel, Russland zu besiegen? Gefährlich auch, wenn Politiker und sog. Experten in Talkshows oder bei anderen Gelegenheiten über das Thema Eskalation, vielleicht mit Kernwaffen, mit 'kleinen taktischen' zunächst, sinnieren, ahnungslos und leichtsinnig. Vergessen schon Hiroshima und Nagasaki, jene zwei japanischen Städte, die das Opfer des ersten Atombombenabwurfes auf bewohntes Territorium wurden, ohne jede militärische Notwendigkeit. Zu diesem Zeitpunkt war der 2. Weltkrieg längst entschieden, in Europa, wie auch in Fernost. Und das waren bekanntlich nicht die Russen! Vergessen all das Leid und Elend, all die nach Zehntausenden zählenden Toten, und die Jahrzehnte währenden Langzeitwirkungen, die diese nach heutigen Maßstäben 'zwei kleinen Kaliber' bewirkten. Unvorstellbar und verantwortungslos ein solches Spiel mit dem Feuer in der Gegenwart! Da sage ich als ehemaliger Militär all jenen, die an ein solches Abenteuer nur denken: Kriegsverbrechen!

 

Apropos Kriegsverbrechen! Spricht da noch jemand davon im Zusammenhang mit Hiroshima und Nagasaki? Vergessen! Zu den Akten gelegt, das bis dato größte Kriegsverbrechen der Menschheitsgeschichte, begangen von den USA.

 

Nicht nur bedauerlich, sondern auch besorgniserregend finde ich, dass unsere in Regierungsverantwortung stehenden Politiker auch noch beratungsresistent sind. Ich denke hier dabei an die Tatsache, wie die Meinung erfahrener Militärs, Spezialisten ihres Berufes, mehr und mehr in den Hintergrund tritt, besser getreten wird, sie nicht mehr für die Öffentlichkeit wahrzunehmen ist. Muss es nicht bedenklich stimmen, wenn ein General Kujat, exzellenter Kenner der Materie, auch oder besonders der NATO, seine beachtenswert realen Einschätzungen der Lage in einem Schweizer Journal unterbreiten muss? Oder wenn sich ein General Vad, ehemaliger militärischer Berater von Frau Merkel, im Journal EMMA von Alice Schwarzer äußert (nicht missverstehen, Respekt für Frau Schwarzer!).

 

Oder wenn sogar der Generalstabschef der US-Armee, General Milley, für seine reale Einschätzung der Lage in der Ukraine von der Biden-Administration einen Rüffel einstecken musste und über seine Erkenntnisse der Mantel des Schweigens ausgebreitet wird?

 

Von anderen Militärs, gar von Ehemaligen aus der NVA, will ich hier gar nicht sprechen, die könnten ja die Russen gut kennen!

 

Alles nach dem Motto 'Es kann nicht sein, was nicht sein darf'. Es bleibt dabei, mit deutscher Vasallentreue folgen wir getreu der auf die Weltherrschaft ausgerichteten Kriegspolitik der USA, unseres wichtigsten transatlantischen Verbündeten. Quo vadis, Deutschland? Frage ich mich da. Oder um es mit Heinrich Heine zu sagen: 'Denk ich an Deutschland in der Nacht, so werd' ich um den Schlaf gebracht!'.

 

Noch ein Wort an alle Mitglieder und Sympathisanten unseres Verbandes, an meine Genossen und Freunde.

 

Erhebt Eure Stimme, versteckt Euch nicht.

 

Schreibt, in welcher Form und in welchem Medium auch immer, und vergesst Name und Dienstgrad nicht.

 

Sucht und findet unsere Verbündeten, besucht auch deren Veranstaltungen.

 

Gemeinsam sind wir stärker.

 

Geht mit auf die Straße, sofern Ihr noch rüstig und mobil seid. Redet mit den Leuten, trotz unterschiedlicher Interessen, die dort vertreten sind.

 

Krieg will von den Demonstranten keiner.

 

All das sagt mir mein Gewissen. Bitte, prüft auch das Eure."

Brief zwei:

 

Protest gegen die weitere Unterstützung der Ukraine mit Panzern und anderem schweren Kriegsgerät durch Deutschland

 

Von Sebald Daum, Generalmajor a.D.

 

"Mit der Entscheidung des Bundeskanzlers der BRD Herrn Scholz und seiner Regierung, nun doch der Ukraine 14 'Leopard-2' Panzer zu liefern und den anderen Ländern der NATO es zu gestatten, auch diese Leopard-Panzer der Ukraine zur Verfügung zu stellen, tritt Deutschland in eine neue Phase der Kriegsbeteiligung gegen Russland ein und verwirklicht so die Aussage seiner Außenministerin, im Krieg mit Russland zu stehen.

 

Mit dieser Entscheidung verlängert Deutschland nicht nur das Sterben in der Ukraine, sondern wird Kriegspartei. Gleichzeitig wird Russland immer mehr zum Feind des deutschen Volkes aufgebaut und man zerstört endgültig all das, was einmal wichtig war in den freundschaftlichen Beziehungen zu Russland, insbesondere im Osten sowie in der BRD insgesamt.

Ich möchte deshalb nur an einige wichtige Fakten erinnern:

 

- dass die Sowjetunion den größten Anteil an der Befreiung des deutschen Volkes vom Hitlerfaschismus hat mit über 27 Millionen Toten,

 

- dass nach 1945 die Rote Armee und das sowjetische Volk nicht Gleiches mit Gleichen vergolten und Deutschland mit Hass überzogen haben, wie es zurzeit schon wieder in Deutschland gegen Russland getan wird,

 

- dass die Sowjetunion und Russland entscheidend waren für die Wiedervereinigung Deutschlands, denn ohne ihre Zustimmung hätte es kein 'Einig Deutsches Vaterland' gegeben,

 

- dass Russland seine Besatzungstruppen freiwillig, im guten Glauben an gute nachbarliche Beziehungen, abgezogen hat, während die amerikanischen Besatzungstruppen weiter im Lande sind,

 

- dass Russland zugestimmt hat, dass Deutschland nicht neutral, sondern in der NATO bleiben darf,

 

- dass nicht Russland an die Grenzen Deutschlands oder der EU herangerückt ist, sondern die NATO-Truppen heute an den Grenzen Russlands stehen,

 

- und letztlich sei daran erinnert, dass es die USA und die NATO waren, die 2014 in der Ukraine einen Staatsstreich organisiert, den gewählten Präsidenten außer Landes vertrieben und die Ukraine militärisch aufgerüstet und gegen Russland in Stellung gebracht haben, damit sie 8 Jahre Krieg gegen das eigene Volk führen konnte und geführt hat.

 

Hat man das alles vergessen, ist das jetzt der Dank für all das, was die Sowjetunion und Russland für Deutschland getan haben, oder sind wir schon wieder so weit, ein drittes Mal gegen Russland in den Krieg zu ziehen? Sollen deutsche Panzer 'Leopard', wie einst deutsche 'Tiger', gegen Russland rollen. Hat man die Ergebnisse von Stalingrad und Kursk so schnell vergessen, oder will man diese Niederlagen revidieren?

 

'Nie wieder Krieg' galt in Deutschland als ungeschriebenes Gesetz. Nie wieder darf in Deutschland deshalb Hass und Kriegsgeschrei gegen Russland die Oberhand gewinnen, nie wieder darf ein 'Wollt ihr den totalen Krieg'-Geschrei uns gegen die Völker Russlands aufhetzen.

 

Deshalb erhebe ich meine Stimme zum Protest, gegen diese Lieferung von Panzern und anderem schweren Kriegsgerät durch Deutschland, die für die Verlängerung des Krieges und des Mordens in der Ukraine stehen. Mögen die Stimmen der Vernunft die Oberhand gewinnen und mögen Unzählige in diesem Sinne mithelfen, den Krieg zu verhindern."

https://www.podbean.com/ep/pb-n6aau-13789f1

Quelle: rtde.v.31.01.2023

 

Kampf für den Frieden

Am Rande des Abgrunds

 

29. Januar 2023 um 11:45

Ein Artikel von Bernhard Trautvetter

Vor 109 Jahren, in den Monaten vor der Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts, dem ersten Weltkrieg, herrschte im Deutschen Reich Kriegseuphorie vor. Katastrophen der Menschheitsgeschichte, die Ähnlichkeiten zu vergangenen Katastrophen aufweisen, zeigen, wie wenig die Menschheit am Rande des Abgrunds aus dem Vergangenen gelernt hat. Das erste Mal ist es eine Katastrophe, das zweite Mal wird aus ihrer Tragik ein Abgrund. Das dritte Mal droht das Ende. Vor jedem der zwei Weltkriege peitschten die Herrschenden mit Kriegspropaganda die Menschen in den Wahn des Militarismus. So auch heute. Von Bernhard Trautvetter.

 

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In seiner Thronrede zur Kriegserklärung beteuerte Kaiser Wilhelm II, sein Möglichstes getan zu haben, um diesen Krieg zu verhindern. Der jetzt erfolgende Verteidigungskrieg gegen Frankreich und Russland sei „Ergebnis eines seit langen Jahren tätigen Übelwollens … In auf gedrungener Notwehr mit reinem Gewissen und reiner Hand ergreifen wir das Schwert.“

 

Karl Liebknecht kritisierte seine sozialdemokratischen Parteigenossen wegen der Unterstützung der Kriegskredite in der Reichstagsfraktion: “Selbst vom denkbar ‘nationalsten’ Standpunkt aus hat unsere Fraktion einen ungeheuerlichen Fehler gemacht. Durch ihre Zustimmung hat sie zugleich alle Dämme niedergerissen …“

Karl Liebknecht war der einzige seiner Fraktion, der gegen die Kredite stimmte.

Der Spiegel berichtete am 24.9.2013: „Im Januar 1916 entzog die Mehrheit der SPD-Abgeordneten im Reichstag Liebknecht die Rechte eines Fraktionsmitglieds, um den – aus ihrer Sicht wie jener der Militärs – gefährlichsten Kriegsgegner zu isolieren.“

 

Die Propaganda einer vermeintlichen ‚Unschuld‘ des Deutschen Reiches kann nur unter Ausblendung der Archivforschung vertreten werden.

 

Die heutige Entwicklung der SPD erinnert fatal an die Zeit vor über einem Jahrhundert. Nicht nur die Bündnisgrünen haben weitgehend friedensorientierte Positionen verlassen, sondern auch die SPD. Die SPD verlässt Egon Bahrs, Willy Brandts, Klaus von Dohnanyis und Erhard Epplers Position, dass es eine Friedensordnung in Europa nur im Sinne der KSZE-Schlussakte von 1975 und der Charta von Paris von 1990 sowie des 2+4-Vertrages zur Verneigung der beiden deutschen Staaten nur mit und nicht gegen Russland gibt. Diese völkerrechtlich verbindlichen Vereinbarungen brach die Nato-Osterweiterung, die verbunden ist mit der Aufrüstung der neuen Nato-Staaten auch mit nuklearfähigen Potentialen.

 

Aktuell exerziert die Nato, was sie ihrem Rivalen in Osteuropa schon in der Kuba-Krise verweigert hatte: Eine Stationierung nuklearfähiger sowjetischer Raketen führte 1962 zur Warnung von J.F.Kennedy, einen Atomschlag vorzunehmen, sollten diese Systeme dort nicht wieder verschwinden. Die USA würden keine solchen Potentiale der Sowjetunion ‚vor der eigenen Haustür keineswegs hinnehmen‘. Diese Situation nennen Historiker den gefährlichsten Augenblick der Geschichte.

Die transatlantischen Kräfte von den Ampel-Parteien über Nationalisten bis zu den Militärs betreiben heute eine Propaganda des Vergessens und der doppelten Standards. Was die USA nicht zulassen, praktizieren sie nach dem Unrecht des Stärkeren selbst. Dabei überspielt die Nato ihre Verletzungen völkerrechtlich relevanter Verträge, auf die Russland in seinen vor dem 24.2.2022 von der Nato barsch abgelehnten Forderungen nach Sicherheitsgarantien Wert legte.

In den Wochen vor dem 24.2.2022 gab Angela Merkel der ZEIT ein Interview, nach dem der de-eskalierende Vertrag Russlands und der Ukraine im Normandie-Format von westlicher Seite nicht auf die Einhaltung der Vereinbarung hin intendiert war. Der Vertrag verlangte von der Regierung in Kiew, mit den Separatisten in der Ostukraine in Verhandlungen über einen Autonomie-Status zu treten. Das lag nie in der Absicht dieser Kräfte, wobei sie vom Westen Unterstützung erfuhren: Nato-General Kujat verdeutlichte kürzlich, dass Frau Merkels Interview-Äußerungen bedeuteten, es sei dem Westen nicht um die Erfüllung des Minsk II-Vertrages gegangen., sondern darum, Zeit zu haben, die neue Regierung in Kiew aufzurüsten.

Die Eskalationsschritte vor der russischen Invasion in die Ukraine überspielend weist die Nato Russland die Alleinverantwortung für den Krieg zu, und sie legitimieren auf der Basis dieser Schuldzuweisung ihre gesteigerte Hoch- und Atomrüstung, die auch ökologisch nicht zu verantworten ist.

Das Archivstudium führt zu der Aussage des damaligen Präsidenten G.W.Bush aus seiner ‚State oft he Union‘-Rede vom 28.Januar 1992, also fast auf den Tag genau vor dreißig Jahren: „…das Größte, was …in der Welt geschehen ist, ist dies: Durch die Gnade Gottes hat Amerika den Kalten Krieg gewonnen.”

 

Diese Sichtweise bricht mit den völkerrechtlich relevanten Texten wie der Charta von Paris, in der der epochale Satz steht: „Sicherheit ist unteilbar, und die Sicherheit jedes Teilnehmerstaates ist untrennbar mit der aller anderen verbunden“.

Die gleiche Anforderung an die internationale Politik, ein Friedensordnung der gemeinsamen Sicherheit aufzubauen, befindet sich in der KSZE-Schlussakte für eine Sicherheitsordnung in Europa von 1975, im Vertag über die Bildung der Deutschen Einheit von 1990 und sogar in der Nato-Russland-Akte von 1997. Die Nato wusste, was sie mit den Rechtsbrüchen der Nato-Osterweiterung um 14 Staaten tut: Die Nato Strategie-Schmiede ‚Joint Air Power Competence Centre‘ bekundete auf ihrer Jahrestagung im November 2014, es sei anzuzweifeln, dass es keinen großen Krieg (major war) mehr in Europa gebe, wie es im Tagungsmaterial ‘Future Vector’ hieß S.141 hieß. Als Ausgangspunkt für diese Entwicklung machte das Manuskript Gebiete direkt westlich der russischen Westgrenze aus, Regionen bis wohin die Nato ihre Osterweiterung durchgeführt und immer weiter plant. Seite 70 gibt Antwort der Militärs auf dieses Szenario: ‚ein angemessener Mix aus nuklearen und konventionellen Kapazitäten‘ (Übersetz.: B.T.). Im November 2021 drohte dann Nato-Generalsekretär Stoltenberg auf dem Nato-Talk der Deutschen Atlantischen Gesellschaft mit der Stationierung von Atomwaffen in Osteuropa.

Hier kombiniert sich der Bruch internationalen Rechts mit einer umgekehrten Kuba-Krise.

Hinzu kommt die von allen Seiten in Kauf genommene Steigerung der Havarie-Gefahr an den 15 Atomreaktoren der Ukraine im Krieg. Die offizielle Politik der Nato-Staaten belügt die Weltbevölkerung mit ihrem Propaganda-Begriff, sie betreibe Sicherheitspolitik.

Der Aufruf zur ersten großen Demonstration der Friedensbewegung vor vier Jahrzehnten machte unter dem Motto ‚Gegen die atomare Bedrohung gemeinsam vorgehen‘ mit dem Satz auf, „80er Jahre werden mehr und mehr zum gefährlichsten Jahrzehnt in der Geschichte der Menschheit.“

Damals standen die Grünen und die Mehrheit der Sozialdemokratie auf der Seite der Friedensbewegung. Die Nato-Propaganda hat seither erfolgreich dazu beigetragen, dass das aktuell nicht mehr so ist. Ein aktueller Appell aus der Friedensbewegung vereint allerdings Persönlichkeiten aus der Grünen Partei, der SPD und Linker sowie Aktiven der Friedensbewegung aus weiteren Spektren der Bewegungen für ein Überleben in einer friedlichen und ökologischen Zukunft.

Die nächste große bundesweite Aktion der Friedensbewegung wird am 18.Februar in München den Protest gegen die Kriegspropaganda auf der Sicherheitskonferenz in die Öffentlichkeit tragen.

 

Quelle: NachDenkSeiten v.29.01.2023

Titelbild: Sergey Nivens/shutterstock.com

Menschenkette für den Frieden

Menschenkette: Protest gegen Waffenlieferungen

Artikel von dpa • Gestern um 12:36

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Rund 400 Menschen haben in Waren an der Müritz mit einer Menschenkette gegen Waffenlieferungen in die Ukraine protestiert. Die Teilnehmer versammelten sich am Samstag nach einem Aufruf der Initiative «Menschlich Stark Miteinander» entlang der Bundesstraße 192 zu einer mehrere hundert Meter langen Reihe. Anlass war eine Gedenkveranstaltung der Stadt Waren zum Internationalen Holocaust-Gedenktag. Diese fand in einem Jugendklub statt, an dem die Menschenkette begann.

Auf Transparenten standen unter anderem Losungen wie «Keine Waffenlieferungen» und «Frieden Heizung Brot, statt Waffen Krieg und Tod». Zu Zwischenfällen kam es nach Angaben der Polizei nicht. Die Initiative organisiert seit Monaten friedliche Proteste immer montags an der Müritz, die sich zuletzt immer stärker gegen die Ukraine- und Energiepolitik der Bundesregierung richteten. Dabei war auch die Lieferung von Kampfpanzern heftig kritisiert worden.

Am 27. Januar 1945 waren die überlebenden Insassen des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau von der Roten Armee befreit worden. Dieser Tag wurde in Deutschland 1996 zum Gedenktag erklärt, an dem traditionell der Opfer des Nationalsozialismus gedacht wird.

Quelle: stern v.29.01.2023 regional Meckleburg-Seenplatte

Rund 400 Menschen haben in Waren an der Müritz mit einer Menschenkette gegen Waffenlieferungen in Kriegsgebiete wie in die Ukraine protestiert. Foto

© Winfried Wagner/dpa-Zentralbild/dpa

Kampf für den Frieden

Die Gesellschaft für Frieden und internationale Solidarität e.V. unterstützt diese Initiative der Mahnwache und Kundgebung in Berlin am Brandenburger Tor.

 Quelle: Aufruf Friedenskoordination Berlin-Netzwerk gegen den Krieg.

Kampf für den Frieden

Mahnwache vor dem Brandenburger Tor in Berlin

Kundgebung am Brandenburger Tor

27.01.2023

Wir sagen NEIN – Diese Regierung handelt nicht in unserem Namen -

 

Liebe Friedensfreunde,

 

anbei ein Videolink zur heutigen Kundgebung und Fotos von der heutigen Veranstaltung am Brandenburger Tor.

Es war schon beeindruckend, dass doch schon recht viele, trotz Kurzfristigkeit des Aufrufes zu der Kundgebung gekommen sind.

 (2) 🔴 Den Krieg Stoppen! Verhandeln jetzt! - YouTube

 https://c.web.de/@400276258497239772/htiYjQs_QDaCO8WoNtspAw

 

Quelle: Friedenskoordination Berlin Netzwerk gegen den Krieg 27.1.2023

14.01.
2023

XXVIII. Internationale
ROSA-LUXEMBURG-KONFERENZ

Neben vielen weiteren Organisationen, unterstützt die "Gesellschaft für Frieden und internationale Solidarität" (GeFiS) e.V. wie im letzten Jahr bereits, diese traditionelle Konferenz.

Wir sind vom GeFiS e.V. mit einem Info-stand vor Ort vertreten und freuen uns, auf Ihren Besuch!!!!

Ist Deutschland Kriegspartei ?!

Aus: Ausgabe vom 13.01.2023, Seite 2 / Inland

KRIEG IN DER UKRAINE

»Deutschland ist längst Kriegspartei«

Pazifistischer Verband kritisiert Waffenlieferungen an Kiew und fordert Friedensverhandlungen. Ein Gespräch mit Jürgen Grässlin

Interview: Henning von Stoltzenberg

 

Jürgen Grässlin ist Bundessprecher der Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen e. V. (DFG-VK)

Sie kritisieren die Waffenlieferungen in die Ukraine. Was wird von seiten der Bundesregierung alles geliefert?

Mit einem Volumen von 2,2 Milliarden Euro war die Ukraine 2022 das Hauptempfängerland deutscher Kriegswaffen. Das seit Beginn des völkerrechtswidrigen russischen Angriffs gelieferte Waffenarsenal reicht von Handgranaten, Panzerfäusten und Maschinengewehren über Granatwerfer, »Stinger«-Flugabwehrraketen und MARS-Raketenwerfer bis hin zu »Panzerhaubitzen 2000«, »Gepard«-Flakpanzern und jüngst »Marder«-Schützenpanzern. Hinzu kommt Munition in unglaublicher Menge. Zudem drängen Waffenexportbefürworter unermüdlich auf die Lieferung von »Leopard 2«-Kampfpanzern.

Deutschland ist längst Kriegspartei geworden.

Welche militärischen Maßnahmen bezüglich der Ukraine gibt es zudem?

Wenn Slowenien im Ringtausch mit Deutschland seine T-72-Kampfpanzer in die Ukraine liefert, dann wissen die dortigen Streitkräfte diese Waffensysteme sowjetischer Bauart einzusetzen. Wenn aber jetzt schwere Waffen westlicher Bauart exportiert werden, dann müssen ukrainische Soldaten daran ausgebildet werden. Genau das passiert seitens der USA, Großbritanniens und Deutschlands.

Sie fordern die Ausweitung ziviler Hilfe. Was verstehen Sie darunter?

Die Logik der Kriegs muss endlich durchbrochen und dazu müssen sämtliche zivile Hilfsmaßnahmen genutzt werden. Aktuell zählen dazu die Lieferung von Kranken- oder Feuerwehrfahrzeugen, zudem Transporter und Material für den Wiederaufbau.

 

Friedensverhandlungen sollen nach Ihrer Vorstellung unter UN-Ägide stattfinden. Oft wird behauptet, es gäbe keinen Verhandlungswillen der Konfliktparteien. Wie ist Ihre Einschätzung?

Solange das Regime Putin die Anerkennung der völkerrechtswidrigen Annexion weiter Teile des Ostens und Südens der Ukraine zur Voraussetzung für Friedensverhandlungen macht, kann es diese nicht geben. Solange die Regierung Selenskij die Rückeroberung eines jeden Quadratmeters besetzten bzw. annektierten Landes als Voraussetzung benennt, kann es ebenfalls keine geben. Die Lösung läge in Friedensverhandlungen auf neutralem Boden ohne Vorbedingungen unter Leitung von UN-Generalsekretär António Guterres. Ziel müsste sein, Lösungen zu finden, wie etwa die Neutralität bestimmter Regionen der Ukraine unter UN-Schutz, mit Sicherheitsgarantien der USA und Russlands.

Die deutsche Außenministerin hat sich derweil in dieser Woche in Charkiw mit den Menschen vor Ort solidarisiert, aber auch weitere Waffenlieferungen gefordert.

Im ersten Moment dachte ich: Was für eine bewundernswerte Aktion. So wird der Blick der Weltgemeinschaft auf die dramatische Lage der ukrainischen Zivilbevölkerung gelenkt.

Und im zweiten Moment?

Da frage ich mich, warum Frau Baerbock im vergangenen Frühjahr nicht schon nach Nordsyrien und in den Nordirak geflogen ist, um vor Ort auf die dramatische Lage der kurdischen Zivilbevölkerung aufmerksam zu machen. Bei der alljährlich stattfindenden sogenannten Frühjahrsoffensive bombardiert die türkische Luftwaffe völkerrechtswidrig zivile und militärische Ziele. Bei der Besetzung der kurdischen Stadt Afrin wurden deutsche »Leopard 2«-Panzer eingesetzt.

Wie reagiert der Westen auf diese Kriege?

Alle westlichen Regierungen, auch die Bundesregierung, schauen trotz schwerster Menschenrechtsverletzungen beschämt weg. Denn die Türkei ist NATO-Mitglied. Wenn das Regime Erdogan im kommenden Frühjahr erneut todbringende Angriffe fliegt, dann sollte Frau Baerbock sich mit einem Vor-Ort-Besuch mit der kurdischen Zivilbevölkerung solidarisieren – das wäre glaubwürdige Friedenspolitik.

Zum Jahrestag des Kriegsbeginns gegen die Ukraine im Februar bereiten Sie Friedensaktionen vor. Was ist geplant?

Die DFG-VK unterstützt den Aufruf »Stoppt das Töten in der Ukraine – für Waffenstillstand und Verhandlungen!«. Darin benennen wir Russland als völkerrechtswidrigen Aggressor. Wir bekennen uns zu diplomatischen Initiativen, einem Waffenstillstand und Friedensverhandlungen. Am Aktionswochenende vom 24. bis 26. Februar werden bundesweit gewaltfreie Proteste stattfinden.

Quelle: junge welt v.13.01.2023/ Sven Eckelkamp/IMAGO

Bundeswehr-Soldaten zwischen »Leopard«-Kampfpanzer und dazugehöriger Munition

Kampf gegen Hochrüstung der Bundeswehr

Zur für Mittwoch geplanten offiziellen Eröffnung des Marinearsenals in Rostock-Warnemünde im Beisein von Verteidigungsministerin und Ministerpräsidentin des Landes Mecklenburg-Vorpommern erklärte das Rostocker Friedensbündnis am Dienstag:

Seit mehreren Monaten ist das neue Marinearsenal »Warnowwerft« auf dem Gelände der größten Werft der DDR bereits in Betrieb. Der Staat hat es von den insolventen MV-Werften gekauft. Der Name »Warnowwerft« soll nach zahlreichen Eigentümerwechseln und Umbenennungen ab 1990 vermutlich die Akzeptanz des Arsenals bei der Bevölkerung fördern. Die Marine wird hier aber nicht in der Tradition der Warnowwerft zivilen Schiffbau betreiben, sondern Kriegsschiffe reparieren. Versprochen werden 500 Arbeitsplätze. Wer dort arbeitet, fällt allerdings unter den Tarif des öffentlichen Dienstes und verdient damit weniger als in der Industrie. Das Verteidigungsministerium blockiert außerdem die Ansiedlung eines Herstellers von Plattformen für Offshore-Windparks in der Nachbarschaft des Arsenals. Das, was als Rettung der MV-Werften angepriesen wurde, erweist sich als schlechter Tausch.

Das Verteidigungsministerium lobt den Beitrag des Arsenals zur Einsatzbereitschaft der Marine. Es passt in sein Konzept: Die von Rostock aus gesteuerte Marine übernimmt immer mehr Führungsaufgaben in der Ostsee und darüber hinaus. Passend zum Politikerbesuch hat daher auch ein Zerstörer der US-Marine in Rostock festgemacht: eine ganz spezielle Drohgebärde im Ukraine-Krieg. Das Rostocker Friedensbündnis fordert zivile statt militärischer Arbeitsplätze und Einsatz für Waffenstillstand und Verhandlungen anstelle jeder weiteren Eskalation des Krieges.

Quelle: junge welt v.11.01.2023/ Das Minenjagdboot »Fulda« aus Kiel hat als erstes Marineschiff im künftigen Marinearsenal festgemacht (August 2022)

 Kampf um den Frieden

Aus: Ausgabe vom 11.01.2023, Seite 8 / Inland

KRIEGSKURS

»Es gab genug Chancen, aber sie wurden vertan«

Bundesregierung setzt auf Aufrüstung statt auf Friedenspolitik. Proteste gegen »Sicherheitskonferenz«. Ein Gespräch mit Claus Schreer

Interview: Kristian Stemmler

 

Claus Schreer ist Sprecher des »Aktionsbündnisses gegen die NATO-Sicherheitskonferenz«

antisiko.de/antisiko-2023/aufruf-2023

Vom 17. bis 19. Februar findet in München wieder die sogenannte Sicherheitskonferenz statt, bei der sich Staats- und Regierungschefs mit Spitzenmilitärs und Vertretern der Rüstungsindustrie treffen. Um welche Fragen wird es angesichts einer dramatisch veränderten Weltlage nach Ihrer Einschätzung gehen?

Im Vordergrund werden der Krieg in der Ukraine, die neue außen- und militärpolitische Weichenstellung der NATO gegen die Rivalen Russland und China sowie die von Bundeskanzler Olaf Scholz verkündete »Zeitenwende« stehen. Letztgenannter Begriff soll die weitreichende Militarisierung Deutschlands und Aufrüstung der NATO legitimieren.

Im Aufruf zu Ihrer Demonstration am 18. Februar wird der Angriff Russlands auf die Ukraine verurteilt, zugleich auf die Vorgeschichte verwiesen. Wie ordnen Sie diesen Krieg ein?

Im Gegensatz zur Bundesregierung, die die Kriege der NATO-Staaten gegen Jugoslawien, Afghanistan, Irak und Libyen gerechtfertigt und unterstützt hat, treten wir kompromisslos gegen jede Anwendung militärischer Gewalt ein. Deshalb verurteilen wir auch den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine, in dem zehntausende Menschen getötet und verletzt werden und das Land zerstört wird. Die Friedensbewegung hat seit Jahren die NATO-Ostexpansion und den damit verbundenen Konfrontationskurs gegen Russland kritisiert. Im Laufe der letzten 30 Jahre hat es genügend Chancen gegeben, eine Friedenspolitik zu etablieren, die dem ganzen Kontinent nützt – aber sie wurden vertan.

Wie kontrovers wurde in Ihrem Bündnis über die Position zum Ukraine-Krieg diskutiert?

 

Es gab lange Debatten, aber wir waren uns darin einig, dass es keine Rechtfertigung für den völkerrechtswidrigen Krieg Russlands gibt. Gemeinsam treten wir dafür ein, dass er so schnell wie möglich endet. Wir fordern einen sofortigen Waffenstillstand und Verhandlungen, die die Sicherheit Russlands und der Ukraine garantieren.

Halten Sie einen Waffenstillstand in absehbarer Zeit für möglich?

Die Aussichten, dass es dazu kommt, sind derzeit äußerst schlecht. Sowohl Russland als auch die Ukraine setzen auf Sieg. Immer mehr Waffenlieferungen beenden ebenso wenig den Krieg wie die Fortsetzung der Raketenangriffe Russlands. Gleichzeitig verschärft der Krieg in der Ukraine globale Probleme wie die weltweite Armut und den Hunger ebenso wie den Klimawandel. Zu einem sofortigen Waffenstillstand und zu Verhandlungen gibt es deshalb keine Alternative.

Der Ukraine-Krieg sei für die BRD der Vorwand gewesen für eine »lange geplante, gigantische Aufrüstung«, heißt es in Ihrem Aufruf. Welche Forderungen halten Sie dem entgegen?

Weltweit haben die Militärausgaben inzwischen die astronomische Summe von mehr als 2.000 Milliarden US-Dollar erreicht. Dabei können die globalen Herausforderungen nicht mit immer größeren Waffenarsenalen, nicht durch kapitalistische Konkurrenz oder durch Großmachtrivalität gelöst werden, sondern nur durch internationale Kooperation. Wir fordern deshalb eine Politik der Abrüstung und Entspannung. Wir lehnen die Aufrüstung Deutschlands mit zusätzlich 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr, die Anschaffung von bewaffneten Drohnen und von US-Kampfflugzeugen für den Einsatz der in Deutschland stationierten Atomwaffen ab. Die Bundesregierung muss dem UN-Atomwaffenverbotsvertrag beitreten und die Stationierung der US-Atomwaffen in Büchel beenden.

Ist der Widerstand gegen die sogenannte Sicherheitskonferenz durch die Debatte über den russischen Angriff geschwächt worden?

Ja, die Friedensbewegung ist derzeit in der Defensive. Wir setzen aber darauf, dass immer mehr Menschen begreifen werden, dass Aufrüstung und Krieg keine Lösung sind.

Quelle: junge welt v.11.01.2023/ Sven Eckelkamp/IMAGO

Waffen liefern statt Frieden stiften: »Panzerhaubitze 2000« der Bundeswehr während einer Übung

Kampf um Frieden und Meinungsfreiheit

In einer Stellungnahme der Friedenskoordination vom Sonntag abend zum Verfahren gegen den Aktivisten Heinrich Bücker heißt es:

Gegen den Friedensaktivisten Heinrich Bücker wurde von der Staatsanwaltschaft beim Amtsgericht der Erlass eines Strafbefehls wegen »Belohnung und Billigung von Straftaten« nach Paragraph 140 Strafgesetzbuch beantragt. Der Antragsteller der Strafanzeige (ein Rechtsanwalt!) sieht den öffentlichen Frieden gestört durch eine Rede, die Heiner Bücker bei einer Kundgebung der Friedenskoordination Berlin am 22. Juni 2022 anlässlich des Jahrestages des Überfalls auf die Sowjetunion gehalten hat sowie durch eine Stellungnahme zum Russland-Ukraine-Konflikt auf seiner Webseite.

Wodurch ist der öffentliche Friede gestört? Bücker zeigt u. a. die historische Entwicklung zum heutigen Konflikt auf, deren Wurzeln schon im Vernichtungskrieg des faschistischen Deutschlands gegen die UdSSR und in der Kollaboration ukrainischer Faschisten mit den deutschen Besatzern liegen. Er bringt also das zur Sprache, was Politik und Medien verschweigen. Zudem erklärt er sein Unverständnis darüber, dass die deutsche Regierung, trotz der Rolle von faschistischer Ideologie und Russophobie in der aktuellen ukrainischen Politik, den gegenwärtigen Konflikt mit Waffenlieferungen an die Ukraine und Sanktionen gegen Russland anheizt. (…) Seiner Forderung – »Nie wieder dürfen wir als Deutsche an einem Krieg gegen Russland in irgendeiner Form beteiligt sein. Wir müssen uns zusammenschließen und uns diesem Irrsinn gemeinsam entgegenstellen« – stimmen wir uneingeschränkt zu. Es ist sicherlich kein Zufall, dass ein solches Verfahren sowie die Verschärfung des Paragraphen 130 mit dem Absatz fünf in einer Zeit stattfindet, in der die militärische Auseinandersetzung als alternativlos propagiert wird (…).

 

Wir protestieren gegen dieses geplante Strafverfahren: weil es dazu dient, die politische Debatte immer weiter einzuengen und per Strafgesetz eine Kritik an der herrschenden Politik und den Medien unmöglich zu machen. Weil es ein massiver Angriff auf die Meinungsfreiheit ist. Weil es verunsichern soll. Weil es für die Friedensbewegung in letzter Konsequenz bedeutet, dass sie mundtot gemacht werden kann, wenn sie sich weiterhin gegen den Kriegskurs der deutschen Politik und für eine Deeskalation und für Verhandlungen ausspricht.

Quelle: junge Welt vom 10.01.2023

Kampf für den Frieden und gegen den Krieg

Die „Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen“ (DFG-VK) kritisiert die geplante Lieferung von Panzern an die Ukraine: „Statt endlich die zivile Hilfe auszuweiten, werden immer mehr und immer größere Waffensysteme in den Krieg geliefert. Damit wird die Eskalationsspirale anngeheizt und der Krieg ausgeweitet“, kritisiert der DFG-VK-Bundessprecher Jürgen Grässlin, Experte für Waffenexporte: „Deutschland muss mit aller Kraft zivil helfen!“

 

Nachdem Frankreich und die USA angekündigt haben, die Ukraine mit leichten Kampfpanzern zu beliefern, beabsichtigt nun auch die Bundesregierung weitere Waffen zu liefern, allen voran Marder-Schützenpanzer und Patriot-Flugabwehrsysteme. Die Ausbildung der ukrainischen Soldat*innen an den Waffen soll auf Truppenübungsplätzen der Bundeswehr stattfinden.

 

Seit Beginn des völkerrechtswidrigen russischen Angriffs hat Deutschland bereits MARS-Raketenwerfer, Panzerhaubitzen 2000 und Gepard-Luftabwehrgeschütze an die Ukraine exportiert. Dazu kommen noch 900 Panzerfaust 3 mit insgesamt 3.000 Patronen, 500 Flugabwehrraketen Stinger, 100.000 Handgranaten, 30.000 Schuss Munition für 40mm Granatwerfer, 13.500 Schuss 155 mm Artilleriemunition, 100 Maschinengewehre und vieles Kriegsgerät mehr. Alsbald sollen nun auch noch Marder- und Patriot-Waffensysteme folgen.

 

„Diese Waffenlieferungen folgen der immens gefährlichen Militärlogik beider Seiten, dass dieser Krieg militärisch zu gewinnen sei. Doch statt Öl ins Feuer zu gießen, sollte Deutschland endlich Friedensmacht werden“, so Jürgen Grässlin. Er kritisiert dabei die eklatante Vernachlässigung ziviler Hilfen durch die Ampelkoalition in Berlin: „In der Ukraine fehlt es an so vielem: Warum liefert die Bundesregierung nicht hunderte von Kranken- oder Feuerwehrfahrzeugen sowie Transporter und Material für den Wiederaufbau, sondern immer nur weitere Kriegswaffen?“

 

Das Bruttoinlandsprodukt der Ukraine ist im Jahr 2022 wegen des russischen Einmarschs um 30,4 Prozent gesunken. Die Infrastruktur des Landes wird von den russischen Angreifern zusammengebombt: „Wichtig wäre, auf dem Verhandlungsweg einen sofortigen Waffenstillstand zu vereinbaren und unter der Ägide der Vereinten Nationen ernsthafte Friedensverhandlungen aufzunehmen. Stattdessen spielt die Bundesregierung mit dem Feuer: Sie hat bisher nicht erklärt, wie lange und wofür die Ukraine die Waffen nutzen darf“, so Grässlin.

 

Die DFG-VK bemängelt zudem, dass es Männern im wehrfähigen Alter noch immer verboten ist, die Ukraine zu verlassen. „Das Recht, den Kriegsdienst zu verweigern, ist ein Menschenrecht“, macht Michael Schulze von Glaßer, politischer Geschäftsführer der DFG-VK aufmerksam: „Es braucht Schutz und Asyl für alle Menschen, die sich in den drei direkt am Krieg beteiligten Ländern Russland, Belarus und Ukraine dem Militärdienst entziehen!“ Weder die Bundesregierung noch die EU-Kommission hätten dafür ausreichende Schritte unternommen. Schulze von Glaßer verweist darauf, dass die Friedensorganisationen bereits 8.000 Euro zur Unterstützung russischer Kriegsdienstverweigerer*innen an eine finnische Partnerorganisation gespendet hat. Auch mit Kriegsgegner*innen aus Belarus und der Ukraine arbeitet die DFG-VK  zusammen.

 

Jürgen Grässlin: „Mit den weiteren Waffenexporten wird der Krieg weiter eskalieren, das Kriegsende wird auf Jahre hinausgeschoben, zehntausende weiterer Menschen werden sterben, weite Landstriche der Ukraine werden zerstört und auf lange Zeit unbewohnbar.“ Die DFG-VK fordert daher den Stopp der deutschen Waffenexporte ins Kriegsgebiet zu Gunsten einer deutlichen Ausweitung der zivilen Hilfsmaßnahmen: „Wir stehen an der Seite aller, die sich dem Krieg verweigern. Wir begrüßen alle Aktionen der Sozialen Verteidigung. Und wir fordern den immensen Ausbau der zivilen Hilfe“, sagt Grässlin.

 

Für das Wochenende vom 24. bis 26. Februar 2023, an dem sich der völkerrechtswidrige Angriff Russlands auf die Ukraine jährt, plant die DFG-VK gemeinsam mit vielen weiteren Friedensgruppen Protestaktionen unter dem Motto „Stoppt das Töten in der Ukraine – für Waffenstillstand und Verhandlungen!“. Weitere Infos gibt es am Montagabend – 9. Januar 2023 – auf: www.stoppt-das-toeten.de

Kampf für den Frieden

Aus: Ausgabe vom 07.01.2023, Seite 1 / Titel

DROHENDE ESKALATION

Keinen Bock auf Krieg

Pazifismus dezimiert Bundeswehr: Innerhalb eines Jahres fünfmal mehr Anträge auf Kriegsdienstverweigerung

Von Marc Bebenroth

 

Weiter so! Bei einigen Angehörigen der Bundeswehr scheint der Gedanke daran, womöglich im heißen Krieg der NATO gegen Russland oder andere Feindstaaten verheizt zu werden, gewisse Fluchtreflexe auszulösen. Innerhalb eines Jahres ist die Zahl der Anträge auf Kriegsdienstverweigerung beinahe um das Fünffache gestiegen. Waren im dafür zuständigen Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben im Jahr 2021 noch insgesamt 201 solcher Anträge registriert worden, waren es 2022 ganze 951, wie das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) am Freitag berichtete. Sinan Büyrü, Sprecher des Bundesamtes, bestätigte auf Anfrage die neueste Zahl gegenüber jW.

Allerdings sei diese mit Vorsicht zu genießen. So handele es sich um die bloße Menge der eingegangenen Anträge. Wie viele davon berechtigterweise gestellt worden seien, könne man derzeit nicht sagen. Jeder Antrag auf Kriegsdienstverweigerung werde einer Einzelfallprüfung unterzogen. Unter den 951 könnten sich dem Sprecher zufolge also auch Anträge von Menschen befinden, die dazu gar nicht berechtigt seien. Seit der Aussetzung der allgemeinen Wehrpflicht in der Bundesrepublik können aktive Armeeangehörige, aber auch Reservisten und Ungediente die Kriegsdienstverweigerung beantragen.

Bei wie vielen Personen aus welcher dieser Gruppen nun tatsächlich ein Umdenken einsetzte, bleibt zunächst unklar. »Aus technischen Gründen kann aktuell keine Differenzierung zwischen aktiven Soldaten, Reservisten oder Ungedienten erfolgen«, teilte Büyrü gegenüber jW mit. dpa berichtete am 26. Oktober 2022 über ein Schreiben des Verteidigungsministeriums an den zuständigen Ausschuss im Bundestag, aus dem eine solche Aufschlüsselung hervorgehe. Demnach stieg die Zahl der Anträge auf Kriegsdienstverweigerung von Reservisten von zehn im Jahr 2021 auf 190 an. Jenes Schreiben habe für das vergangene Jahr 484 Anträge von Ungedienten genannt, 2021 seien es 23 gewesen.

 

Der Sprecher des Bundesamtes nannte im Gespräch mit jW Minderjährige als Beispiel für unberechtigte Antragstellende und bezog dies zunächst auf junge Menschen, die dem Kriegseinsatz zuvorkommen wollen. Die Bundeswehr akzeptiert unter bestimmten Bedingungen bis heute Jugendliche, die kurz- oder mittelfristig das 18. Lebensjahr abgeschlossen haben werden. Unter anderen die Vereinten Nationen prangern diese Praxis wiederholt mit Verweis auf die UN-Kinderrechtskonvention an. Unzulässig seien Anträge, wenn Betroffene »kein schutzwürdiges Interesse« haben, erklärte Büyrü, »da eine Einberufung zum Wehrdienst aus anderen Gründen nicht in Betracht kommt«, beispielsweise bei festgestellter Wehrdienstunfähigkeit oder bei »Anträgen ungedienter Frauen«.

Dem Bericht des RND zufolge begründen »viele« Kriegsdienstverweigerer ihre Anträge angesichts des Ukraine-Krieges und dessen möglicher Eskalation damit, »dass sie mit einer kriegerischen Auseinandersetzung nicht gerechnet hätten«. Gegenüber junge Welt wollte Sprecher Büyrü dies nicht bestätigen.

Sollten am Ende in der genannten Größenordnung Menschen der Truppe vorzeitig den Rücken kehren, passt dies in die aktuelle Stimmungslage. So rechne nur rund ein Drittel aller Wahlberechtigten in der BRD damit, dass der Ukraine-Krieg in diesem Jahr enden wird. Das gehe laut eines Berichts des WDR vom Donnerstag abend aus einer Umfrage von Infratest dimap für den ARD-»Deutschlandtrend« hervor.

Quelle: junge Welt vom 07.01.2023/ imago images/Future Image

Nachvollziehbarer Wunsch: Bevor geschossen wird, lieber der Truppe den Rücken kehren (Köln, 23.3.2020)

Sanktionen als eine Art der Kriegsführung!?

Aus: Ausgabe vom 07.01.2023, Seite 12 / Thema

KRIEGSMITTEL

Keine »zivile« Alternative

Sanktionen gelten als niedrigschwelliges Mittel konfrontativer Außenpolitik, sind in ihren Folgen aber oft ähnlich verheerend wie Kriege. Über Wirtschaftsblockaden und Sanktionen

Von Joachim Guilliard

 

Die Langfassung der Rede kann unter kurzelinks.de/Blockaden abgerufen werden.

Am 10. Dezember 2022 tagte in Kassel der Bundesweite Friedensratschlag. Wir dokumentieren im folgenden in gekürzter Fassung den Redebeitrag Joachim Guilliards über Wirtschaftsblockaden. (jW)

Das Thema wurde in den letzten Monaten immer brisanter: Angesichts der Mehrfachkrise – Krieg, Energiekrise, Inflation – und ihrer wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen nehmen zwar auch hierzulande Protestaktionen zu. In der Linken scheiden sich dabei aber die Geister in der Frage, ob auch die Wirtschaftsblockaden gegen Russland thematisiert werden sollen oder dürfen.

Sie finden in Deutschland wie anderen europäischen Ländern weiterhin viel Zuspruch. Einer Forsa-Umfrage im Oktober zufolge glaubt zwar eine Mehrheit der Deutschen (57 Prozent der Befragten), dass die gegen Russland verhängten Embargomaßnahmen Deutschland mehr schaden als Russland. Dennoch spricht sich nur eine Minderheit von 30 Prozent für eine Lockerung (18 Prozent) oder eine völlige Aufhebung (zwölf Prozent) aus.

Angesichts der Stimmungsmache in den Medien ist dies wenig verwunderlich, wird Kritik an den Wirtschaftsblockaden doch genauso als Verrat am gemeinsamen Kampf gegen Russland oder gar als Parteinahme für Moskau diffamiert wie Kritik an Waffenlieferungen. Die Frage, ob mit den Embargomaßnahmen das Ziel überhaupt erreicht werden kann und ob die humanitären Kosten und wirtschaftlichen Schäden zu rechtfertigen sind, wird gar nicht erst gestellt.

»Recht des Stärkeren«

Embargomaßnahmen auch gegen andere Länder sind sehr umstritten. Daher muss die generelle Problematik von umfassenden Wirtschaftssanktionen erfasst werden. In erster Linie geht es um die Wirtschaftssanktionen, die eigenmächtig von einem oder mehreren Staaten gegen einen anderen Staat verhängt werden, ohne von diesem angegriffen oder auf andere Weise geschädigt worden zu sein, es sich also völkerrechtlich nicht um eine »Gegenmaßnahme« handelt.¹ In diesen Fällen ist der Begriff »Sanktionen« allerdings irreführend. Denn nichts und niemand gibt einem Staat wie den USA oder einem Staatenbündnis wie der EU in solchen Fällen das Recht, selbstherrlich Strafmaßnahmen zu verhängen. Dazu ist allein der UN-Sicherheitsrat legitimiert. In UN-Dokumenten werden sie daher als »unilaterale Zwangsmaßnahmen« bezeichnet.

Es gibt auf internationaler Ebene viele verschiedene Arten solcher Zwangsmaßnahmen – gegen gegnerische Staaten als Ganzes oder gegen einzelne Personen, Einrichtungen oder Firmen solcher Staaten. Ich werde mich im folgenden auf erhebliche, umfassende Handels-, Finanz- und Wirtschaftsblockaden konzentrieren, die sich gegen zentrale Wirtschaftsbereiche des betroffenen Landes richten.

Häufig werden die von westlichen Staaten verhängten Zwangsmaßnahmen damit begründet, Menschenrechte in den betroffenen Ländern verteidigen oder durchsetzen oder, wie im Fall des russischen Einmarschs in die Ukraine, Völkerrechtsverstöße bestrafen zu wollen. Tatsächlich verstoßen eigenmächtige Zwangsmaßnahmen jedoch meist selbst gegen internationales Recht und Menschenrechte.

Praktisch können sie nur von wirtschaftlich starken, wenn nicht dominierenden Mächten oder Bündnissen verhängt werden. Daher ist ihr Einsatz auch entsprechend selektiv. Tatsächlich werden sie auch fast ausschließlich von den USA und ihren Verbündeten verhängt – und das in wachsendem Maße. Solche Mächte können sich gleichzeitig sicher sein, dass sie selbst nie Ziel solcher Maßnahmen werden, selbst nicht bei schlimmsten eigenen Verbrechen wie den Kriegen gegen Jugoslawien, Irak oder Libyen.

Daher fördern sie keineswegs die »Stärke des Rechts«, wie u. a. führende Grüne hierzulande gerne ins Feld führen, sondern setzen auch in solchen Fällen bloß das »Recht des Stärkeren« durch. Selbst in Fällen, in denen uns die Gründe berechtigt erscheinen, sind es letztlich doch Akte der Willkür.

Hinzu kommt, dass die vorgebrachten Gründe meist mehr als zweifelhaft sind und vor Doppelmoral nur so strotzen. Bei genauerem Hinsehen werden die Blockaden offensichtlich vorwiegend in Verfolgung eigener Interessen verhängt – ausnahmslos gegen Länder, die als Gegner oder Rivalen angesehen werden bzw. die den eigenen wirtschaftlichen und geopolitischen Interessen im Wege stehen. Auf der anderen Seite haben andere Staaten wie die Türkei oder Saudi-Arabien trotz ihrer Kriege und Menschenrechtsverletzungen keine umfassenden Blockaden zu befürchten, sondern bleiben enge Verbündete.

Die USA haben mittlerweile – allein oder zusammen mit den EU-Staaten – gegen rund 40 Länder solche eigenmächtigen Maßnahmen verhängt – faktisch gegen ein Drittel der Menschheit. Einige, wie die Wirtschaftsblockaden gegen Kuba, Iran, Venezuela, Nordkorea und Russland, sind allgemein bekannt. Die verheerenden Folgen der Blockaden gegen bereits völlig verarmte Länder wie Nicaragua, Mali, Simbabwe oder Laos hat jedoch kaum jemand auf dem Schirm.

Versorgungsmängel programmiert

Natürlich wird von westlicher Seite stets beteuert, dass ihre Maßnahmen sich allein gegen die jeweilige Regierung bzw. das jeweilige Regime richten würden. Doch selbst wenn dies tatsächlich der Fall wäre, liegt es auf der Hand, dass sie, sobald sie effektiv sind, das heißt den Handel und die Wirtschaft wirksam einschränken, stets in erster Linie die Bevölkerung treffen, vor allem deren ärmere, verletzlichsten Teile.

Kritik wegen der schädlichen Auswirkungen auf die betroffenen Menschen wird meist mit dem Hinweis zurückgewiesen, humanitäre Güter wie Nahrung und Medizin seien doch von den Blockaden ausgenommen. Das ist zwar formal richtig, in der Sache aber eine bewusste Irreführung. Tatsächlich sind Versorgungsengpässe bei umfassenden Blockaden, sobald sie wirken, stets programmiert. Handelsblockaden behindern zwangsläufig jeglichen Import und verteuern ihn. Gleichzeitig verlieren die Länder durch Wegfall ihrer Exporte auch die zum Einkauf nötigen Devisen.

Wenn betroffene Länder zusätzlich auch vom internationalen Zahlungsverkehr und vom Kreditwesen ausgeschlossen werden, können sie nicht auf übliche Weise bezahlen, auch Transportmöglichkeiten brechen weg. All dies und die Sorge, unversehens gegen eine unbekannte Bestimmung im undurchsichtigen Geflecht der Embargoregeln zu verstoßen, lassen Lieferanten abspringen oder drastische Preisaufschläge fordern.

In der Regel fallen auch immer sogenannte Dual-Use-Güter unter die Blockadebestimmungen, also Güter, die zivil und militärisch genutzt werden können. Da es eine sehr große Bandbreite von Produkten gibt, die unter Umständen auch militärisch genutzt werden können, wird dadurch die Eigenproduktion stark beeinträchtigt – von Maschinen und Ersatzteilen bis hin zu Pflanzendünger, Desinfektionsmitteln und Medikamenten.

Die heutigen Gesellschaften beruhen auf einem komplexen Netz unentbehrlicher Infrastruktur. Wenn zum Beispiel aus Mangel an Ersatzteilen immer mehr Pumpen ausfallen, kann gebietsweise die Trinkwasserversorgung zusammenbrechen oder können – durch Ausfall des Abwassersystems – ganze Stadtteile im Sumpf versinken und sich Cholera- und Typhusseuchen ausbreiten. Erhalten Bauern nicht mehr genug Saatgut und Dünger, bricht auch noch der Selbstversorgungsanteil an Lebensmitteln zusammen.

Wenn mehrere solche Faktoren zusammenwirken, entstehen schnell lebensbedrohliche Notlagen. Richtig mörderisch wird es, wenn die USA ihre dominierende Stellung in Wirtschaft und Finanzwesen zu nutzen suchen, um Gegner durch vollständige Blockaden völlig zu strangulieren, indem sie Drittländer durch Androhung von sogenannten sekundären oder extraterritorialen Sanktionen zwingen, sich den Embargomaßnahmen anzuschließen.²

Da eine solche Ausweitung des Erpressungsregimes das Risiko von Banken, Reedereien, Industrieunternehmen etc., unversehens in dessen Mühlen zu geraten, noch mal enorm verschärft, führt dies auch zu schweren Engpässen dort, wo die blockierenden Mächte Ausnahmen aus humanitären Gründen explizit eingeräumt haben. Dieses Problem der »Übererfüllung« von Zwangsmaßnahmen erschwert durch seine unkontrollierte Streuwirkung vor allem auch die Arbeit von Hilfsorganisationen vor Ort ganz erheblich.

Der »stille Tod«

 

Andauernde Wirtschaftskriege können auf diese Weise mehr Opfer fordern als militärische. So kostete das umfassende Embargo gegen den Irak von 1990 bis 2003 mehr als eine Million Iraker das Leben, darunter ca. 500.000 Kinder.³ Dass solche Todesopfer offenbar einkalkuliert sind, belegt das berühmt-berüchtigte »Ja« der damaligen Außenministerin der USA, Madeleine Albright, als sie gefragt wurde, ob diese 500.000 toten Kinder »den Preis wert waren« – den Preis dafür, die unbotmäßige einstige Regionalmacht am Boden zu halten.

Die aktuellen Handels- und Finanzblockaden gegen Länder wie Syrien, Venezuela oder Kuba wirken sicherlich nicht so verheerend wie das Irak-Embargo. Doch töten ohne Zweifel auch sie. So forderten die US- und EU-Sanktionen gegen Venezuela nach Schätzungen des Washingtoner Forschungsinstituts Centre for Economic and Policy Research (CEPR) bereits zwischen 2017 und 2018 ca. 40.000 Menschenleben.⁴ Die Situation hat sich nach dem jüngsten Bericht von Alena Douhan, der aktuellen UN-Sonderberichterstatterin über negative Folgen eigenmächtiger Zwangsmaßnahmen, noch verschlechtert.

Selbst in einem Land wie dem Iran, der die Lage noch recht gut im Griff hat, führen die von Trump wieder verschärften Blockademaßnahmen zu beträchtlichen Versorgungsengpässen. So können mangels der dafür notwendigen spezifischen und teuren Medikamente diverse lebensrettende Therapien nicht weiter durchgeführt werden. Früher stellte das Land 95 Prozent seiner Medikamente selbst her. Es mangelt aber zusehends an den nötigen hochwertigen Rohstoffen, Technologien und Ersatzteilen. Für viele Patienten sind die Sanktionen, wie die renommierte US-Zeitschrift Foreign Policy schon 2019 berichtete, tödlich.⁵

Kuba, das seit mehr als 60 Jahren mit einer Wirtschafts-, Handels- und Finanzblockade der USA konfrontiert ist, hat deswegen immer wieder mit schweren Versorgungsengpässen zu kämpfen. Das kubanische Gesellschaftssystem sorgt zwar dafür, dass niemand hungert, das Land wird aber durch das Embargo erheblich in seiner Entwicklung gehemmt, insbesondere da sich aufgrund der Androhung »extraterritorialer Sanktionen« auch Unternehmen aus der EU und anderen Staaten der Blockadepolitik unterwerfen.

Die Situation in Syrien ist noch dramatischer. Schon im Mai 2019 berichtete der damalige UN-Sonderberichterstatter, Idriss Jazairy, dass die Auswirkungen der Wirtschaftsblockaden der USA und der EU auf die Bevölkerung in den vergangenen Jahren verheerender wirkten als die des Krieges. Ihre Opfer würden nun »einen stillen Tod« sterben.⁶ Seine Nachfolgerin, Alena Douhan, hat nach ihrer Syrien-Reise Anfang November erneut dringend die Aufhebung der Sanktionen gefordert. Sie hätten eine vernichtende Wirkung auf die syrische Zivilbevölkerung und verhinderten nach elf Jahren Krieg den Wiederaufbau des Landes und damit auch die Rückkehr von Millionen Flüchtlingen.⁷

»Mittelalterliche Belagerungen«

Die schädlichen Auswirkungen auf die Bevölkerungen der angegriffenen Länder sind aber keineswegs nur ein unerwünschter Nebeneffekt, sondern gehören – entgegen allen Beteuerungen – zum Kalkül. Schließlich soll durch die negativen Auswirkungen auf die Bürger des betroffenen Landes öffentlicher Druck auf die Regierung aufbaut werden, den Forderungen der blockierenden Mächte nachzugeben.

Gary Hufbauer, einer der führenden US-amerikanischen Experten für Sanktionen, vergleicht ihre Wirkung mit Flächenbombardements, die sehr viele Menschen treffen, aber keinerlei Einfluss auf die Politik ihres Landes haben.⁸

Oft, wie im Falle Kubas, Syriens, Irans oder Venezuelas, werden mit ihnen auch offen »Regime-Changes« angestrebt, indem versucht wird, die Bevölkerung durch eine drastische Verschlechterung der Lebensbedingungen zum Aufstand zu nötigen. Alle Bürger der betroffenen Länder werden so als Geiseln genommen.

Dies stößt seit langem auf vernichtende Kritik von Menschen- und Völkerrechtlern. So konstatierte der belgische Völkerrechtler Marc Bossuyt bereits im August 2000 in einem Gutachten für die UN-Menschenrechtskommission: »Die ›Theorie‹ hinter Wirtschaftssanktionen ist, dass ökonomischer Druck auf die Zivilbevölkerung in Druck auf die Regierung übersetzt wird, ihre Politik zu ändern. Diese Theorie ist bankrott, sowohl rechtlich wie praktisch.«⁹

»Praktisch bankrott« ist diese Theorie nicht nur aufgrund ihrer schädlichen humanitären Auswirkungen, sondern auch weil Wirtschaftssanktionen bisher kaum positive Erfolge brachten. Wie eine größere Zahl von Studien belegt, zeigten umfassenden Zwangsmaßnahmen generell meist wenig Wirkung. Noch nie konnten sie einen Krieg beenden, und nur selten konnten sie auch, wie eigentlich zumindest inoffiziell angestrebt, die Bevölkerung zu einer erfolgreichen Revolte gegen ihre Machthaber anstacheln und gegnerische Regierungen zu Fall bringen.

Statt dessen haben, so Wissenschaftler, die solchen Zielen durchaus positiv gegenüberstehen, Wirtschaftssanktionen die Position der herrschenden Eliten eher gefestigt als geschwächt, da der Angriff von außen die Mehrheit der Bevölkerung dazu veranlasste, enger mit der politischen Führung zusammenzurücken (»Rally-’round-the-Flag-Effect«). Gleichzeitig erhöht sich zwangsweise der Druck auf oppositionelle Kräfte, die leicht der Subversion und Unterstützung des Feindes beschuldigt werden können. Statt, wie offiziell oft behauptet, durch Sanktionen eine Demokratisierung zu erzwingen, schränken sie die Möglichkeiten fortschrittlicher Kräfte, demokratische oder soziale Verbesserungen durchzusetzen, drastisch ein – in einer belagerten Burg gedeiht keine Demokratie.

Der einstige Sonderberichterstatter des UN-Menschenrechtsrates für Lateinamerika, Alfred De Zayas, brachte die grundsätzliche Problematik der vom Westen betriebenen Sanktionspolitik sehr gut auf den Punkt: Grundsätzlich seien Wirtschaftssanktionen vergleichbar mit »mittelalterlichen Belagerungen von Städten«, die zur Kapitulation gezwungen werden sollten. »Die Sanktionen des 21. Jahrhunderts versuchen aber nicht nur eine Stadt, sondern souveräne Länder in die Knie zu zwingen.« Im Unterschied zum Mittelalter würden die Blockaden des 21. Jahrhunderts »von der Manipulation der öffentlichen Meinung durch ›Fake News‹, einer aggressiven PR-Arbeit sowie einer Pseudomenschenrechtsrhetorik begleitet werden, um den Eindruck zu erwecken, dass das ›Ziel‹ der Menschenrechte kriminelle Mittel rechtfertigt«.¹⁰

Wirtschaftskriege werden von US-Politkern auch offen als günstigere Alternative zu militärischen Interventionen gepriesen, da sie wesentlich geringere Risiken und Nebenwirkungen für die Angreifer bergen – besonders nach den Desastern im Irak und in Afghanistan. Doch auch diese Kriege sind zerstörerisch und können in den betroffenen Ländern Jahrzehnte des Fortschritts in den Bereichen Gesundheitsversorgung, sanitäre Einrichtungen, Wohnungsbau, Basisinfrastruktur und industrieller Entwicklung zunichte machen. Sie bergen zudem, wie die Geschichte zeigt, stets die Gefahr, in eine offene militärische Konfrontation zu eskalieren. »Die übermäßige Anwendung von Sanktionen«, so der US-amerikanische Historiker Nicholas Mulder, »ist zu einer Hauptquelle internationaler Instabilität geworden. Anstatt die internationalen Rivalitäten zu dämpfen, verschärfen Sanktionen sie jetzt noch.«¹¹

Gegen Völkerrecht und UN-Mehrheit

Schon aufgrund ihrer zwangsläufigen negativen Folgen lehnt die überwiegende Mehrheit der UN-Mitgliedstaaten eigenmächtige Blockaden grundsätzlich ab. Dies schlägt sich auch seit langem in regelmäßigen Resolutionen sowohl der UN-Vollversammlung als auch des UN-Menschenrechtsrats nieder.¹² Bereits 1991 forderte die UN-Generalversammlung, »dringend wirksame Maßnahmen zu ergreifen, um die Anwendung einseitiger wirtschaftlicher Zwangsmaßnahmen gegen Entwicklungsländer durch einige Industrieländer zu unterbinden, die das Ziel haben, direkt oder indirekt Zwang auf die souveränen Entscheidungen der von diesen Maßnahmen betroffenen Länder auszuüben«.¹³

Eigenmächtige, nicht von UN-Organen autorisierte Zwangsmaßnahmen, so der Tenor aller späteren Resolutionen, widersprechen den Normen und Grundsätzen für friedliche Beziehungen zwischen Staaten. Sie stellen, wie es zum Beispiel in der UN-Resolution vom Dezember 2013 heißt, »eine eklatante Verletzung der Prinzipien des Völkerrechts sowie der Prinzipien des multilateralen Handelssystems dar«.

Sobald die Blockade des Außenhandels eines Landes das Leben der Bevölkerung als Ganzes bedroht, sind umfassende ökonomische Blockaden zudem auch schwere Menschenrechtsverletzungen. Dies gilt selbst im Fall von Sanktionen, die vom UN-Sicherheitsrat verhängt wurden.

Sie verstoßen dann unter anderem gegen die in der »Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte« von 1948 fixierten Rechte. Zu diesen zählen das Recht auf Leben, auf angemessene Ernährung und Gesundheitsversorgung sowie auf soziale Sicherheit. Sie verstoßen auch offensichtlich gegen die verbindlichen Bestimmungen des »Internationalen Paktes über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte« von 1966, den alle westlichen Staaten unterzeichnet haben. Dort heißt es schon zu Beginn, in Artikel 1: »In keinem Fall darf ein Volk seiner eigenen Existenzmittel beraubt werden.« Sobald Blockaden die Versorgung erheblich beeinträchtigen, wie in Afghanistan oder in Syrien, verstoßen sie zudem nach Ansicht vieler Völkerrechtler auch gegen die Genfer Konvention, die das Aushungern der Zivilbevölkerung verbietet. Schließlich sind Blockaden auch eine Form kollektiver Bestrafung, die generell in völligem Gegensatz zu den Grundprinzipien des Rechts steht.

Die UN-Sonderberichterstatterin Alena Douhan geht davon aus, »dass etwa 98 Prozent der heute verhängten einseitigen Sanktionen gegen die internationalen Verpflichtungen der Staaten verstoßen«.¹⁴ Obwohl sie »meist im Namen der Menschenrechte, der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit verhängt« werden, würden sie »genau diese Grundsätze, Werte und Normen untergraben«. Die Anwendung einseitiger Zwangsmaßnahmen beeinträchtige »das Recht auf Entwicklung« und verhindere »die Erreichung jedes einzelnen nachhaltigen Entwicklungsziels«. Unter all ihren negativen Auswirkungen, so Douhan weiter, werde besonders das Recht auf Gesundheit beeinträchtigt, insbesondere während der Covid-19-Pandemie, wie sie bei ihren jüngsten Besuchen in Venezuela und anderen Ländern beobachtet habe.

Umfassende Wirtschaftsblockaden sind somit alles andere als zivile, gewaltfreie Alternativen zu militärischen Interventionen. Sie sind schon aus humanitären und völkerrechtlichen Gründen genauso abzulehnen wie militärische Gewalt.

Anmerkungen

1 Gerhard Hafner: Völkerrechtliche Grenzen und Wirksamkeit von Sanktionen gegen Völkerrechtssubjekte, Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, ZaöRV 76 (2016), 391–413

2 K. Cashman; C. Kharrazian: US sanctions are designed to killJacobin, 1.9.2019

3 Marc Bossuyt: 0,5 Millionen bis 1,5 Millionen, Nafeez Ahmed: »nach UN-Angaben mehr als 1,7 Millionen«

4 Mark Weisbrot; Jeffrey Sachs, Economic Sanctions as Collective Punishment: The Case of Venezuela, CEPR, 25.4.2019

U. S. Sanctions Are Killing Cancer Patients in IranForeign Policy, 14.8.2019

6 Joachim Guilliard, Syrien: »Stiller Tod durch Sanktionen«Ossietzky (2019), Heft 13

UN expert calls for lifting of long-lasting unilateral sanctions »suffocating« Syrian people, OHCHR, 10.11.2022

Have US-imposed sanctions ever worked? Interview mit Gary Hufbauer, TRT World, 24.9.2018

9 Marc Bossuyt: The Adverse consequences of economic sanctions on the enjoyment of human rights, Economic and Social Council, E/CN.4/Sub.2/2000/33, 21.6.2000

10 UN-Sonderberichterstatter: Die Sanktionen gegen Venezuela töten viele MenschenRT, 30.1.2019

11 Nicholas Mulder: A Leftist Foreign Policy Should Reject Economic SanctionsThe Nation, 20.11.2018

12 Überblick: About unilateral coercive measures, OHCHR, vollständige Liste aller diesbzgl. Resolutionen der UN Vollversammlung des UN-Menschenrechtsrats: Special Rapporteur on unilateral coercive measures – Resolutions and decisions, OHCHR

13 UN GA Resolution: Economic measures as a means of political and economic coercion against developing countries 1991, A-RES-46-210, 20.12.1991

14 Interview: Most unilateral sanctions violate international law, says UN expertXinhua, 13.7.2022

Quelle: junge Welt v.07.01.2023/ imago images/Agencia EFE

Auch eine Form des Krieges. Mittels eines umfassenden Wirtschaftsembargos versuchten die USA im Jahr 2019 die venezolanische Regierung unter Präsident Nicolas Maduro in die Knie zu zwingen – Protest gegen die Wirtschaftsblockade (Caracas, 21.9.2019)

Info zum Krieg in der Ukraine

Aus: Ausgabe vom 07.01.2023, Seite 4 / Inland

AMPEL UND UKRAINE

Grüne Ampel für Panzer

Berlin: Nach Lieferzusage für »Marder«-Schützenpanzer wird prompt »Leopard 2« gefordert. Rheinmetall meldet Rekordgewinn

Von Kristian Stemmler

Hat für Grüne und Liberale Vorfahrt: Kampfpanzer »Leopard 2«

Nach der am Donnerstag bekanntgewordenen »Vereinbarung« zwischen Bundeskanzler Olaf Scholz und US-Präsident Joseph Biden, laut der die Bundesrepublik der Ukraine demnächst Schützenpanzer vom Typ »Marder« und ein »Patriot«-Flugabwehrsystem zur Verfügung stellen wird, läutet die 2022 in Erscheinung getretene Stahlhelmfraktion in Politik und Medien sofort die nächste Runde ein: Der Bundestagsabgeordnete Anton Hofreiter (Bündnis 90/Die Grünen) verlangte am Freitag eine »europäische Initiative« für die Lieferung von Kampfpanzern des Typs »Leopard 2«; außerdem wolle er »schauen, was wir alles der Ukraine liefern können, damit sie die besetzten Gebiete befreien können«, sagte Hofreiter dem ARD-»Morgenmagazin«. Die Strategie müsse sein, dass die ­Ukraine mit allem unterstützt werde, was sie auf dem »Gefechtsfeld« brauche und dazu gehöre noch deutlich mehr.

 

Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), freute sich über die angekündigte Lieferung, forderte aber zugleich, die nächsten Schritte vorzubereiten. »Das wäre jetzt der Moment, das zumindest im Auge zu haben, dass der ›Marder‹ der erste Schritt ist, aber in dem ganzen Tableau auch der ›Leopard 2‹ ein Thema sein wird«, sagte sie am Freitag dem Sender Phoenix. Bei Twitter frohlockte sie bereits am Donnerstag: »Wir lassen nicht locker. Nach dem ›Marder‹ kommt der ›Leopard‹.«

 

Unterdessen präzisierte die Bundesregierung, welchen Umfang die nun zugesagte Lieferung hat: Es gehe um etwa 40 »Marder«, mit denen ein Bataillon ausgestattet werden könne, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Freitag. In der Ukraine sollen sie noch im ersten Quartal 2023 ankommen. Die nötige Ausbildung ukrainischer Soldaten in Deutschland werde nach Einschätzung von Fachleuten etwa acht Wochen dauern. Nils Schmid, außenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, gab sich derweil gegenüber dem RBB zurückhaltend hinsichtlich einer Lieferung von »Leopard«-Kampfpanzern. Es gebe zwei Waffensysteme, »wo ohne Zweifel ein größeres Eskalationspotenzial existiert. Das eine sind Kampfflugzeuge und das andere sind Kampfpanzer.«

 

FG BRD CUBA Internat. Soli. - übernahme alte buchung vom 3.-15.12.22

Der Rüstungskonzern Rheinmetall, aus dessen verfügbaren Beständen die »Marder« geliefert werden sollen, freut sich laut Reuters derweil über einen »Rekordgewinn« im Jahr 2022. Das operative Ergebnis dürfte demnach um mehr als 20 Prozent gestiegen sein, teilte Rheinmetall am Freitag mit. 2023 wird das voraussichtlich so weitergehen. Auch der CDU/CSU-»Opposition« reichen die angekündigten Lieferungen nicht; auch sie will schwere Panzer rollen sehen. »Westliche Kampfpanzer können die Wende bringen«, schrieb CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter auf Twitter.

 

Sevim Dagdelen, Obfrau der Fraktion Die Linke im Auswärtigen Ausschuss und Sprecherin der Fraktion für internationale Politik, kritisierte dagegen die Waffenlieferungen. Es sei »beängstigend, wie die Ampel im gefährlichsten Konflikt seit dem Zweiten Weltkrieg gegen den Willen der Bevölkerungsmehrheit Deutschland mit immer neuen schweren Waffenlieferungen tiefer in den Ukraine-Krieg verstrickt«, erklärte Dagdelen am Freitag gegenüber jW. Damit werde eine weitere Eskalation in Kauf genommen, »statt auf Diplomatie zu setzen und den Weg für eine Verhandlungslösung zu ebnen«.

 

Die russische Botschaft in Berlin reagierte mit scharfen Worten auf die neuerlichen deutschen Rüstungslieferungen an Kiew. Man verurteile diesen Beschluss und betrachte ihn »als einen weiteren Schritt hin zur Konflikteskalation in der Ukraine«, schrieb die Vertretung am Donnerstag auf ihrer Internetseite. Die Entscheidung Berlins, schwere Waffen zu liefern, werde die deutsch–russischen Beziehungen gravierend beeinträchtigen.

 

Quelle: junge welt v.07.01.2023/ imago images/Sven Eckelkamp

 Kampf gegen Hochrüstung

Aus: Ausgabe vom 04.01.2023, Seite 2 / Inland

RENDITE FÜR DIE RÜSTUNGSINDUSTRIE

»Die Wunschlisten beim Militär sind lang«

Neue Bomber, neue Bomben: Ampelkoalition rüstet Bundeswehr auf. Friedensbewegung fordert Ende »nuklearer Teilhabe«. Gespräch mit Martin Singe

Interview: Henning von Stoltzenberg

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Edgar Su/Reuters

Mit diesen Kampfjets soll die Bundeswehr auch den Abwurf von Atombomben üben: Eine »F-35« auf dem Flugdeck der »USS Tripoli« in Singapur (1.9.2022)

Martin Singe ist Sprecher der Kampagne »Büchel ist überall! Atomwaffenfrei jetzt« und aktiv im Redaktionsteam der Zeitschrift Friedensforum

 

Auch im neuen Jahr setzt die Bundesregierung auf Aufrüstung. Für ein Großprojekt gab der Haushaltsausschuss des Bundestages Mitte Dezember 2022 grünes Licht: der Kauf von 35 Kampfflugzeugen des Typs »F-35«. Was wird allein diese Anschaffung kosten?

 

Die Gesamtkosten des Auftrages für den US-Rüstungskonzern Lockheed Martin belaufen sich offiziell auf 9,99 Milliarden Euro. In Wirklichkeit sind solche Projekte am Ende aber immer erheblich teurer, als zu Beginn verkündet wurde. Hinzu kommen die für 30 Jahre Einsatzzeit kalkulierten 14 bis 15 Milliarden Euro Betriebskosten sowie die Summen, die für den Umbau des Stationierungsortes und für die Ausbildung der Pilotinnen und Piloten in den USA fällig werden.

 

Im Vorfeld war von »erheblichen zeitlichen und finanziellen Risiken« zu lesen. Was ist damit gemeint?

 

Aufgeführt worden war eine ganze Liste von Mängeln, die unter anderem die Triebwerke und die Software betreffen. Es gab bereits vier Abstürze und einen Unfall mit »F-35«-Kampfjets. Bei den finanziellen Risiken geht es um mögliche Kostenexplosionen. Die zeitlichen Risiken beziehen sich auf Liefertermin und Einsatzfähigkeit, die schon 2028 gegeben sein soll.

 

Sie schreiben, die Kostenexplosion sei nicht das eigentliche Risiko.

 

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Das eigentliche Risiko bei der Beschaffung der »F-35« liegt darin, dass dies neue nukleare Trägersysteme sind. Damit soll die völkerrechtswidrige »nukleare Teilhabe« verewigt werden. Die Anschaffung steht im Kontext der neuen »B61-12«-Atombomben für die europäischen Teilhabestaaten. Auch in Büchel sollen diese in nächster Zeit stationiert werden. Wir fordern den Abzug der Atombomben aus Büchel, das Ende der »nuklearen Teilhabe« und den Beitritt Deutschlands zum Atomwaffenverbotsvertrag.

 

Erhöht sich durch die Anschaffung der Kampfjets das Risiko einer nuklearen Eskalation?

 

Ja. Während regierungsamtlich von Atomwaffen als »politischen Waffen zur Abschreckung« geredet wird, bedeuten sie das genaue Gegenteil. Es geht bei der gesamten atomaren Aufrüstung um Präzisionswaffen für den Ersteinsatz. Das Ziel: ein sogenannter Enthauptungsschlag mit Ausschaltung der gegnerischen Zweitschlagskapazität. Die »F-35« – ein mit Überschallgeschwindigkeit fliegender Tarnkappenbomber – ist vom gegnerischen Radar kaum oder nur so spät zu erfassen, dass sie bis dahin schon ihre Waffen abschießen kann. Die »B61-12«-Bomben sind in der Sprengkraft variierbar und im Endflug zielgenau lenkbar, so dass die Hemmschwelle für einen Atombombeneinsatz gesenkt wird.

 

Die Anschaffung der »F-35« steht im Zusammenhang mit dem 100-Milliarden-Euro-»Sondervermögen« für die Bundeswehr. Was wird in diesem Jahr noch an Aufrüstungsplänen realisiert?

 

Die Wunschlisten beim Militär sind lang. Rheinmetall will für mehrere Milliarden weitere »Puma«-Panzer liefern und entwickelt den neuen »Panther«. Mit Spanien und Frankreich wird derzeit das milliardenschwere FCAS-Projekt (Future Combat Air System, jW) auf den Weg gebracht. Hier geht es um ein neues, elektronisch mit Drohnen vernetztes Kampfflugzeugsystem der sogenannten sechsten Generation – die »F-35« gehört zur fünften Generation. Der Zynismus, bei Waffensystemen von »Generationen« zu reden, spricht im übrigen für sich. Darüber hinaus wird die Stationierung neuer US-Mittelstrecken-Überschallraketen vom Typ »Dark Eagle« in Europa vorangetrieben. Das Kommando für diese Raketen ist in Wiesbaden schon aktiviert worden – es ist übrigens das alte »Pershing-II«-Kommando.

 

Was kann die Friedensbewegung dagegen tun?

 

Die Proteste müssen verstärkt werden. Am 22. Januar werden dezentrale Aktionen stattfinden – an diesem Tag vor zwei Jahren trat der Atomwaffenverbotsvertrag in Kraft. Danach konzentrieren wir uns auf die Ostermärsche. Gleichzeitig wird die Friedensbewegung ihre Argumente für einen Verhandlungsfrieden im Ukraine-Krieg weiter in die Öffentlichkeit tragen und den Druck gegen immer neue Waffenlieferungen erhöhen.

Quelle: junge Welt v.04.01.2023

Kampf für den Frieden

    Weltfriedensglocke        Berlin 

31.12.2022 – Gemeinsam für Frieden – mit Ilsegret Fink, Pastorin i.R.

 

https://www.youtube.com/watch?v=MzSuM7Z0Ldc

Kampf für den Frieden

Aus: Ausgabe vom 30.12.2022, Seite 2 / Inland

KAMPF DEM ATOMTOD

»Stuttgart ist Zielscheibe Nummer eins«

Baden-Württemberg: Friedensappell fordert Schließung von Eucom und Africom sowie Abzug aller US-Atomwaffen. Ein Gespräch mit Konni Lopau

Interview: Kristian Stemmler

 

Konni Lopau ist Mitautorin eines Appells des »Offenen Friedenstreffs Stuttgart« an das Stadtoberhaupt und die Landesregierung zur Beendigung der »nuklearen Teilhabe«

In einem offenen Brief hat sich der Offene Friedenstreff Stuttgart an Baden-Württembergs Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann und Stuttgarts Oberbürgermeister Frank Nopper gewandt. Sie sprechen darin mit Blick auf aktuelle Entscheidungen der US-Regierung von einer »außerordentlich bedrohlichen Situation«. Was ist damit konkret gemeint?

Ende Oktober wurde bekannt, dass die Modernisierung der US-Atombomben, die im Rahmen der nuklearen Teilhabe in Deutschland lagern, beschleunigt und die ursprünglich für 2023 vorgesehene Stationierung dieser modernisierten US-Atomwaffen vorgezogen werden soll auf diesen Monat. Damit wird nicht nur das Drohszenario gegenüber Russland weiter verschärft, sondern auch die reale Atomkriegsgefahr erneut außerordentlich gesteigert.

Sie schreiben auch, dass ein Atomkrieg in Europa vorstellbar wird und verweisen auf die neuen Atomwaffen mit der Bezeichnung »B61-12«. Welche Rolle spielen diese, und für wie groß halten Sie die Gefahr einer atomaren Eskalation?

Es handelt sich bei diesen »B61-12«-Bomben um zielgenauere, durchschlagskräftigere, präzis lenkbare, in ihrer atomaren Sprengkraft dosierbare, bunkerbrechende Erstschlagswaffen für den sogenannten taktischen Atomkrieg auf einem Schlachtfeld Europa. Dazu muss man sagen, dass die US-Regierung und führende US-Militärs immer wieder betonen, dass sie sich das Recht auf einen atomaren Erstschlag vorbehalten – bis hin zu einem atomaren Präventivschlag, »wenn vitale Interessen der USA bedroht« wären.

Schon der frühere NATO-Oberbefehlshaber und US-Eucom-Commander General Tod Wolters hat sich im Februar 2020 als Befürworter des flexiblen Ersteinsatzes von Atomwaffen bekannt. Interessanterweise haben die Grünen selbst auf einem Landesparteitag 1981 vor einem »Schlachtfeld Europa« gewarnt. Heute wird genau das vorbereitet.

 

Mit Eucom in Stuttgart-Vaihingen und Africom in Stuttgart-Möhringen sitzen zwei wichtige Kommandozentralen der USA in der baden-württembergischen Landeshauptstadt. Welche Gefahren sind damit verbunden?

Vom Eucom aus werden alle US-Atomwaffen in Europa befehligt, und im Africom werden die Tötungslisten für die Drohnenmorde der USA in Afrika erstellt. Stuttgart ist also Kriegszentrale. Der »flexible« nukleare Erstschlag gegen Russland würde vermutlich von hier aus erfolgen und einen vernichtenden atomaren Zweitschlag nach sich ziehen. Stuttgart ist also auch Zielscheibe Nummer eins.

Die Kriegsgefahr in Europa hat durch den Ukraine-Krieg sowie die zunehmende Konfrontation der NATO mit Russland und China erheblich zugenommen. Wie bewerten Sie die Rolle der USA und der EU vor diesem Hintergrund?

Die USA sind in meinen Augen aktuell die Hauptkriegstreiber. Und die EU mit Deutschland als stärkster Wirtschaftsmacht spielt einerseits den treuen Diener der USA in dem Kampf gegen Russland und China, hat aber auch eigene Machtinteressen. Interessant finde ich immer wieder in diesem Zusammenhang das Motto der diesjährigen NATO-»Sicherheitskonferenz«: »Turning the tide – unlearning helplessness«, also »Das Blatt wenden – Hilflosigkeit verlernen«. Die Entwicklung einer multipolaren Weltordnung mit China als aufstrebender Macht soll um jeden Preis verhindert werden.

Zu welchen Forderungen gelangen Sie?

Wir fordern Kretschmann und Nopper auf, sich einzusetzen für den Abzug aller US-Atomwaffen aus Deutschland entsprechend dem Beschluss des Bundestags von 2010, für den Beitritt Deutschlands zum UN-Atomwaffenverbotsvertrag, gegen die Anschaffung von atomaren Trägersystemen wie dem Tarnkappenbomber »F-35« und für die Schließung der US-Kommandozentralen Eucom und Africom. Der Brief soll aber auch einen Beitrag dazu leisten, Gegenöffentlichkeit zu schaffen, gegen die Meinungsmache der Mainstreammedien, die die reale Kriegsgefahr und Kriegsvorbereitung systematisch totschweigen.

Quelle: junge Welt v.30.12.2022 /Ralph Peters/imago

Kultur und Kinder statt Kommandozentralen: Ostermarsch in Stuttgart (20.4.2019)

27.12.
2022

Info über den Kampf für den Frieden

27.12.2022

Verbandsklagerecht zur Kontrolle von Rüstungsexporten notwendig!

Die „Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen“ (DFG-VK) fordert ein scharfes Rüstungsexportkontrollgesetz statt eines Rüstungsexportförderungsgesetzes. Ein Verbandsklagerecht zur möglichen gerichtlichen Kontrolle ist dabei dringend vonnöten.

Katastrophale Rüstungsexportbilanz 2022

Direkt vor Weihnachten wurden die aktuellen Rüstungsexportzahlen und Empfängerländer deutscher Kriegswaffen und Rüstungsgüter für 2022 bekannt gegeben. Laut Auskunft des Staatssekretärs Sven Giegold im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) beträgt der Anteil der Einzelausfuhrgenehmigungen 2022 unglaublich hohe 8,35 Milliarden Euro.

Dies ist der zweithöchste Wert seit Publikation von Rüstungsexportberichten. Schlimmer noch: Mehr als ein Drittel der Kriegswaffen und Rüstungsgüter wurde seitens der Bundesregierung für sogenannte Drittländer genehmigt. Neben der Ukraine u.a. auch in die Krisenregion Südkorea und an Singapur, trotz der dortigen schweren Menschenrechtsverletzungen.

Bundesregierung rüstet Kriegsregionen auf

„Diese Entwicklung ist kein Zufall, sondern eine Vorwegnahme der Stoßrichtung des sich in Arbeit befindlichen neuen ‚Rüstungsexportkontrollgesetzes‘“, kritisiert Jürgen Grässlin, Bundessprecher der DFG-VK. „Hemmungslos hat die Bundesregierung 2022 Rüstungsexporte für die im Jemen kriegführenden Länder Saudi-Arabien, Vereinigte Arabische Emirate und Ägypten genehmigt.“

Saudi-Arabien erhält seither wieder Zulieferungen für Ausrüstung und Bewaffnung sowie Munition für seine Eurofighter und Tornados. Ungeachtet dessen, dass mit genau diesen Kampfflugzeugen in den vergangenen Jahren zivile Ziele im Jemen aus der Luft bombardiert und immens viele Zivilist*innen ermordet wurden. „Das Morden auch mit deutschen Waffen und Munition kann ungehemmt fortgesetzt werden“, so Grässlin, der 2022 an allen drei Fachgesprächen auf Einladung des BMWK zum neuen „Rüstungsexportkontrollgesetz“ teilgenommen hat.

Bundesregierung will Verbandsklagerecht verhindern

„Angesichts dieser Exportpraxis wird auch offenbar, weshalb die Ampelkoalition eine demokratische gerichtliche Überprüfung der Exportgenehmigungen scheut wie der Teufel das Weihwasser. Was im Umwelt- und Behindertenrecht längst Standard ist, wird durch das BMWK und die Bundesregierung bei Kriegswaffenexporten aktiv verhindert: Die Schaffung eines Verbandsklagerechts, das eine demokratisch notwendige gerichtliche Kontrolle erfolgter Genehmigungen ermöglichen würde,“ so Grässlin weiter.

Rüstungsexporte endlich strenger kontrollieren

Die Rüstungsexportpraxis 2022 – dem Jahr 1 der Ampelkoalition – beweist laut Grässlin: „In keinem anderen Politikbereich wird seitens der Bundesregierung von SPD, GRÜNEN und FDP mehr geheuchelt und geblendet als bei Waffenexporten. Während sie von mehr Restriktionen, Menschenrechten und Kontrolle spricht, genehmigt sie zugleich Kriegswaffentransfers an menschenrechtsverletzende und kriegführende Regierungen. Die Lösung liegt in einem scharfen Rüstungsexportkontrollgesetz, statt dem sich abzeichnenden „Rüstungsexportförderungsgesetz“, wie es das BMWK vorgelegt hat und 2023 seitens der Ampelkoalition verabschieden will.“

Quelle:

Pressemitteilung vom 27.12.2022

„Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen“ (DFG-VK)

 

Info von der Evangelischen Kirche in Deutschland

„Wie Öl ins Feuer gießen“ – EKD-Friedensbeauftragter gegen Waffenlieferungen

Der Friedensbeauftragte des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland, Friedrich Kramer, bleibt bei seiner Position gegen Waffenlieferungen an die Ukraine und setzt auf eine Waffenruhe. „Es wird zwar so getan, als seien Waffen das, was die Sache voranbringt. Aber wenn man genau hinguckt, merkt man auch, es ist wie Öl ins Feuer gießen“, sagte Kramer der Nachrichtenagentur dpa.

Die Frage nach Waffenlieferungen vereinfache die Komplexität der Probleme, sagte er auch der Magdeburger „Volksstimme“. Waffen würden zum Töten verwendet, nicht zur Rettung von Leben. „Wir wissen nicht, wie lang der Krieg geht, ob wir uns auf zwei, vier, sechs, zehn Jahre einstellen müssen. Wie viele Menschen da sterben, das ist alles fürchterlich. Und ich finde, es muss sofort aufhören. Auch die Weltgemeinschaft müsste viel klarer für eine Waffenruhe eintreten.“

 

Kramer, der Landesbischof der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland ist, sagte weiter: „Früher war es klar: Zu Weihnachten schwiegen die Waffen, wenn man so die Geschichten aus dem Ersten Weltkrieg hört. Da wurde der Weihnachtsbaum im Schützengraben hochgezogen und dann sang man Lieder und hörte auf, sich umzubringen. Und vielleicht gelingt das auch. Das orthodoxe Weihnachtsfest ist am 6. Januar. Vielleicht gibt’s da auch einen Nachklang.“

 

Stopp der Waffenlieferungen sei „eine Position des christlichen Glaubens“

Kramer hat für seine Position gegen Waffenlieferungen keine Mehrheiten hinter sich, er stehe aber weiterhin dafür ein, „weil sie eine aus dem christlichen Glauben sich speisende Position ist“. Er ergänzte: „Wobei die andere Position zu sagen, dem Nächsten zu helfen, Nächstenliebe, ist auch eine vertretbare Position.“ Innerhalb der Kirche gebe es keinen Glaubenskrieg, sondern „eine sehr sachliche, scharfe, aber sehr respektvolle Debatte“.

 

Kramer verwies gegenüber der „Volksstimme“ auf die UN-Charta, die Krieg als Mittel der Politik ablehne. „Es ist damit weltweiter Konsens, Konflikte friedlich auszutragen und nicht mit Waffengewalt. Das kann man nicht einfach über Bord werfen, weil sich Russland nicht daran hält“, sagte er weiter. Kramer setzt neben Verhandlungen auch auf den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen.

 

„Kick-off Politik“ ist der tägliche Nachrichtenpodcast von WELT. Das wichtigste Thema analysiert von WELT-Redakteuren und die Termine des Tages. Abonnieren Sie den Podcast unter anderem bei Spotify, Apple Podcasts, Amazon Music oder direkt per RSS-Feed.

Quelle: Welt, v.21.12.2022/Die Ukraine sagt, Russland plane eine neue Großoffensive. Diese könnte für Anfang 2023 geplant sein. Politikwissenschaftler Prof. Gerhard Mangott hat Zweifel, ob die russische Seite tatsächlich offensivfähig sei. Zudem spricht er über die Reise Putins nach Belarus und erklärt, welche Bedeutung sie hat. Quelle: WELT

Friedensratschlag

Abschlusserklärung zum Friedensratschlag

Unterwegs zu einer neuen Weltordnung
– Für Kooperation statt Konfrontation!

Abschlusserklärung vom Bundesausschuss Friedensratschlag zum 29. bundesweiten Friedensratschlag am 10./11. Dezember 2022 in Kassel

Die alte unipolare, von den USA dominierte Weltordnung geht zu Ende. Die USA und ihre Verbündeten versuchen, diese Entwicklung mit allen Mitteln aufzuhalten. Auf die Gefahr eines großen Krieges hin, intensivieren sie ihren Stellvertreterkrieg in der Ukraine gegen Russland und zündeln gleichzeitig mit gegen China gerichteten militärischen Aktivitäten im Pazifik und Provokationen um Taiwan. Der ab Februar ausgeweitete Wirtschaftskrieg verschärft weltweit Hunger und soziale Ungleichheit und konterkariert den Kampf gegen den Klimawandel.

Von der Zeitenwende 1999 zum Krieg in der Ukraine

Die Zeitenwende, von der nun oft die Rede ist, begann nicht mit dem russischen Einmarsch in der Ukraine, sondern bereits im März 1999. Der Überfall der NATO auf Jugoslawien war die Ouvertüre zu weiteren westlichen völkerrechtswidrigen Kriegen und Interventionen. Gleichzeitig begann die NATO, sich durch die Aufnahme erster Ex-Warschauer Vertrag-Staaten in Richtung Russland vorzuschieben ‒ unter Bruch verbindlicher Zusagen gegenüber Moskau, das Militärbündnis würde „keinen Zoll nach Osten“ ausgeweitet werden.

Es war der Anfang vom Ende der Ansätze für eine europäische Friedensordnung, die Anfang der 1990er Jahre u.a. mit der Charta von Paris eingeleitet worden waren und auch Bestandteil des 2+4-Vertrags wurden. Sie verbanden das Recht auf freie Bündniswahl mit der Pflicht, die eigene militärische Position nicht zu Lasten Dritter zu stärken, sondern die Sicherheitsinteressen anderer Staaten zu berücksichtigen.

Die NATO setzte sich skrupellos darüber hinweg und forcierte mit Truppen und Großmanövern an den russischen Grenzen und dem versprochenen NATO-Beitritt der Ukraine die Konfrontation immer weiter. Mit dem Maidan-Putsch 2014, der folgenden Aufrüstung und sukzessiven NATO-Integration der Ukraine wurden die roten Linien Moskaus endgültig überschritten und ‒ in Verbindung mit der bevorstehenden Stationierung neuer US-Mittelstreckenraketen ‒ die Bedrohungssituation aus russischer Sicht massiv gesteigert. Von Russland geforderte Verhandlungen über Sicherheitsgarantien wurden von den USA und NATO brüsk abgelehnt. Gleichzeitig eskalierte Kiew den Krieg im Donbass. Nachdem die ukrainische Regierung sieben Jahre lang die Umsetzung des völkerrechtlich bindenden Minsker Abkommens verweigert hatte, begann sie Mitte Februar 2022 eine militärische Offensive gegen die Donbass-Republiken. Dieser gesamte Hintergrund darf bei der Beurteilung des völkerrechtswidrigen Einmarsches Russlands nicht außer Acht gelassen werden und zeigt, wo Verhandlungen zur Beendigung des Krieges in der Ukraine ansetzen müssen.

Die USA und ihre Verbündeten torpedierten dagegen die erfolgversprechenden Verhandlungen in Istanbul Ende März und drängen Kiew auch nach neun Monaten Krieg dazu, auf keinen Fall ernsthafte Bereitschaft zu Verhandlungen zu zeigen. Sie sehen in einem längeren Krieg die Gelegenheit, den Rivalen entscheidend zu schwächen und in Verbindung mit einem beispiellosen Wirtschaftskrieg zu „ruinieren“ (Außenministerin Baerbock). Indem sie mit immer schwereren Waffen, Militärberatern, Ausbildern, Feindaufklärung, Geheimdienstinfos und Söldnern zunehmend in den Krieg einstiegen, verhalfen sie den ukrainischen Truppen zu Erfolgen, allerdings unter hohen Verlusten. Die russische Armee reagierte mit massiven Angriffen auf die Infrastruktur.

Wie der Einschlag ukrainischer Abwehrraketen in Polen zeigte, kann der Krieg jederzeit in einen größeren eskalieren. Es wächst mit jedem Tag nicht nur das Risiko von Atomwaffeneinsätzen, sondern auch das einer nuklearen Katastrophe durch Angriffe auf AKWs im Kriegsgebiet.

Wir fordern von der Bundesregierung und der EU, den Krieg nicht länger mit Waffenlieferungen und Propaganda zu befeuern, sondern sich ernsthaft um einen Waffenstillstand und Verhandlungen ohne Vorbedingungen zu bemühen.

Die Ampelregierung fährt einen Kurs geradewegs in den Abgrund. Gemeinsam mit den Partnern in der EU sorgt sie mit dem Streben nach möglichst vollständiger wirtschaftlicher Abkopplung von Russland für Lieferengpässe und Preisexplosionen bei Öl und Gas, für steigende Lebenshaltungskosten und einen absehbaren Absturz der Wirtschaft.

Gleichzeitig will sie mit gigantischen Rüstungsvorhaben Deutschlands Großmachtrolle weiter ausbauen und die Bundeswehr zur stärksten konventionellen Militärmacht Europas machen. Mit der anvisierten Steigerung der Militärausgaben auf zwei Prozent des Bruttoinlandprodukts drohen diese sich in wenigen Jahren auf 100 Milliarden Euro zu verdoppeln ‒ Gelder, die wir dringend für die Überwindung der drängenden Probleme in den Bereichen Soziales, Gesundheit, Umwelt und Klima benötigen.

Wir fordern, dass die Bundesregierung diesen friedensgefährdenden und unsozialen Kurs verlässt und abrüstet!

Wir wenden uns gegen Waffensysteme wie die Hyperschallwaffen, die für die USA und die NATO die Option eines Enthauptungsschlages – wie in den 80er Jahren die Pershing II – gegen Russland eröffnen.

Die Bundesregierung darf der Stationierung der US-Hyperschallraketen und anderen Mittelstreckenraketen nicht zustimmen. Sie muss dem Atomwaffenverbotsvertrag der UNO beitreten und die Truppenstationierungsverträge kündigen!

Die Bundesregierung will sich nun den vor über einem Jahrzehnt begonnenen US-amerikanischen Bestrebungen, China militärisch einzuhegen, mit der Bundeswehr anschließen. Ein Wettrüsten des Westens gegen das Tandem China-Russland ist ein Irrweg, der mit dem Untergang der Menschheit enden kann.

Die unvermeidlichen Widersprüche müssen am Verhandlungstisch gelöst werden. Die Zeit der Klimakatastrophe, des weltweiten Hungers bei gleichzeitigem Anstieg der Weltbevölkerung verlangt dringend nach Kooperation statt immer mehr Konfrontation.

Wir treten daher ein für eine Friedensordnung der gleichen gemeinsamen Sicherheit, für Vereinbarungen und Strukturen, die die Sicherheitsinteressen eines jeden Staates berücksichtigt. Statt einer auf Hochrüstung und Abschreckung ausgerichteten NATO benötigen wir eine UNO und eine OSZE, die ‒ von westlicher Dominanz befreit ‒ handlungsfähiger werden.

Wir müssen uns zudem dafür einsetzen, dass die neue multipolare Weltordnung den Grundsätzen der sozialen Gerechtigkeit, der internationalen Solidarität, der Demokratie und der ökologischen Nachhaltigkeit verpflichtet sein wird.

Quelle: Friedensratschlag Kassel v.10./11. Dez.2022

 

Weltfriedensrat

22.Vollversammlung in Vietnam

Der WPC auf seiner 22. Vollversammlung in Vietnam, 73 Jahre nach seiner Gründung

Donnerstag, 8. Dezember 2022

 

Aussagen

"Wir stärken den antiimperialistischen Kampf und die Solidarität für eine Welt des Friedens und der sozialen Gerechtigkeit"

Die XXII. Versammlung des Weltfriedensrates (WPC) fand vom 21. bis 26. November 2022 erfolgreich in der Hauptstadt der Sozialistischen Republik Vietnam, Hanoi, unter Beteiligung von mehr als 100 Vertretern von 57 nationalen und internationalen antiimperialistischen Bewegungen aus der ganzen Welt statt.
Die Versammlung fand in einem ikonischen Land statt, dessen Volk wie nur wenige andere Völker kämpfte und besiegte, allmächtige Gegner wie das japanische Reich als Invasor, die französischen Kolonialisten, die Indochina besetzten, und die amerikanischen Imperialisten, die das Land mit über 3 Millionen Opfern und mit Folgen bis heute abschlachteten.

Nach der Sitzung des scheidenden Exekutivkomitees am 21. November, bei der die Arbeit der Europäischen Kommission in den letzten Jahren und die Vorbereitungen für den Beginn der Versammlung überprüft wurden, ehrten alle internationalen Delegierten den historischen Revolutionsführer Ho Chi Minh im Mausoleum und besuchten die Räumlichkeiten, in denen er lebte und arbeitete. Am selben Tag, dem 22. November, fand eine Informationssitzung über Vietnam statt, in der der Präsident der Vietnam Union of Friendship Organizations (VUFO), Botschafter Nguyen Phuong Nga, die Errungenschaften, Fortschritte und Herausforderungen vorstellte, mit denen Vietnam heute auf nationaler und internationaler Ebene konfrontiert ist. Viele Fragen wurden beantwortet und kurze Interventionen von Gästen gemacht.

Die Sitzung der Versammlung begann am 22. November mit der Begrüßungsrede des Vietnam-Friedenskomitees durch seinen Präsidenten Uong Chu Luu, ehemaliger stellvertretender Sprecher der Nationalversammlung von Vietnam, der alle Teilnehmer im Namen der gastgebenden Organisation begrüßte und die historische Bedeutung der XXII. Versammlung des WPC zum ersten Mal auf vietnamesischem Boden erklärte. Er wünscht Erfolg und fruchtbares Ergebnis seiner Beratungen. So erklärte der VPC-Präsident die Eröffnung der WPC-Versammlung.

Die Versammlung fuhr mit der Rede des scheidenden Präsidenten des WPC, Socorro Gomes, fort, der betonte: "Es ist eine große Ehre, in dieses Land zurückzukehren, wo sein heldenhaftes Volk eine fruchtbare Arbeit auf der Suche nach wirtschaftlichem Wohlstand und sozialer Entwicklung, der Festigung seiner Unabhängigkeit, dem Öffnen neuer Seiten des Fortschritts und der Ausübung einer souveränen Rolle in der Welt aufrechterhält. Wir bekräftigen unsere volle Solidarität mit ihren konstruktiven Bemühungen und verurteilen erneut diejenigen, die den kolonialistischen Krieg verursacht haben, der tragische und unauslöschliche Folgen hinterlassen hat. Hier wurden kriminell Massenvernichtungswaffen wie Agent Orange eingesetzt, die langwierige und schädliche Folgen für das Land hatten. Aber das vietnamesische Volk war in der Lage, seine Befreiung zu erlangen und seine Nation wieder aufzubauen, was seinen revolutionären Charakter zeigt. Socorro Gomes erklärte in ihrer Rede weiter: Die Menschheit lebt in einer unruhigen Zeit, gekennzeichnet durch chronische wirtschaftliche und soziale Krisen, für die sie keine Lösungen findet, umgeben von Widersprüchen und politischen und militärischen Konflikten, militaristischen Eskalationen, Kriegen, die sich ausbreiten und die Bedrohung durch ein nukleares Hekatomb verstärken. Diese Konjunktur bringt komplexe Herausforderungen für die Organisationen mit sich, die für Weltfrieden, soziale Gerechtigkeit, die Rechte der Völker und die Gleichheit zwischen den Nationen kämpfen. Socorro Gomes schloss ihre Rede mit den Worten: "Angesichts dieses komplexen und herausfordernden Szenarios ist der Weltfriedensrat aufgerufen, eine einigende, organisierende und mobilisierende Rolle zu spielen, um den militaristischen Kräften, die Kriege, Interventionen und Staatsstreiche verursachen, entgegenzutreten und im Kampf für Frieden und die Emanzipation der Völker voranzukommen. Geist der Einheit, Initiative und Militanz, um einen klaren Weg an diesem historischen Scheideweg zu eröffnen, an dem sich die Menschheit befindet.

Bei der Vorstellung des Berichts des scheidenden Generalsekretärs Thanassis Pafilis, der dem Vietnam-Friedenskomitee im Namen des WPC dankte und die ungeteilte Solidarität des WPC mit dem heldenhaften Volk Vietnams zum Ausdruck brachte, stellte er fest: "In den Jahren, die seit der 21. Versammlung des WPC in Sao Luis vergangen sind, die WPC entwickelte vielfältige Aktionen unter den Bedingungen der Spannung der imperialistischen Aggression, verschärften Rivalitäten zwischen Monopolen und Staaten, die zu Kriegen führen, unter Bedingungen der Intensität des Angriffs des Kapitals auf die Arbeiterklasse, die Völker, die Jugend, unter den Bedingungen einer kapitalistischen Krise, die das Leben des Volkes für die Profite einiger weniger verschlechtert, von denen, die Reichtum von den vielen stehlen, die ihn produzieren". Er hob die reichen Aktionen des WPC gegen die imperialistischen Pläne der USA - NATO - EU hervor, die Solidaritätsaktionen für die Menschen in Palästina, der Westsahara, Kuba, Venezuela, aber auch für die Menschen in Afghanistan, Irak, Syrien und Libyen, die Opfer der langjährigen imperialistischen Interventionskriege der USA, der NATO, der EU und ihrer Verbündeten waren.

In Bezug auf die jüngsten Entwicklungen stellte er, nachdem er den imperialistischen Krieg in der Ukraine verurteilt hatte, fest: "Der jüngste NATO-Gipfel in Madrid im Juni 2022 hat eine Reihe von Entscheidungen aus den Vorjahren überprüft, erneuert und beschleunigt. Diese Kriegsmaschinerie verstärkt ihre Aggression noch mehr durch die NATO-Strategie 2030 und das Neue Strategische Konzept, das sie für das nächste Jahr vorbereitet. Alte und neue Vorwände wie hybride Bedrohungen, Cybersicherheit und die sogenannte Klimakrise, die Energiekrise etc. werden mobilisiert, um den Weg für neue Interventionen zu ebnen. Der WPC nahm an der Massendemonstration vom 26. Juni in Madrid teil, mit seiner eigenen Präsenz. (....) Die NATO-Strategie 2030 sieht die Stärkung der militärischen Mittel des Bündnisses vor, aber auch seine technologische Modernisierung, seine geplante Expansion auf der ganzen Welt, seine Erweiterung um neue Mitglieder, aber auch die Entwicklung von Partnerschaften mit Dutzenden von Staaten, die Bildung einsatzbereiter Kampfeinheiten, die Integration Schwedens und Finnlands, die Entsendung von Truppen nach Osteuropa. rund um die Ukraine. Darauf zielt die Schaffung von 30 Infanterieeinheiten, 30 Marineeinheiten und 30 Luftfahrteinheiten ab, die, wenn sie voll ausgerüstet sind, in der Lage sind, innerhalb von 30 Tagen an jeder von der NATO gewählten Front zu intervenieren. Die NATO-Streitkräfte sind über den ganzen Globus verteilt, von Afghanistan und dem NATO-Protektorat Kosovo bis zur Ostsee, dem Kaukasus, dem Mittelmeer, dem Schwarzen Meer und Afrika."

In Bezug auf die Rolle der Europäischen Union hob Thanassis Pafilis ihre weitere Militarisierung hervor, um den Bedürfnissen der europäischen Monopole durch ihre Globale Strategie, aber auch ihr "Strategisches Konzept" wirksamer zu dienen, so dass sie sowohl autonom als auch zusätzlich zur NATO agieren kann, was unter anderem durch die Gründung der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit (SSZ) dokumentiert wurde. die Europäische Initiative für Interventionen usw. im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP).

Abschließend stellte er fest: "Trotz des negativen Kräfteverhältnisses und der Militarisierung der internationalen Beziehungen sind wir optimistisch, dass die antiimperialistische Friedensbewegung an Stärke gewinnt, und unsere Versammlung ist ein solcher Beweis dafür, dass wir die Fahne des antiimperialistischen Kampfes und der Solidarität hochhalten."

An der Eröffnungszeremonie der XXII. Versammlung des WPC nahm auch Botschafter Nguyen Phuong Nga, Präsident der Vietnam Union for Friendship Organizations (VUFO), teil, was entscheidend zum Erfolg der Versammlung beitrug. Der besondere Hauptgast der Eröffnung war Tran Thanh Man, stellvertretender Vorsitzender der Nationalversammlung (Parlament) von Vietnam und Mitglied des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Vietnams, der alle Delegierten in Vietnam und zur Versammlung herzlich willkommen hieß. Gemäß Beschluss des Präsidenten der Sozialistischen Republik Vietnam, Nguyễn Xuân Phúc, wurde der Oberste Orden der Freundschaft dem Weltfriedensrat und separat Socorro Gomes, Thanassis Pafilis und Iraklis Tsavdaridis für ihren Beitrag zur Antikriegs-, antiimperialistischen Friedensbewegung verliehen. Der Orden wurde von Tran Thanh Man in einer sehr emotionalen brüderlichen Zeremonie verliehen.

Während des reichhaltigen und vielfältigen Programms der 22. WPC-Versammlung wurden die internationalen Delegierten vom Präsidenten der Sozialistischen Republik Vietnam, Nguyễn Xuân Phúc, den lokalen Behörden von Hanoi, dem Vorsitzenden des Zentralkomitees der Vaterländischen Front Vietnams Do Van Chien sowie von Beamten des Vietnamesischen Friedenskomitees und der Vietnamesischen Union für die Freundschaft der Völker (VUFO) empfangen. die Gastgeber der Veranstaltungen waren. Die internationalen Delegierten hatten auch die Gelegenheit, die Provinz Quang Ninh zu besuchen, wo sich eine der emblematischsten Sehenswürdigkeiten befindet, die Halong-Bucht, während alle internationalen Gäste die wunderbare Umgebung und die lokale Gastfreundschaft genossen.

Während der Vollversammlung und nach der Präsentation der fünf Regionalberichte fand eine reichhaltige Diskussion statt, an der mehr als 50 Delegierte und Gäste teilnahmen. Die Grußworte von fünf internationalen Organisationen und Strukturen wurden von ihren Vertretern übermittelt, darunter Rafael Cardino, Mitglied des Präsidialrats des Weltgewerkschaftsbundes (WFTU), Aritz Rodriguez, Präsident der World Federation of Democratic Youth (WFDY), Annie Raja, Vizepräsidentin der Women International Democratic Federation (WIDF), Jun Sasamoto, Mitglied des Vorstands der International Association of Democratic Lawyers (IADL) und Corazon Valdez vom Asia-Europe Peoples' Forum (AEPF).

Nach den Organisations- und Finanzberichten wählte die 22. Vollversammlung des WPC ihr neues Exekutivkomitee (EC), bestehend aus 40 Organisationen. Auf seiner ersten Sitzung wählte das neue Exekutivkomitee ein 13-köpfiges Sekretariat, das sich aus folgenden Bewegungen zusammensetzt: All India Peace&Solidarity Organisation (Indien), Greek Committee for International Détente &Peace (Griechenland), Portuguese Council for Peace & Cooperation (Portugal), U.S. Peace Council (USA), South African Peace Initiative (Südafrika), Palestinian Committee for Peace &Solidarity (Palästina), Kubanisches Institut für die Freundschaft der Völker (Kuba), Zypern-Friedensrat (Zypern), Syrischer Nationaler Friedensrat (Syrien), Sudanesischer Friedens- und Solidaritätsrat (Sudan), brasilianisches Zentrum für die Solidarität der Völker und den Kampf für den Frieden (Brasilien), Nepalesischer Friedens- und Solidaritätsrat (Nepal) und Japanisches Friedenskomitee (Japan).

Während der ersten Sitzung der neuen Europäischen Kommission wurde Pallab Sengupta im Namen der All India Peace and Solidarity Organization (AIPSO) einstimmig zum neuen Präsidenten des WPC gewählt, während Thanassis Pafilis und Iraklis Tsavdaridis einstimmig auf die Posten des General- bzw. Exekutivsekretärs wiedergewählt wurden, die das griechische Friedenskomitee (EEDYE) vertreten. Worte des Dankes und der Wertschätzung wurden von Iraklis Tsavdaridis und Thanassis Pafilis über Socorro Gomes für den 14-jährigen Beitrag und Dienst für den WPC als Präsident ausgesprochen.

Das Exekutivkomitee ernannte auch fünf Vizepräsidenten aus der jeweiligen Anzahl von Regionen, nämlich: Elisa Salvador, Präsidentin der Angolanischen Liga für die Freundschaft und Solidarität der Völker (LAASP), Alfred Marder, Ehrenpräsident des US-Friedensrates (USPC), Uong Chu Luu, Präsident des Vietnam-Friedenskomitees (VPC), Milan Krajca, Vorsitzender der Tschechischen Friedensbewegung (CMH), Jamshid Ahmadi, Koordinator der Vereinigung zur Verteidigung von Frieden, Solidarität und Demokratie, Iran (ADPSD).

Während der Sitzungen des Exekutivkomitees vom 21. und 24. November wurden die folgenden fünf (5) neuen Mitgliedsorganisationen dem Weltfriedensrat angeschlossen:
• Tunesischer Rat für Frieden und Solidarität • Kuwaitisches Friedens- und Solidaritätskomitee
• Netzwerk des Kampfes für Frieden und internationale Solidarität
, SOLI Puerto Rico • Westsahara Friedensrat

• Solidarwerkstatt Österreich

Die Versammlung des WPC diskutierte und verabschiedete einstimmig eine politische Erklärung.

Anhänge:
-Politische Erklärung der XXII. WPC-Versammlung
-Neu gewählter Exekutivausschuss, Sekretariat mit Koordinatoren und Vizepräsidenten

 

Kampf für den Frieden

Autorin Dahn über Ukraine-Krieg: „Konflikte sind nur durch Reden zu lösen“

Erstellt: 08.12.2022, 10:12 Uhr

Von: Matthias Lohr

Schriftstellerin Daniela Dahn unterzeichnete den Offenen Brief an Kanzler Scholz und sprach sich gegen Waffenlieferungen an die Ukraine aus. Auch jetzt fordert sie Friedensverhandlungen.

Kassel – Am Wochenende trifft sich die Friedensbewegung in Kassel. Unter dem Motto „Unterwegs zu einer neuen Weltordnung – Weltkrieg oder sozialökologische Wende zum Frieden“ findet Samstag und Sonntag der traditionsreiche Friedensratschlag im Philipp-Scheidemann-Haus statt. Bekannte Teilnehmerinnen sind Heela Najibullah, Tochter des ermordeten afghanischen Präsidenten Mohammed Nadschibullah, die Linken-Bundestagsabgeordnete Sevim Dagdelen und die Schriftstellerin Daniela Dahn, die sich immer wieder gegen Waffenlieferungen an die Ukraine ausgesprochen hat. Wir sprachen mit der 73-Jährigen.

Frau Dahn, ist Wladimir Putin für Sie ein Kriegsverbrecher?

 

Ein Krieg ohne UN-Mandat ist ein Angriffskrieg und dieser das schwerste Verbrechen, das das Völkerrecht kennt. Auch deshalb, weil er so gut wie alle anderen Verbrechen in sich einschließt. Präsident Putin hat für den russischen Angriff das Recht auf Selbstverteidigung nach Artikel 51 der UN-Charta in Anspruch genommen, was abenteuerlich ist. Allerdings haben auch die USA ihre „präventiven Kriege“, die an sich ein Bruch der UN-Charta sind Frau, abwegigerweise mit diesem Artikel begründet. Ohne Kontext keine Gerechtigkeit. Da hilft kein Whataboutismus. Ich bin sehr für juristische Aufarbeitung, aber bitte nicht selektiv. Das war beim Kasseler Friedensratschlag immer Prinzip.

Sie haben im April den Offenen Brief an Kanzler Olaf Scholz mitunterzeichnet, in dem Sie sich gegen Waffenlieferungen an die Ukraine ausgesprochen haben. Sprechen Sie der Ukraine das Existenzrecht ab, wie Serhij Zhadan, der Friedenspreisträger des Deutschen Buchhandels, Ihnen vorgeworfen hat?

 

Ich kenne niemanden, der der Ukraine das Existenzrecht abspricht. Es geht viel mehr darum, welche Existenz nach diesem Krieg noch möglich ist. Je länger er dauert, je mehr Menschen sterben, je zerstörter die Wirtschaft und die Infrastruktur ist, je zahlungsunfähiger und verschuldeter die Ukraine wird, je unwahrscheinlicher wird eine wirklich souveräne Existenz sein. Der Krieg zerstört das Land mit dem Versprechen seiner Rettung. Die Ukraine war schon vor dem Krieg mit Moldawien das ärmste Land Europas. Kredite waren mit der Auflage eines strikt neoliberalen Kurses verbunden. Es ist zu befürchten, dass sie nunmehr auf Jahrzehnte hinaus von der Weltbank oder einem der geopolitischen Blöcke abhängig sein wird, wie ein Protektorat.

 

Militärexperten befürchten, dass Russland die Ukraine diesen Winter aushungern will. Hat die internationale Staatengemeinschaft nicht die Pflicht, den Ukrainern zu helfen?

Bei dem Wort „aushungern“ fällt mir sofort Leningrad ein. Humanitäre Hilfe? Selbstverständlich. Das wichtigste Menschenrecht ist das Recht auf Leben. Wer das verliert, für den haben sich auch alle anderen Rechte erledigt. Die Zerstörung der Infrastruktur, von Stromversorgung, Raffinerien und Industriebetrieben ist perfide, aber leider auch im Westen Kriegsstrategie. Ich erinnere nur an Jugoslawien. Keiner, wirklich keiner von denen, die sich für Waffenlieferungen aussprechen und diese auch liefern, kann wissen, ob mit mehr militärischer Gewalt und damit Verlängerung des Krieges, Menschenleben nicht eher gefährdet als gerettet werden. Einige Militärexperten sagen, die russische Armee habe trotz aller Fehlstrategien die „Eskalationsdominanz“, und warnen vor einem langen Zermürbungskrieg.

 

Sie plädieren für Verhandlungen. Wie kann man mit jemandem verhandeln, der nur dann dazu bereit ist, wenn die eigenen Bedingungen erfüllt werden?

Alle Verhandlungen beginnen auf beiden Seiten mit eignen Bedingungen. Warum fragen Sie nicht, wie man mit jemandem verhandeln kann, der den eigenen Sieg zur Voraussetzung macht, also die Rückeroberung der Donbass-Gebiete und auch der Krim, ohne zu prüfen, ob die Menschen dort das wirklich wollen? Auf der Krim gab es schon 1991, als die Ukraine noch nicht selbstständig war, ein eindeutiges Referendum zugunsten einer Rückkehr nach Russland. Danach lebte man dort autonom, mit eigener Verfassung, bis ukrainische Spezialkräfte 1995 die Krim zurückholten. Solche komplizierten Konflikte sind nur durch Reden zu lösen, nicht durch Schießen.

 

Wie sehr trifft es Sie, wenn man Sie als Putin-Versteherin kritisiert?

 

Bisher habe ich diesen Vorwurf persönlich nicht gehört. Wollen Sie der Erste sein? Ich habe nie akzeptiert, dass Verstehen etwas Kritikwürdiges sein soll. Verstehen heißt weder Rechtfertigen noch Verständnis. Aber ohne zu verstehen, wer und was die Welt im Innersten zusammenhält, können wir sie nicht verändern.

Warum gelingt es der gealterten Friedensbewegung nicht, junge Leute etwa aus der Klimaschutzbewegung einzubinden?

 

Da sprechen Sie einen sehr wunden Punkt an. Es gab Zeiten, da war ein Teil der Friedensbewegung jung, spontan und hielt sich nicht an die akademischen Regeln der politischen Korrektheit. Wer aber sagte, der Ukraine-Konflikt sei von der westlichen Elite befördert worden, wurde gleich als Verschwörungstheoretiker eingestuft. Bald wurde der gesamten Bewegung der „Montagsdemonstrationen für den Frieden“ unterstellt, sie sei nach Rechts offen, was in dieser Verabsolutierung einer Zersetzungsstrategie gleichkam. Seither gibt es viel Verunsicherung und Berührungsängste. Ich bedaure das sehr, denn ohne ein Zusammengehen der Öko-, Friedens-, und Sozialbewegungen wird keine wirklich Erfolg haben.

Welche Bedeutung hat der Kasseler Friedensratschlag für die Bewegung?

 

Der Ratschlag war immer ein Forum für Friedensoptionen, aufseiten eines pragmatischen Pazifismus und einer aufklärerischen Haltung. So ist die 2014 von Peter Strutynski, dem Initiator des Treffens, herausgegebene Anthologie „Ein Spiel mit dem Feuer. Die Ukraine, Russland und der Westen“ bis heute eine Fundgrube an Fakten. Verkürzt gesagt, bleiben wir gegen geopolitische Machtspiele, unter denen die Bevölkerungen immer leiden. Wir wollen keinen russischen Diktatfrieden, aber auch keinen der Nato. Dazu haben wir im Lauf der Jahre zu viel Wissen über dieses Bündnis angesammelt. Der Westen unterwirft nicht durch Annexion, sondern durch Assoziation. Ganz konkret erhoffe ich mir Ermutigung zu weiteren Aktionen für Deeskalation und Abrüstung.

 

Das ist Daniela Dahn

Geboren: am 9. Oktober 1949 in Ost-Berlin als Tochter der Journalisten Karl-Heinz Gerstner und Sibylle Boden-Gerstner (gründete die DDR-Modezeitschrift „Sibylle“)

Quelle: Friedensratschlag v.8.12.2022/ Bild Daniela Dahn

Veranstaltung zum Thema Krieg und Frieden

Dr. STEFAN BOLLINGER im MEZ zum "Ukraine-Krieg und Schlachtfeld Geschichte" (MEGA Radio Interview)

 

"Der Ukraine-Krieg und das Schlachtfeld Geschichte": So lautete der Titel eines Vortrags des renommierten Historikers und Politikwissenschaftlers Dr. Stefan Bollinger, den dieser am 2. Dezember 2022 im Marx-Engels-Zentrum (MEZ) Berlin gehalten hat.

MEGA Radio-Redakteur Alexander Boos war im MEZ vor Ort - und konnte Dr. Bollinger zu aktuellen Debatten und Streitpunkten in Geschichts-Forschung und Politik zum Ukraine-Krieg befragten. 

Der Ost-Berliner Bollinger ist Autor verschiedener Bücher, u. a. der Werke: "Die Russen kommen!: Wie umgehen mit dem Ukrainekrieg? 

Über deutsche Hysterie und deren Ursachen", "1939 – Wie der Krieg gemacht wurde" oder ebenso "Lenin. Theoretiker, Stratege, marxistischer Realpolitiker".

 

Link zur Veranstaltung im MEZ Berlin: https://mez-berlin.de/veranstaltung/d...

 

Wir hatten kurz vor den Nachrichten den renommierten Historiker, Politikwissenschaftler und Buch-Autor Dr. Stefan Bollinger im Gespräch mit unserer Redaktion gehört. In seinem Vortrag, den er zuvor im Marx-Engels-Zentrum in Berlin gehalten hatte, kritisiert der Historiker, dass sich mittlerweile Regierungen und Parlamente anmaßen, zu definieren, was Geschichte sei - und wie ein historisches Ereignis angeblich einzuordnen sei. Zuletzt geschehen im Deutschen Bundestag, als dieser den Holodomor, also das großflächige Verhungern vieler ukrainischer Menschen in den 1930er Jahren, als Völkermord eingestuft hatte. 

 

Hören Sie zum "Schlachtfeld Geschichte der Ukraine" nun aktuelle Einschätzungen vom renommierten Historiker Dr. Stefan Bollinger. 

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MEGA Radio ist Ihr Informationssender, auf DAB+ und im Internet. Wir liefern Nachrichten, Interviews und Hintergrund-Berichte für ein deutschsprachiges Publikum in Deutschland, Österreich und der Schweiz - sowie weltweit. Hören Sie uns online unter: https://info.mega-radio.eu/

 

https://youtu.be/AAVUxkXvExM

 

Quelle : MEZ Berlin Dez.2022/Jan 2023

Info über 
Friedens-GlockenGesellschaft 
Berlin e.V.

Aufruf „Friedenspolitik statt Kriegshysterie“ (veröffentlicht am 7. Februar 2022)
 

Die Krise um die Ukraine hat sich zur ernsten Bedrohung des Friedens in Europa zugespitzt.

Eine einseitige Schuldzuweisung an Russland, wie sie von einigen westlichen Regierungen und in den großen Medien vorgenommen wird, ist nicht gerechtfertigt und nimmt zunehmend den Charakter von Kriegspropaganda an.

Trotz der Militärmanöver in der Nähe zur Ukraine hat Russland kein Interesse an einem Krieg, der für alle Seiten katastrophale Folgen hätte. Es stehen ähnlich viele Soldaten auf der ukrainischen Seite und bedrohen die von pro-russischen Rebellen kontrollierten Gebiete in der Ostukraine. Auch ohne kriegerische Absicht besteht angesichts der angespannten Situation die Gefahr, dass eine Provokation zum Funken wird, der das Pulverfass explodieren lässt.

Es ist ein legitimes Sicherheitsinteresse Moskaus, dass die Osterweiterung der NATO, die seit 1999 immer näher an die russischen Grenzen heranrückt, nicht auch noch auf die Ukraine ausgedehnt wird. Das würde die Vorwarnzeit für Moskau bei einem Angriff mit Atomraketen auf 5 Minuten verkürzen.

Die aktuelle Krise ist Teil eines globalen und seit längerem bestehenden Konflikts, dessen Wurzeln im Anspruch der USA liegen, „dass Amerika wieder die Welt führt,“ wie es der US-Präsident formuliert. Die europäischen NATO-Partner schließen sich dem mit einigen Nuancierungen als Juniorpartner an. Dagegen lehnen andere, darunter Russland, eine westliche Dominanz ab und wollen als gleichberechtigte Partner in einer multipolaren Weltordnung respektiert werden.

Es ist an der Zeit, dass das Prinzip der ungeteilten, gemeinsamen Sicherheit wieder akzeptiert wird, wie es bereits im Kalten Krieg anerkannt wurde. Im Atomzeitalter kann keine Seite ihre Sicherheit auf Kosten der anderen erhöhen. Sicherheit gibt es nur gemeinsam. Dauerhafter Frieden mit Russland erfordert daher eine gesamteuropäische Friedensordnung.

Erste Schritte müssen eine Demilitarisierung entlang der russisch-ukrainischen Grenze und an den Grenzen zwischen Russland und der NATO sein, sowie die Umsetzung des Abkommens von Minsk II. Es sieht einen Waffenstillstand vor, Dialog der Konfliktparteien und einen Sonderstatus der Regionen Donezk und Luhansk innerhalb der Ukraine. Durch einstimmigen UN-Sicherheitsratsbeschluss hat Minsk II auch verbindlichen Völkerrechtsstatus. Die Umsetzung wird jedoch hauptsächlich von der Ukraine blockiert. Sanktionen werden an dem Konflikt nichts ändern. Sie schädigen sinnlos sowohl Russland als auch die anderen europäischen Länder.

Kräfte, die mit aggressivem Nationalismus und Revanchismus die Spannungen anheizen, müssen auf allen Seiten zurückgedrängt werden.

Propagandakrieg, Säbelrasseln, Sanktionen und Aufrüstung müssen aufhören. Stattdessen brauchen wir Deeskalation und Diplomatie. Dies umso mehr, als die globale Bedrohung durch Klima- und Umweltkatastrophen nur durch internationale Kooperation abgewendet werden kann.

 

Wir fordern:

  • Konkrete Schritte zur Deeskalation, keine militärischen Lieferungen an Kiew,
  • Schluss mit Kriegsrhetorik, Konfrontationspolitik und Sanktionen gegen Russland;
  • Aktives Eintreten für die Umsetzung des völkerrechtlich verbindlichen Abkommens Minsk II;
  • Verhandlungen mit Russland auf der Grundlage eines klaren Bekenntnisses zu Entspannung und dem Prinzip der gemeinsamen Sicherheit;
  • Aktives Eintreten für Rüstungskontroll- und Abrüstungsverhandlungen.

Die 200 Erstunterzeichner und Erstunterzeichnerinnen

Ilona Addis

Ali al Dailami

Dieter Ammer

Eva Aras

Kersten Artus

Steffen Baudi

Hans Bauer

Angelika Becker

Herbert Behrens

Friederike Benda

Gunhild Berdal

Jens Berger

Heinz Bierbaum

Anne Biermann

Gretchen Binus

Horst Bischoff

Eva Böller

Achim Bonatz

Alfred Bongard

Beate Bongard

Helga E. Bories-Sawala

Peter Brandt

Hugo Braun

Reiner Braun

Volker Bräutigam

Hans-Peter Brenner

Matthias Brenner

Michael Brie

Ellen Brombacher

Sybille Brosius

Carolin Butterwegge

Christoph Butterwegge

Isabell Casel

Angelika Clausen

Gregor Czisch

Sevim Dagdelen

Daniela Dahn

Diether Dehm

Özlem Alev Demirel

Rudolf Denner

Frank Deppe

Wiebke Diehl

Helga Doering

Klaus Dräger

Werner Dreibus

Eugen Drewermann

Hartmut Drewes

Ulrich Duchrow

Michael Dunst

Ulrike Eifler

Christina Emmrich

Heiner Fechner

Edeltraud Felfe

Christian Fischer

Peter Franke

Wilfried Furian

Jan Gafert

Wolfgang Gehrcke

Claudia Gerathewohl

Silvia Gingold

Edgar Göll

Konstantin Graf zu Eulenburg

Holger Griebner

Victor Grossman

Harri Grünberg

Marcus Gunkel

Gabriele Gysi

Gregor Gysi

Peter Haese

Anne Haigis

Egon Hammerschmied

Carsten Hanke

Heike Hänsel

Klaus Hartmann

Frigga Haug

Wolfgang Fritz Haug

Claudia Haydt

Thomas Hecker

Norbert Heckl

Heidrun Hegewald

Lühr Henken

Christine Herschmann

Uwe Hiksch

Bodo Hinkel

Elvira Hoegemann

Martin Höpner

Inge Höger

Jonas Christopher Höpken

Sascha Howind

Sigi Hubele

Andrej Hunko

Heike Hupe

Otto Jäckel

Ulla Jelpke

Matthias Jochheim

Thomas Kachel

Jürgen Karbe

Kristine Karch

Jutta Kausch-Henken

Metin Kaya

Sabine Kebir

Hermann Klenner

Michael Klundt

Johann König

Norbert Kozicki

Wilfried Krallmann

Ralf Krämer

Melissa Krostina-Becker

Karin Kulow

Lilo Kurz

Lothar Kurz

Oskar Lafontaine

Michael Lang

Ekkehard Lentz

Urich Leonhardt

Waltraud Leonhardt

Marianne Linke

Sabine Lösing

Michael Mäde-Murray

Roswitha März

Mohssen Massarrat

Rainer Mausfeld

Heidi Mehlhorn

Gerhard Mertschenk

Gudrun Mertschenk

Anja Mewes

Erhardt, Michael

Sahra Mirow

Hans Modrow

Peter Mosch

Ilka Müller

Karl-Jürgen Müller

Michael Müller

Rita Müller-Hill

Hellmut Naderer

Jochen Nagel

Zaklin Nastic

John-Peter Neelsen

Julia Neigel

Alexander Neu

Annelene Neuhaus

Frithjof Newiak

Sonja Newiak

Cornelia Nitzer

Evelin Nowitzki

Reiner Nowitzki

Matthias Oehme

Volkert Ohm

Christof Ostheimer

Kathrin Otte

Norman Paech

Artur Pech

Karl-Heinz Peil

Thorben Peters

Tobias Pflüger

Klaus Pickshaus

Gina Pietsch

Erich Postler

Prinz Chaos II.

Andrej Reder

Anne Rieger

Gerd-Rolf Rosenberger

Werner Ruf

Werner Rügemer

Christian Schaal

Jan Schalauske

Heidi Scharf

Martin Schirdewan

Horst Schmitthenner

Hannelore Schmitthenner-Bopp

Dieter Scholz

Jochen Scholz

Renate Schunck

Rainer Schwenke

Uli Simon

Ingar Solty

Benno Stahn

Florian Straetmanns

Wolfgang Streeck

Jörg Tauss

Maja Tegeler

Conny Töpfer

Bernhard Trautvetter

Iris Truebswetter

Alexander Ulrich

Willi van Ooyen

Kathrin Vogler

Detlev von Larcher

Laura von Wimmersperg

Peter Vonnahme

Sahra Wagenknecht

Jürgen Wagner

Peter Wahl

Daphne Weber

Herbert Wehe

Ulrich Wilken

Petra Willemelis

Udo Willemelis

Joachim Witt

Ulrich Wolf

Winfried Wolf

Uwe Wötzel

Mehmet Yildiz

Ewald Ziegler

Ursula Zierz

Quelle: Friedens-GlockenGesellschaft Berlin e.V.